• Heute ist der 200. Geburtstag von Friedrich Hebbel, und im Radio war der Sekretär der Hebbel-Gesellschaft zu hören. Im fernen Dithmarschen liest man keine Lexika mit weiterführenden Literaturangaben, und deshalb hat der Interviewte vor Jahren Briefe der Amalie Schoppe herausgegeben, ohne darauf zu achten, daß einige von ihnen längst erschienen und ihre Druckorte im Artikel der Neuen Deutschen Biographie, den er ebenfalls nicht kannte, angeführt waren. Eigentlich könnte im September auch der 155. Todestag von Amalie Schoppe begangen, oder besser gefeiert werden, die Hunderte von Büchern hinterlassen und Hebbel gefördert hat, der sie entsprechend schlecht behandelte - junge Genies beißen gern die Hand, die sie füttert. Das ist ja auch bei Richard Wagner nicht anders gewesen, der im Mai mit dem 200. Geburtstag dran ist. Der hat sich bekanntlich von Meyerbeer in Paris überall empfehlen und kreditieren lassen (auch in pekuniärem Sinn) und anschließend die Hetzschrift über das Judentum in der Musik verfaßt. Gleichviel, heute, zu Hebbels Geburtstag, erheben und von den Plätzen, ergreifen das Glas mit Küstennebel und stimmen in Grillparzers (hatte seinen 222. Geburtstag am 15. Jänner, wirklich und warhhaftig steht in Grillparzers Wikipedia-Artikel "Jänner", auch beim Todestag, das war der 21ste in 1872, die haben jetzt nach der sz-Sonderregel offenbar eine österreichische Mundart-Regel eingeführt, beim Primus von Quack und seinem Röserl Karfiol mit zehn Deka Gselchtes!) noch immer, auch für die Wikipedianer aus Österreich, nur bei denen reimt es nicht, gültigen Schlachtruf ein:

    Richard Wagner und Friedrich Hebbel
    tappen beide im ästhetischen Nebbel.
    Behagen die beiden b dir nicht,
    so denke, daß der Nebel sehr dicht!


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  • Der Verschönerungsverein Radertal-SüdSchneehase am Leichweg hatte wieder einmal zum Skulpturencontest aufgerufen, und anlässlich des 125. Geburtstages von Reneé Sintenis, Tierbildhauerin und Schöpferin des Berlinale-Bärs, der im Calton Creek geschaffen wurde bzw. noch immer überlebensgroß auf einer Tafel an der BAB 9 an der Anschlusstelle München-Fröttmaning-Süd an das Vorhandensein von Berlin samt der Schwestern und Brüder im Osten gemahnte, also zu Ehren der Schneeigel am LeichwegSintenis waren in dieser Frühjahrsrunde Schneetiere angesagt. Gesagt, getan, wenig später säumten zahlreiche aus dem krystallisch weißen Element geformte Skulpturen den Leichweg (heißt wirklich so) zwischen Vorgebirgswall und Grüngürtel. Leider waren die meisten dieser aus dem Bodenmaterial zusammengepappten Zombies stumm, lediglich ein herumstreunender weißer Hund richtete angstvoll die Ohren auf, fiepte und knurrte und boll, wenn eins der Monster gar zu realistisch geraten war. Nicht alle diese Monumente schienen vollendet,  und wir trafen noch manchen Künstler Schnee in Kölnbei intensiver konzeptioneller Arbeit an, als wir die Ausstellung in Augenschein nahmen. Einige ließen sich das Material für kreatives Tun von Minderjährigen auf Schlitten hertransportieren, sofern diese nicht für Schussfahrten vom Monte Klamotte herab dringender benötigt wurden.
    Doch war die Nominierungsphase noch nicht vorüber, als Tauwetter, was sage ich, Frühlingswärme einsetzte! Ein gefährlicher, heißer Hauch hechelteSchneebär von Süden her und brachte Tod und Verderben über die eisige Animal Farm im Encke-Volkspark am Leichweg. (schmuddelige) SchneekatzeDie Tiere schmolzen im Handumdrehen dahin, die Jury ging nach Hause und der Kunstpreis - eine Kiste Weihnachtsgebäck aus dem Bäderresidenz des rheumakranken Charlemagne - wurde in Glühwein-Zabayone aufgelöst.  Einer Neuauflage des Wettbewerbs noch Schweinchen aus Schneein diesem Frühjahr steht der Verschönerungsverein skeptisch gegenüber. Den kurzfristig gef
    Schneehund am Leichwegallenen Temperaturen soll schon zum Wochenende hin wieder aufgeholfen werden. Außerdem war der Lebkuchenausschuss der Vereinten Deutschen Süßwarenindustrie bei einem gestrigen Telefonat nicht bereit, eine neue Kiste Printen zu stiften. Die geht jetzt im Juli als Hauptgewinn an die Tombola zugunsten der Familien der vom Hitzschlag Betroffenen.


