• »Adieu donc, Paris, ville célèbre, ville de bruit, de fumée et de boue; où les femmes ne croient plus à l'honneurParis, Turm des Hôtel de Ville ni les hommes à la vertu. Adieu Paris; nous cherchons l'amour, le bonheur, l'innocence; nous ne serons jamais assez loin de toi.«

    Jean-Jacques Rousseau, dem ich mehrere meiner ersten Seminararbeiten an der Uni gewidmet habe, mochte Paris nicht besonders. Und ihn mochte Paris nicht. Selbst zur 300-Jahr-Feier tut man sich in der französischen Hauptstadt schwer mit seinem Andenken. Es ging ihm ja auch anderswo nicht gut, nicht in Genf, nicht in Nyon oder Lyon, nicht in Montmorency, nicht in Neufchâtel und und nicht in London, einzig und allein in Savoyen bei seiner Madame de Warens fühlte er sich wohl und später für kurze Zeit auf der St. Petersinsel im Bielersee, bis er vom Berner Geheimen Rat Wirtshaus- und Zunftschilder aus dem Pariser Museum dort ausgewiesen wurde. Aber Paris? „Sobald ich Paris verlassen und die Laster dieser großen Stadt nicht mehr vor Augen hatte, wich auch der Unwille, mit welchem sie mich bis dahin erfüllten. Als ich die Menschen nicht mehr sah, hörte ich auf, sie zu verachten; als ich die Schurken nicht mehr sah, hörte ich auf, sie zu hassen. Mein Herz, nicht eben zum Haß geschaffen, beklagte nur noch ihr Elend, ohne ihre Bosheit weiter zu empfinden.“

    Rousseau wollte eben zurück zur Natur, an einen locus amoenus so wie damals in Les Charmettes bei Chambéry: "Ich stand mit der Sonne auf und war glücklich, ich ging spazieren und war glücklich; ich sah Mama und war glücklich, ich verließ sie und war glücklich; ich durchschweifte das Gehölz, die Berge, ich irrte in den Tälern umher, ich las, ich ging müßig, ich arbeitete im Garten, ich pflückte das Obst, ich half im Haus, und das Glück folgte mir überall hin." Schützt-die-Natur-Schild in ParisDamals begann er auch zu botanisieren, was ihm später die größten Freuden brachte, wenn er sich beim Blättern im Herbarium an die Glücksmomente erinnern konnte. Das hätte er aber auch bei einer in den Tee getunkten Madeleine in Paris tun können, Pflanzen (dort war der weltweit größte botanische Garten damals) & Vögel beobachten kann man da auch, siehe Bild links.

    Mit unserem vertical gardening project haben wir wenig Glück bisher. In einem der Hängesäcke hat der Tomatensetzling Wurzeln gefasst, sieht aber mittlerweile reichlich schlapp aus und die Blätter zeigen seltsame Flecken, im anderen, der eigentlich auf der Sonnenseite terassenwärts viel besser positioniert hängt, gingen bereits 3 Setzlinge ein, ich probiere es gerade mit Nummer 5 und 6. Beide Säcke scheinen die Nässe viel zu lange zu halten, am Austrocknen, vor dem die englischsprachige Gebrauchsanweisung umständlich warnte, kann es eigentlich nicht liegen. Klar, hier sollen nicht nur Erfolgsmeldungen stehen, aber eigentlich warte ich seit Wochen auf eine solche, um mal über vertical gardening schreiben zu können. Wahrscheinlich müssen wir uns auf der documenta 13 beraten lassen. Die aufrecht wachsenden Tomaten in den Blumensäcken klettern nach und nach empor, sehen kräftig und gut aus. Die Kräutersäcke gedeihen so weit ganz gut. Aber während die Blumen, insbesondere die aus Dutzenden von Samenkörnern hochgezogene "morning glory" und die Geranien, üppig wuchern, halten sich die Kräuter zurück oder wachsen so rasch, dass man mit dem Verbrauch und der Ernte kaum nachkommt. vertical gardening TomatenEs wird zwar Basilikum geben, aber nicht diese Massen wie im letzten Jahr, dazu haben zu wenige der eigentlich doch pflegeleichten Pflänzchen den Anzucht-Kindergarten überlebt. Und von denen ersticken gerade noch ein paar unter den Gräsern und Keimlingen in ihren Töpfen, die aus herabgerieselten Körnern vom Vogelfutter hervorsprießen. Was ebenfalls ins Kraut schießt, ist der von meiner Liebsten angesetzte Salat im linken der beiden Kräutersäcke - ehrlich gestanden hatte ich ihr vom Salat abgeraten, weil ich an ein Gedeihen auf der Terrasse nicht recht glauben mochte, und sie hatte mal wieder recht. Ein Foto habe ich davon aber noch nicht gemacht.