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  • Gestern haben wir uns im "Rex am Ring" (auch nur noch ein Schuhkartonkino) Steven Spielbergs Lincoln reingezogen. Da qualmt der Hauch der Geschichte aber dermaßen dick aus allen Leinwandporen, da brauchste keine 3-D-Brille, wobei mir fast peinlich war, dass wir zuvor beim Rathaus die neue hyperschicke, zumthor-ähnlich holzlattenverkleidete U-Bahn-Station der 5 benutzt hatten (die nächste auf der Strecke südwärts, am Waidmarkt, ist noch unbenutzbar, da muss erst der Staatsanwaltslift in den "Begehungsstollen" fertig werden, in den Krater, in dem das Stadtarchiv verschluckt wurde, und zwar zur "Beweissicherung", ein halbes Jahrzehnt nach der Versenkung unserer 1500jährigen Aktenberge)... Wir geschichtsvergessenen Europäer kBölls Glastürönnen heilfroh sein, wenn bei uns nach dem heimrichen Noböllpreisträger mal eine Glastür in der Südstadt benannt ist. In Amerika, da weiss man Tradition noch zu schätzen. Der Film hat jede Menge Komparserie, wer immer einen Backenbart oder eine Furchenstirn sein eigen nannte, wurde gecastet (und zwar Männer, das war nun mal so in der damaligen Politik, die Mädels gucken höchstens oben vom Zuschauerrang runter und sind daher nur halb zu sehen). Spielberg durfte sogar die originale Taschenuhr von Lincoln ticken lassen. In der synchronisierten Fassung allerdings, die wir sahen, tickt nichts richtig, außerdem wurde ich nervös, weil der Schauspieler mit dem Zeigefinger gegen das kostbare Teil flitscht, und die rauhbeinigen Parlamentsredner krakeehlen auch nicht ganz so überzeugend. Aber dann wieder die Inneneinrichtung, wie aus "Landhaus living", im aulde country style: Jede Menge Bibliothekswände mit Lederrücken, Teakholz, alte Dokumente, und dann schimmert und blitzt in all den Brauntönen plötzlich was Goldenes, der Notgriff am Schreibtischaufsatz oder was weiß ich und man denkt: Benson & Hedges! Racke Rauchzart! Feinste cubanische Fehlfarben-Havannas mit elfenbeinernem Ratsherrensilbermundstück, und tatsächlich kräuselt sich schon der Qualm aus einer solchen, den der Außenminister dem antichambrierenden Dorfdeppen-Paar ins Gesicht bläst. Das White House erinnerte sowieso an eine Hotelkette für besonders konservative Touris. Und dazwischen dann dieser Brite, der schon in Gandhi und Im Namen des Vaters mitgespielt hat & inzwischen die irische Ehren-Staatsbürgerschaft hat, und so groß ist, dass er permanent gebückt gehen muss, um ins Kamerabild zu passen. Kohl hat ja mal in Lincolns Bett geschlafen, die Körpergröße war nicht unähnlich, aber der Knebelbartträger war viel magerer als der Vierfachkinnige. Jede Menge Abiturienten und Politiklehrer im Publikum, das Popcornfuttern ("mittlere" Portion, kam uns wie ein Fass vor)  haben wir aber pietätvoll eingestellt. Spielberg hat im Interview angedeutet, man könne sich auch  einen Film vorstellen, der den  Einfluss von Frederick Douglass auf Lincoln darstellt, und da sage ich natürlich; JA, Meister Spielberg, ran an den Speck, und natürlich die Nebenfiguren nicht vergessen, ich sage nur: "Love across Color Lines!" und vor Schreck hat Missouri daraufhin endlich die Ratifizierung des 13th Amendments, die erst 1995stattfand, der Registratur des Staatsarchivs in Washington auch mitgeteilt, weshalb sie erst im Februar 2013 registreirt und damit wirksam wurde (Lincolns Geburtsstaat Kentucky hat es bereits 1976 ratifiziert, nur 131 Jahre nach der Abstimmung im Kongress). Der Schluss mit dem Umritt durch die Leichenberge von Petersburg, Virginia, wo ein hippiebärtiger Veganer auf dem Rücken liegt und röchelnd offenen Auges in den Himmel starrt, als halte er nach Regenwolken über Woodstock Ausschau, die war dann doch ein bisschen dick aufgetragen, wie überhaupt der Film nach der glücklichen Verabschiedung des Amendments und der Gutenachtlektüre des Radikalrepublikaners Thaddeus Stevens mit seiner schwarzen Aufwarte- bzw. Zitat aus begeisterten Dankschreibenheimlichen Ehefrau (beim Gutenachtkuss hätt man das Licht ausmachen sollen, aber es ging viertelstundenlang weiter) ins Irrsinnige abgleitet, alle gucken sich nur noch bedeutungsschwanger an und sprechen in Sätzen, die man gut & gerne ins Mount-Rushmore-Felsmassiv meißeln könnte, vorher hatte das Plüschige und Perückige an der Ausstattung davon abgelenkt. Das kann man sich trotz des ermüdenden Schulfunkanteils und der fritz-lang-mäßigen Massenszenen (immer so gruppiert um irgendein Zentrum, selbst wenn sie nur mal eine Treppe hinunterstürzen) mit Vergnügen am lebendigen 19. Jahrhundert anschauen. Hätte gern das damals aktuelle Stück im Ford Theatre noch weiterverfolgt, aber da musste die Kamera schon auf den grünlich beleuchteten und, als wär er grad vom Kreuz abgenommen worden, aufs Bahrtuch gebetteten Lincoln schwenken, der in der Rückblende auch noch mal ganz christusmäßig die Arme ausbreitet und den Schulkindern, die sie auswendig lernen müssen, nun noch einmal seine berühmte Rede vorsagt.


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  • Raus mit der Sprache? Reden Sie sich's von der Seele? Echt? Dann macht euch auf was gefasst! Na schön. Ihr wollt's ja nicht anders. Also denn: Ich habe: kein Handy, keine Armbanduhr, keinen iPod, kein iPad und kein iTunes oder wie die Dinger heißen mögen,Schiller-Gedenktafel im Mergentheimer Schlossgarten kein eBook, kein knieBook, kein eyeBook, kein schreiBook (wohl Schreibbücher) und keinen XXL-BildAeppel Store, Köln Fotosschirm am Fernseher (dass wir uns nicht missverstehen: das soll kein Wink mit dem Weihnachtspfahl sein, ich will das nicht haben und würde auch nicht nächtelang vor dem Erstverkauf bei irgendwelchen Obstgeschäften kampieren, um solche Geräte als erster zu kriegen!), und das Allerschlimmste: Ich habe kein satellitengestütztes Global-Positioning-System-Navigationsgerät, vulgo "Navi". So ist es nun mal und basta.
    (Dieses Foto rechts von unserem Sülzer Aeppel Store wurde von TripAdvisor zur Verfügung gestellt.)
    Bitte, schießt mich tot, aber ich brauch das nicht. Ich hab auch die Modetorheiten der Tamagochis, der Quadrophonie-Lautsprechersysteme und der zusätzlichen Bremslichter in der Heckscheibe übersprungen, und zwar, weil ich, jawohl!, die Hutablage für meinen alten Hut freihalten wollte. Denn erstens gehört mir nur ein halbes Auto, mit dem ich nur selten fahre, und zweitens kann ich mir die paar Strecken, die ich kenne, auch noch so merken und für die seltenen anderen gibt es ja noch immer Straßenkarten und Stadtpläne. Ich weiß wohl, dass es die sprechenden Alternaviten mit den meist weiblichen, wohlmodulierten Stimmen gibt (wer die nicht mag, kann sich den John-Wayne-Synchronisator oder Marcel Reich-Ranicki draufschaffen), die den vorwiegend männlichen Autofahrern mindestens ein- bis zweimal am Tag versichern: "Sie haben Ihr Ziel erreicht!", was ja immerhin ein gewisser Trost sein kann in den Fährnissen des Alltags. Bevor ich eine Zeile riech', die nicht auf einen Reichen zielt, wird eher noch ein Ziel erreicht, das mir den richtigen Riecher zeicht, äh - okay, nicht lustig. Neulich passierte mir aber mal ausnahmsweise etwasHandywerbung Globuskopf Lustiges. Ich war als Beifahrer im PKW einer Bekannten unterwegs, die mit Navi fährt, und zwar durch den Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim, u. a. um die Schlosskirche zu sehen, und als wir wieder aufbrechen wollten, führte uns das Navi in die "Viehskowstraße", mit hartem F-f im Anlaut, wie Virchow, Volkow (Hirnforscherin und Urenkelin von Trotzki), Volker, Volkswagen und andre Namen ("Sie sagen ja auch nicht Water zu Ihrem Vater", meinte Karl ff-Valentin dazu). Und mit langem Dehn-o im Auslaut, den ich spontan mit w schreiben würde. Preußisch-pommersch-meckl-brandenburgische Adlige, über die schon Fontane seine Kalauer reimte, die aus Mecklenburg-Vorpommern stammen und zwischen Güstrow, Altentreptow, Buckow und Basedow aufgewachsen sind und beim Italiener kellnern, schreiben laut Titanic ja auch ganz gern ein »heute Spaghetti mit Pestow« auf die Stelltafeln vor dem Eingang. Viehskow, Viehskow, ich zermarterte mir das Hirn, sollte etwa Johann Daniel Viehskow (1586-1627) gemeint sein, der Erfinder des Impfserums gegen die lilagepunktete Bartflechte, oder Heinrich Wilhelm Viehskow (1852-1907), der Entdecker der merowingischen Stieftantengräber in Abbayé-sur-Thélème? Oder war die Straße eventuell nach beiden Trägern benannt? An dem f-Anlaut war auch nichts auszusetzen, ebensowenig am o-Auslaut, aber Oggersheim,Schiller-Tafel in Adelsheim wo Dr. Helmut Kohl residierte, bevor er erst zum