    Im Oberseminar eines - inzwischen verstorbenen - Professors für Komparatistik sollten wir mal ein Semester lang "Verrisse" für Hauptwerke der Weltliteratur schreiben, also den Kanon kritisieren, was nicht wirklich ging, fast jedes Referat führte zu einer glanzvollen Apologie des verrissenen Titels. Und ich hatte mir ausgerechnet J.-J. Rousseaus Bekenntnisse vorgenomKraeutersack auf dem Balkonmen, weil ich mit diesen egomanischen und selbstverliebten Memoiren zugleich den ganzen damals grassierenden Authentizitätskitsch angreifen wollte. Damals gab es ja kaum ein Gedicht, das nicht am Frühstückstisch des Lyrikers anfing, und keine feministische Abrechnung ohne langwierige Wiedergaben des Beziehungsknatsches, ich sage nur: Svende Merian, Der Tod des Märchenprinzen, das dann von Arne Piewitz alias Henning Venske glanzvoll parodiert wurde.

    Zumal die Widersprüche, in denen sich der aufklärungskritische Philosoph immer wieder verhedderte und die gewissermaßen sein Leben wie seinen Nachruhm durchwirkten, in den Bekenntnissen fast auf jeder Seite zutage treten. Dass der große Erziehungsideologe die Kinder der Thérèse Levasseur (nach neueren Theorien war er aber doch nicht der Vater) ins Findelhaus bringen ließ, ist allgemein bekannt. Wenig wissen, wie bigott Rousseau diese Praxis rückblickend entschuldigt: "heimliche Entbindungen" waren angeblich in Paris Archiv von Parisan der Tagesordnung, "und wer das Findelhaus am meisten bevölkerte, der wurde am lautesten beklatscht. Das steckte mich an...". Mal hört man, es sei seit jeher sein Hauptvergnügen, beim Essen zu lesen (meins damals auch), dann wieder von ständigen Magenschmerzen, die angeblich durch zu hartes Wasser verursacht seien. Vielleicht hätte er sich doch noch gesünder ernähren sollen. Mal verurteilt er die menschlichen Laster, dann wieder profitiert er vom illustren Angebot im städtischen Sündenbabel: "Ich habe immer Widerwillen gegen die öffentlichen Dirnen gehabt, und in Venedig stand mir doch nichts anderes zu Gebote, da mir der Eintritt in angesehene Häuser wegen meiner Stellung verboten war." Moment mal - wäre er denn nur zum Herumpoussieren in die angesehenen Häuser gegangen, falls man ihn eingelassen hätte? Und so drosch ich in meinem Verriss auf den armen Jean-Jacques ein und schloss mich seinen vielen, vielen Gegnern an, die auf allen Vieren laufen wollten, wenn sie seine zivilisationskritischen Schriften lasen. Als ich geendet hatte, kommentierte der Professor lächelnd, dass es mir natürlich nicht gelungen sei, den Unwert der Bekenntnisse darzulegen, klar, wie sollte ich auch, aber irgendwie hatte ich aber das Gefühl, ihm damit besonders auf die Zehen getreten zu haben, weil er Rosseau liebte. Nun,Kräuter auf dem Küchenbalkon das Examen habe ich dann doch bei einem anderen Prof gemacht und eigentlich nicht bereut. Auch wenn der Komparatist humorvoller und literarisch aufgeschlossener zu sein schien, wer weiß, ob er meine chaotische Doktorarbeit, das "groß wüst Buch" so verständnisvoll-resigniert angenommen hätte. Der andere verübelte mir dafür, dass ich schon 38 war, als ich abgab.

    Rousseau dagegen hatte nicht so lange rumgezimbelt, sondern mit 37 erste Artikel für die Encyclopédie geschrieben und diese Anfrage der Universität von Dijon verneint, ob der Wiederaufstieg der Künste und Wissenschaften zur Läuterung der Sitten beigetragen habe (angeblich hat ihm Diderot, der im Knast saß, geraten, das Gegenteil zu schreiben von dem, was alle erwarteten). Revolutionäre von Robespierre bis Fidel Castro haben sich auf ihn berufen, als "Kopernikus der Moral" bezeichnete ihn Kant, die Gesellschaft erinnerte er an den Gesellschaftsvertrag, den sie mit dem Souverän geschlossen hatte. Aber den wollte er eigentlich auch immer wieder kündigen und Einsiedler werden. "Ich verdanke mein Leben den Pflanzen nicht wirklich, aber sie haben es mir ermöglicht, im Strom des Lebens weiter zu schwimmen und nicht mit dem Ballast der Bitterkeit beschwert, darin unterzugehen." Das Botanisieren hat er auch den Frauenzimmern empfohlen, denen damals kaum jemand irgendeine Befähigung für die Wissenschaft zutraute - und, wenn ich es recht sehe, haben sie sich bis heute daran gehalten und kümmern sich um die Blumengärten.

    Dies hier war schon geschrieben, als mir das Urteil des Historikers Joseph Vogl über Rousseau bekannt wurde, der in einem SPIEGEL-Interview meinte: "Der Mann ist wie ein Brühwürfel. Wenn man ihn auflöst, schwimmt das ganze 18. Jahrhundert in der Suppe, mit allen Ingredienzien." Schlecht plagiiert, diese Metapher. Ich bin dagegen, Brühwürfel zu benutzen, solange Suppenfleisch und Liebstöckel im Haus sind. Außerdem hatten schon der Mann von Katharina Hacker, die ihre Bücher (Die Erdbeeren von Antons Mutter) nicht so überfrachten solle, und Moritz Baßler sie benutzt, der letztere munkelte 2010: "Die Literatur ist idealerweise ein Brühwürfel, der Jahrhunderte braucht, ehe wir ihn zur Suppe aufgelöst haben." Und alle vier haben den Brühwürfel bei Kurt Tucholsky stibitzt, der über James Joyce' Ulysses urteilte, das Buch sei wie ein Brühwürfel: "Man kann es nicht essen. Aber man wird noch viele Suppen davon kochen."


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  • Wer hätte das von Alfred Biolek gedacht. Ich meine nicht, dass er neuerdings bei einem Feierabend-Lieferservice bestellt, der "CO2-neutrale Lieferung bis zu Ihrer Haustür" garantiert. Mich interessiert mehr, was in der Tüte drin ist, die man ihn mit den Worten "die Gäste können kommen" (steht in einer Spruchblase, deren Zipfel man noch sieht, aber ich wollte Schleichwerbung vermeiden) entgegennehmen sieht. Eine Werbeaktion, die den Schnappschuss überall plakatiert, erlaubt intime Einblicke in Bios private Kaufgewohnheiten. Ah, mmh, intereressant! Grüner Spargel, na schön, der aber von der Farbe her schon ziemlich... hm... naja... jedenfalls, der vermutlich mehr als einen Tag im Spediteursregal verbracht hat. Dazu ein Fläschchen Wein - schließlich gehört der Küchenwein auch zu den 10 Geboten des Alfred Biolek ("Küchenwein muss sein. Während der Vor- und Zubereitung kann man sich mit seinen Gästen so wunderbar auf das Essen einstimmen")... Im Prospekt der Firma, der heute im Briefkasten war, steht: "Dazu einen passenden, preisgekrönten und gleichwohl preiswerten Rotwein", hier mit Siegel vom Verband deutscher Prädikatsweingüter, herrje, nicht dass deutsche Rotweine nicht auch mal gut sein könnten: Aber hätte ihn nicht Gerhard Schröder besser beraten, der damals im Boulevard Bio erstmals seinen Männerfreund Putin öffentlich duzte, zum Beispiel  einen leckeren Barolo oder einen schönen Berlusconi zu bestellen? An nicht-Alkoholiker hat Bio auch gedacht und ihnen Smoothie-Obstsaft der Marke "true fruits" bestellt. Seine Gäste scheinen zahnlose Obstmuffel zu sein. Stiftung Warentest hat das Zeug allerdings wegen der irreführenden Deklarierung getadelt, Herr Biolek. Und was seh ich da: Tortellini vorgekocht und aus der Plastikverpackung??? Weizenmehl, Wasser und Eigelb mit der Gabel geknetet, dünn ausgerollt, briefmarkengroß mit der Rändelrolle perforiert, dazu eine selbstgemachte Füllung aus Fleisch oder Käse wären nicht zuviel verlangt vom Küchenchef. Bei Alfredissimos 'Kartoffel-Spargel-Ravioli' sollte man zwar fertige Wan-Tan-Blätter im Asiashop erwerben, die Ravioli aber selbst kuvertieren. - Salami gibt es also, vielleicht als Vorspeise, Piemont-Reis als Beilage, meinetwegen. Aber Oliven "Rio Ana" gefüllt mit pikanter Paprikapaste, als Dosenfraß? Herr Biolek? gibt es denn bei Ihnen keinen Wochenmarkt, keinen netten Türken, wo man Oliven viel frischer und in besserer Auswahl ohne Konservendose bekommt? und probieren darf man auch vorher. Soviel Zeit muss sein...

    Alfred Biolek

     


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  • Da ich von dem Buntspecht bisher noch keine gute Aufnahme hatte, hier nochmal unsere Frühstücksgäste - der grüne Heinrich rechts im Bild kam, als sich die liebste Ehefrau von allen (danke für das Foto!) und Woody Woodpecker grade verabschiedet hatten, und knabberte auch nochmal am kleiner werdenden Knödel. Währenddessen suchte ich verzweifelt naBuntspecht am Meisenknödelch einem Schüttelreim auf "Flurschaden". Latzpuppen aus PutzBuntspecht am Meisenknödel, nahlappen, kein Problem, aber zusammengenäht mit Schlurfaden, gibt reimtechnisch Flurschaden. Übrigens gäbe es auf diesen Seiten noch eine ganze Menge zuPapagei am Meisenknödel berichten, ich komm bloß nicht dazu. Ich sage nur: Monteverdi-Oper im Palladio, Wuppertalausflug, oder meine Vortragsreise "vom Fels zum Meer", d.h. zur Erich-Mühsam-Tagung in Malente mitten in den Koalitionsverhandlungen der neuen Regierung (sagen Sie mal ganz schnell hintereinander "Verschleppungstaktik der Schlabberlook-Schlampen des Südschleswigschen Wählerverbands"!) und kaum 3 Wochen später nach Kornau am Alpenrand, wo ich das Söllereck nicht mit dem längsten Schlepplift Deutschlands (zu welchem besonders fußlahme Rodler sogar noch mit einer Art Rolltreppe hinfinden), sondern auf eigenen Beinen bestieg und in der grellen Abendsonne ein Glas Allgäuer Sennermilch 1200 Meter über dem Meeresspiegel trank (gut, dass keine Salzwassergischt in die Milch spritzte). Aber aus facebook, das ich für derlei Kurznachrichten genutzt habe, bin ich ratzfatz ausgestiegen, habe sogar mein Konto gelöscht und bin zum diasp.org-Netzwerk gewechselt, das Datenschutz garantiert und jedenfalls bis jetzt keine Fußpuder- oder Blinddate-Werbung zeigt. "Wenn du wissen willst, wer dein Freund ist, leg' dir ne Haftstrafe zu!" sagt Charles Bukowski. Wer zeitnah das Treiben von Petit Larousse oder Kornelia Stadtparkschnippsel verfolgen will, fühle sich unter diesem Link eingeladen (vorher anmelden nicht vergessen). Und noch ein paar Vogelfotos, statt 'Webcam', die bei der Flinkheit der Vögel wohl gar nicht greifen würde... übrigens war neulich von Eichelhähern die Rede, links zwei von ihnen am Gitter des Wohnzimmerfensters.Frühstücksgäste

    letzte Cashewnussbuntspecht liegendViermeisenMeise alleinArtenvielfalt am VogelhausMeise am Beutel

     


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  • Dass es eine Fertigsaucenmarke namens "Grillsportverein" gibt, war mir bis zu meinem Besuch im "Globus" gestern abend noch unbekannt geblieben. Meise am FutterhausNun stelle ich fest, eine Webseite dieses Namens weist das gleiche Logo auf.Kunstmeile Longerich Wahrscheinlich sind die auch zugleich der Produktvertrieb, jedenfalls beliefern sie diesen Supermarkt im Kölner Nordwesten mit  entsprechend gelabelten Grillsoßenflaschen. Auf der Webseite finden sich außerdem verschiedene Tipps und Tricks - nichts tut der Grillsportvereinspräsident so gern wie Grillsportvereinsneulinge zu belehren -, und entsprechend rät er (so im Wortlaut): "deshalb halte immer eine Gasflasche in Bereitschaft halten", oder schimpft, angesichts eines versifften Grillrosts: "Dagegen sind zentralafrikanische Metzger, die ihr Fleisch ohne Kühlung an der Straße verkaufen, Hygienefanatiker." Die raue Sprache paßt zu den Grillsportvereinsmeiern. Da fällt mir ein, dass Grillsport auch so eine Sportart ist, die genannt werden könnte,Eingang zur Physiotherapie wenn meine Schwägerin in der Praxis neue Klienten empfängt. Sie ist Krankengymnastin und fragt routinemäßig, was für Sportarten die Betreffenden denn bisher , wenn überhaupt, betreiben. Da kommt dann manches Mal "Sauna" und "Massage" als Antwort. Ich würde ja "Schach" oder "Denksport" sagen. Nun also vielleicht auch Grillsport, der bestimmt auch eines Tages zu den olympischen Disziplinen gehören wird. Und der Grillweltmeister hat denn bestimmt kein Diplom von der ersten Deutschen Grill- und Barbecueschule Erfurt in der Tasche, noch gehört er zu jenen österreichischen Illuminaten, die sich als "Glutschwestern und -brüder" bezeichnen und für die eine "gemeinsame Grillphilosophie eine wichtige Säule ihres Ess- und Lebensphilosophie" ist, noch hat er die Nederlandse Kampieonschappen hinter sich gebracht, sondern der Weltmeister kommt aus Japan oder besser noch vom Nordpolarmeer, wo er sich vor dem Grillen der Pinguin wings im Algenbeet noch einen Wodka von Frank S. Thorn hinter die Binde kippt. Und wir Kölner ärgern uns, dass uns schon wieder eine sportliche Disziplin entgangen ist, in der wir brillieren könnten.

    Wilhelm I.-Denkmal, LongerichLongerich ist nicht wirklich kunstfeindlich, immerhin hat man hier ein altes Denkmal, das noch an Sedan erinnert und den Kaiser Wilhelm I. verherrlicht, der sich im Gegensatz zu seinem Sohn aus Kunst- und Kultursachen heraushielt. ZengartenBei meiner Schwägerin in der Praxis waren jetzt auch wieder die Beteiligten der Kunstmeile Longerich ausgestellt, und zwar die bewährte Kombination von fernöstlichen Zimmer-Zengärten, in denen kein Baum und kein Strauch wächst und bestimmt auch kein Miniaturgrill angeworfen wird, wenn Freunde den Europapokal feiern, und wunderschönen ziselierten Scherenschnitten, in denen es von Schatten und Pflanzen nur so wimmelte. Der Fernost-Kollege brachte einen Freund mit, der ganzen Scharen von Besuchern Schnupperkurse in Tai Chi Qui Gong anbot, er selber verkauft die kleinen Sandkästen auch, in denen man mit Miniatur-Rechen und Schüppchen wellige Strukturen zeichnet, Würde man sie in freier Natur anlegen, könnte man sich als greiser Zen-Klosterbruder profilieren, müsste aber mit entsprechendem Gleichmut zur Kenntnis nehmen, dass die gleichmäßigen Linien bald vom Winde verweht sind.Zen-Garten-Ausstellung Es sei denn, man gräbt sie mit Bulldozern oder Schaufelbaggern in die Landschaft, in Friesland habe ich auf Plakaten Hinweise auf solche Bauspielplätze für unterforderte Erwachene gesehen, die nach Feierabend den Sturzhelm aufziehen und einfach mal ein bißchen Kies, Steine oder seltene Erden durch die Landschaft schurbeln möchten.

    Da halte ich mich lieber an die schweigsamen, meditativ ruhenden oder nachdenklich betrachtenden Schattenbilder, die auf den Scherenschnittcollagen mit Pflanzensilhouetten kombiniert sind. Die Künstlerin Kornelia Löhrer hatte schon vor zwei Jahren hier ausgestellt, und einige ihrer Werke mit passenden Motiven hängen als ständige Deko im Flur der Praxis. Manche dieser Bilder kann man auf einer Eklablog-Seite mit dem Titel "[moving shadows]" sehen. Meist sind die Größenverhältnisse vertauscht, der Basilikum ragt über den Rollerbuben hinaus, hüfthoch wuchert Petersilie oder Minze, in dessen Gebüsch sich ein tapsiges Kleinkind verirrt. Die farbig collagierten Hintergründe signalisieren unterschiedliche Witterung und wechselndes Klima, vermute ich; zugleich werden Bildräume eröffnet, die je nachdem weit gespannt oder winzig eng sein können. Ich spüre außerdem immer ein leises Staunen oder fast Erschrecken der Schatten vor den Pflanzen, eine stille defensive Verzweiflung, die ich in ein Gedicht zu bannen versuchte:

    Dem WimmelbildKornelias Scherenschnittcollagen
    filigraner Verzweigung,
    feinstem Pointillismus
    morscher Krümel
    stehen wir
    nicht nach.

    Flink, nicht durstigständige Ausstellung im Physiotherapieflur
    im Erdreich gründelnd
    wie ihr, die Buntschönen,
    in deren Sprache
    der Mensch, der euch hegt,
    liebend grüßt:Kunstmeile Longerich, Physiotherapie Trent

    Schwarze Barbaren,
    wachsen wir ihm
    über den Kopf.

    Euch knickt oder mäht er.
    Uns tilgt aus,
    was euch nährt:
    Licht.

    Die Schlussverse dieses Gedichts finden sich übrigens auch auf einer Künstler-Edition, die ich bei einer Drogistenkette von einem Qualitäts-Duschgel bestellt hatte. Leider merkten die Besucher der Ausstellung fast gar nichts davon und selbst die Mutter der Künstlerin fand es unangemessen, dass die Krankengymnastin ihr Duschgel auf einem Podest vor der Wand mit den Kunstwerken abstellt. Auch sonst wurde an diesem Tag nichts verkauft, und die Leiterin der Kunstmeile Duschgel-Sortiment mit Scherenschnitten- deren Motto "Augenblicke, Momente und Begegnungen“ lautet - rauschte nur kurz herein, reichte mir geistesabwesend die feuchte Flosse und verschwand umgehend wieder mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft der Chinafreunde e. V., Partnerschaftsverein Köln-Peking (nach Ai Weiwei wollte ich ihn nicht fragen, damit er das "Gesicht nicht verliert"; nachher hat er kein zweites in der Tasche und es ist ja nicht einfach, ein passendes wiederzufinden), weil in dieser Straße kurzerhand noch eine zusätzliche "Chinatown"-Meile einfach last minute so draufgepackt werden sollte, evt. gab's da Geld von der Stadt Köln für. Vom Reich der Mitte kriegte man aber abgesehen von einer obligatorischen Mini-Disco-Kugel (hatte sich ebenfalls jemand last minute als Logo auserkoren), einer daneben baumelnden Flugkunstmeile RaderdollAsia-Restaurant-Laterne à la "red lantern house" und einem gegenüber ausgestellten Kitschdrachen mit CocaCola-Schriftzug gar nichts mit. Wartezimmer der Physiotherapiepraxis TrentZen-Ziergärten sind ja nun auch nicht grade chinatypisch, die passen mehr für Japaner, die freimütig an das Laufpublikum verteilten Glückskekse hatten die koreanische Glückskatze auf der Verpackung, aber wahrscheinlich denkt man in Longerich, egal, Schlitzauge ist Schlitzauge. Das Interesse von dieser Seite hielt sich jedenfalls in Grenzen, und mit meinem Lesungsangebot, das ich im letzten Jahr noch selber im Heilig-Geist-Krankenhaus organisiert hatte, war ich schon im Vorfeld ausgebootet worden, einfach nicht mehr eingeladen, eine Buchhändlerin macht das wohl jetzt mit anderen Dichtern. Na, egal, zu verdienen war da sowieso nichts und ich hatte auch gar keine Zeit. Immerhin kam ein netter Fotograf vom Kölner Wochenspiegel, ob die Schattenkünstlerin aber in die Bilderstrecke kommt, steht noch nicht fest. Zen-Ziergärten sind ja nun auch nicht grade chinatypisch, die passen mehr für Japaner, die freimütig an das Laufpublikum verteilten Glückskekse hatten die koreanische Glückskatze auf der Verpackung, aber wahrscheinlich denkt man in Longerich, Schlitzauge sei Schlitzauge.Flatternde Meise

    Wahre Künstler sind auch die Vögel, die wir hier noch immer ständig zu Gast haben und von denen schon der letzte Blogbeitrag berichtete. Sie hätten gerne, dass wir noch mehr Discokugeln hinhängen, die allerdings nicht aus einem Mosaik von Spiegelscherben,Papagei am Knödel sondern aus Fett und Körnern bestehen sollten. Inzwischen haben sich der Rotspecht und der Papagei auch über die Meisenknödel hergemacht, während die Meisen das Wildfutter-Vogelhaus für sich entdeckten, und jetzt ist des Tirilierens und Pirouettierens kein Ende mehr. Diese "Babymeisen" (ich meine auch, einen Baby-Rotspecht gesehen zu haben) nutzen unseren Balkon zugleich als Flugschule. D. h., sie starten vom Fliederbusch oder von der Tanne, schweben Meise flatternderst in rhythmischen Wellenbewegungen heran, landen punktgenau, picken einmal oder auch gar nicht, huschen kerzengerade davon, manchmal im Sturzflug nach unten, oder sie platzieren sich auf dem Geländer und trudeln hubschrauberartig in einem Satz hoch, um am Knödel zu landen, oder sie treffen auf andere Meisen, indem sie "in der Luft stehenbleiben" (ganz klappt es nicht, Meisen sind keine Kolibris, aber immerhin, sie imitieren ihre exotischen Artgenossen) oder wild umeinanderflattern, oder trabantengleiche Kreise um den Knödel ziehen, oder sie zischen paarweise ab und machen einem dritten Platz... nur wenn der Papagei oder der Buntspecht am Knödel hängen, im Vergleich zu ihnen riesige Tiere, dann trauen sie sich nicht ran und kommen erst wieder, wenn "frei" ist. Für dieses wilde Völkchen und seine Flugübungen habe ich in der neu eröffneten "Fressnapf"-Filiale in der Koblenzer Straße den 20-%-Eröffnungsrabatt wahrgenommen und weitere Knödel gekauft, aber die selbstgefüllten Cashewbeutel und das Futterhäuschen mit geschälten Sonnenblumenkernen vom Aldi kommen durchaus nicht nur specht und schlecht an, bei Papa- uind Mamagei, Grün- und anderen Finken, bei Meisig und Zeisig.


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  • Unser Küchenbalkon hat sich zur Volière "gemausert". Der Ausblick auf das Miniatur-Waldstück in unserem Hinterhof beschert uns bereits einen ganzen Zoo: Amsel auf KüchenbalkonFüchse, Eichhörnchen und Kaninchen sagen sich hier guten Tag oder gute Nacht,Meisen am Knödel je nachdem, und an gefiederten Freunden haben wir bereits Elstern und Rabenkrähen (oder sind's Kolkraben?), Grün- und Buntspechte, elegante Tauben und Amseln, Stare und Eichelhäher zur Kenntnis genommen (das sind 8 Arten). Aber nicht alle kommen zu Besuch auf den Balkon, wo wir normalerweise nur zwei Vogelarten zu Gast haben: Kohl-, vielleicht auch Blaumeise und Tannenmeise, auch eine Haubenmeise hat mal mitgepickt, rechnen wir drei, macht 11 Arten. Zu Anfang des Jahres waren auch einige Rotkehlchen zu sehen, macht zwölf, oder auch nur eins. Im Radio hörte ich damals, dass es Rotkehlchen gibt, die ihren Partner nach dem Eierlegen rauswerfen aus dem Revier und sich als alleinerziehende Mütter (oder Väter, das gibt's auch) durchs Leben schlagen. Spatzen sehen wir vielfach amzwei Meisen am Ball Boden des Garagenhofs herumwuseln und manchmal untersuchen sie auch die Planken unserer Balkon- bzw. Terrassenböden, macht 13. Um die Rotkehlchen wurde es etwas stiller, als die Straße aufgerissen wurde, um zum x-ten Mal irgendeine Leitung der Fernsehkabelfirma neu zu verlegen und / oder die Abwasserrohre zu erneuern. Und die Meisen zogen sich hinter das Haus zurück, eben zum Küchenbalkon, wo sie sich intensiv um die Erforschung des  Inneren von Knödeln kümmern. Einer, so ein Kleiner mit plüschig gefiedertem Bäuchlein, ist erstaunlich lange tätig, versenkt sich innig ins Nüssebrechen und lässt sich überhaupt nicht stören. Die jüngeren kommen gern im Kollektiv zu zweit oder zu dritt, später, wenn sie großgefüttert sind, klappt das nicht mehr so gut und sie warten ab oder balgen miteinander, wenn es ihnen langweilig wird. Insgesamt verhalten sie sich aber sehr kooperativ, muss ich sagen. BalkonbesuchÜbrigens stören sie sich auch wenig daran, fotografiert zu werden, während es andere gefiederte Freunde verscheucht, z. B. die beiden Grünfinken (Vogelart Numero 14), die gestern am Vogelhäuschen probieren kamen Meise als Silhouette(ich glaube, das Futter schmeckt nicht so recht, die Meisen picken nur ein wenig obenhin daran, ist wohl entweder zu alt oder mehr was für Waldvögel...). Dann war hier noch ein kleiner Piepmatz, der auch nicht an die Knödel ging, aber in den Blumentöpfen herumwuselte und kontrollierte, ob nicht irgendwelche Brosamen von der Meisentafel heruntergefallen sind. Dieses Tierchen glaubte ich als sog. Zaunammer identifizieren zu können (Nr. 15 - nee, siehe unten, ist wohl ne Jungamsel), nachdem wir bei unserem Ausflug ins Rheintal vorgestern mal echte Goldammern zu Gesicht Rheinsteig-Wiese mit Goldammerbekommen haben (die allerdings sehr scheu aufflogen und nur von weitem fotografiert werden konnten - ohne so ein zoomendes Objektiv, das hab ich nicht). Taube auf dem PflasterMein Großvater war Zoom- bzw. Ornithologe - aber er starb zu früh, als dass er mir die Vogelwelt nachhaltig hätte erklären können, jedenfalls war mir der wertvoll klingende Name "Goldammer" noch aus der Kindheit geläufig - meine Liebste kannte ihn nicht - , und heutzutage kann man das von uns gespottete oder birdgewatchte Geflügel im World Wide Web anhand der zahlreichen darin enthaltenen Lexika und Verzeichnisse leicht identifizieren. Bisher dachte ich immer, der Rabe wäre der König der Baumkronen, denn die (wie die Geheimpolizisten Fouchés) in schwarze Mäntel gehüllten, düsteren Riesen kommen immer wie die Polizei daher und scheuchen Eichhörnchen und Elstern von ihren Bäumen. Doch in letzter Zeit stellt sich manchmal ein exotischer, mindestens ebenso großer und noch kühner uniformierter Gast ein, im feinsten gritzegrünen Gala und mit knallrot geschminktem Mundwerk. Sagen tut er bisher nichts (vielleicht gut so - "Lora" oder dergleichen wär ja nicht schlimm, aber wer weiß, was der oder die für Kraftausdrücke kennt!). Das ist einer jener Papageien, die hier frei verkehren, vielleicht irgendwem aus dem Bauer geflüchtet sind. Sie kommen, wie man glaubt, vom Fuße des Himalaya hePapagei am Vogelhausr und brauchen daher auch die Winterkälte nicht zu scheuen. Meine Frau glaubte anfangs auch schon eine gelbe Variante, die wir als Mamagei bezeichnen, gesehen zu haben, kam aber wieder davon ab, war vielleicht doch derselbe. Dieser hier läßt sich gern auf dem Papagei am KüchenbalkonPapagei auf MeisenknödelVogelhaus nieder oder krallt sich an einer der Strippen fest, um von den unbehandelten Cashewnüssen zu naschen, die ich den Meisen manchmal hinhänge. Gern würde ich ihm eine seiner türkisblauen Schwanzfedern auszupfen. Höchst indigniert breitet er, wenn ich ihm mit der Elektrokamera zu nahe rücke, die Flügel auseinander und schwingt sich auf und davon in die fernen Baumkronen des Grüngürtels. Und damit hätten wir sage und schreibe sechzehn verschiedene Vogelarten bei uns im Garten. - Während ich dies noch schrieb, ging das Treiben auf dem Küchenbalkon übrigens fröhlich weiter. Erst tummelten sich drei Meisen am und um den Knödelplaneten, der vier nicht fassen kann, weshalb immer mal wieder welche anflattern und abdrehen, oder mit den anderen eilends ins Gebüsch flüchten. Die Jungamsel kam nochmal in den Ritzen des Balkonbodens picken, und ich konnte sie nur noch fotografieren, wie sie sich grade verabschiedet. Ja, und dann kam der Grünfink (einer von den zweien von neulich), um sicherzustellen, dass auch er fotografiert wird, denn er stellte sich in schönstem Sonnenlicht auf den Rand des Futterhäuschens und nahm auch den Schnabel immer wieder voll. Also, so schlecht kann das Futter nicht sein, offenbar ist es finkengerechter und halt nichts für Meisjes. (Nach weiteren Recherchen: unsre vermeintliche Balkon-Ammer passt ziemlich auf die Bebilderung im Wikipedia-Artikel über Amseln, und zwar meine ich das von einem gewissen User namens "Romate" geschossene Foto "Jungvogel nach Verlassen des Nests". Meiner sieht ziemlich genauso aus, also doch bloß 15 Arten und keine Ammer.)

    P.S. HA! doch 16 Arten, denn inzwischen hat sich ein Dompfaff gezeigt. Nach Bankräuberart knallschwarz maskiert und mit einem runden orangeroten Bäuchlein, sehr elegant... Der flatterte allerdings erstmal "in der Luft stehend" vor dem Futterhäuschen und suchte vielleicht nach einem geeigneten Landeplatz für seine Krallen. Dann zischte er auch gleich ab, vielleicht, weil ich in der Küche saß und ihn beobachtete. Und heute, 20. Juni, ist in Gesellschaft einer ganzen Formation von Grünfinken, die sich um das Häuschen scharten, ein Genosse aufgetaucht, den wir nicht richtig einsortieren konnten, der zur Finkenfamilie gehört, nämlich ein Fichtenzeisig. Damit zwei Finken im Haushaben wir 17 Ardrei Meisen am Knödelten gesichtet, auch der Buntspecht war wieder da.Star auf der WieseGrünfink am Futterhäuschen

    Grünfink am Rand des FutterhäuschenFichtenzeisig auf BalkonEine Zaunammer nimmt Abschiedzwei Vögel auf BalkongeländerBuntspecht von hinten


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