Zar und dann zum Zombie wurde, ist nun mal Zufluchtsort des Dichtertitanen Schiller gewesen bei seiner Flucht vor dem Landesherrn von Württemberg. Schiller hat auch ein Stück geschrieben über den Aufstand gegen die Herrschaft des Andrea Doria in Genua, wobei der anfangs erfolgreiche Rebell, der im weiteren Verlauf des Dramas versehentlich seine Frau erdolcht, weil sie einen Purpurmantel trägt (das ist der Mantel der Geschichte, in diesem Fall aber wirklich, während es bei Kohl und Gorbatschoff Strickjacken waren), den er dann selbst anzieht, auf eine Gondel steigt, ins Wasser fällt (bzw. geschubst wird, bei Schiller, sonst wär die Geschichte mit dem Mantel der Geschichte gar zu grausam-zufällig - war er nicht sogar darüber gestolpert?) und vom Gewichte des vollgesogenen Purpurgeschichte auf den Grund der Lagune gezogen wird - ein echtes Fiasko! Deswegen heißt der Kerl wohl auch so, Fiesco zu Genua, nur mit e gesprochen und zwar diphtongisch (denkt euch ein Trema über dem e): Fie - jäss - koh. So und nicht anders spricht sich das aus. Das wurde aber der Navi-Stimme von den Programmierern nicht beigebracht, die Dame sagt "biegen Sie jetzt rechts in die Viehskowstraße", und wer's nicht glaubt, bitte, fahrt nach 67071 Ludwigshafen am Rhein und tippt vorher die Fi-eskostraße ein!


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  • Albert hielt die Gräfin in seinem rechten Arme; ihre linke Hand lag auf seiner Achsel, und die rechte in seiner linken. Er sah jetzt nicht die Pracht der Sonne in ihrem Abschiede, nicht in ihrem Abendgewande die schöne große Natur; nur Amaliens Auge sah er, und den großen Blick, der voll Feuer und Inbrunst an diesem Schauspiele hieng. Schreitender im Kölner RheinparkAnfangs erklärte er ihr dieses und jenes von den ihr unbekannten Gegenständen; aber weil sie bald nichts mehr fragte und nicht mehr antwortete, so schwieg auch er. Es war ein feierliches Schweigen. Am mächtigen Steigen ihres Busentuchs sah er, daß sie tief fühlte; er hatte Ehrfurcht für diesem Gefühl', und unterbrach es nicht.
    Jetzt war sie hinunter, die schöne Sonne; und auch an den höchsten Bergspitzen verschwand zitternd ihr letzter Stral - da wendete sich Amalie langsam und traurig nach ihrem Albert um; eine halbe Minute blieb sie so mit einem unbeschreiblichen sehnsuchtsvollen Blick' auf dem schönen Durstenden geheftet, dann schlang sie rasch und sorglos ihren schönen Arm um seinen Hals, und er küßte von ihren bebenden Lippen das feierliche Bekenntniß der Liebe. [...]
    Amalie fuhr auf aus Alberts Armen, und sah sich schüchtern um. "Wo waren wir? Albert! rief sie mit bebender Stimme; Gott, ob uns diese Bäume verrathen? Albert, ich war so glücklich! -
    Albert. (sich langsam und träumend von ihrem Busen aufrichtend) Amalie! und du wärst also mein? - O, läugne mirs nicht: das war Liebe! -
    Leben und Sonne - Zeitschrift der Freien Körperkultur Jg. 1, Heft 4Amalie! (zärtlich, und mit einem ruhigen Lächeln auf ihn herab blickend) Wie soll ich dirs läugnen; mein Albert! O, dieses unglückliche Herz kämpfte schon lange einen schweren, schweren Kampf unter der Tirannei der menschlichen Gesetze, jetzt - ach, warum mustest du mich auch hierher führen, wo der Anblick der großen freien Natur mich über alle Konvenzionen der Menschen erhob - jetzt, in deinen Armen, fühlte es sich frey, und warf jene Ketten ab.
    Die Sitzende? Brunnenskulptur in Bad MergentheimAlbert. (indem er ihr die schönen braunen Locken von der Stirn streicht, und dann mit der Hand auf ihrer Achsel ruhen bleibt) Ob ich wohl wache?
    Amalie. (ihn mit Wonne betrachtend) Ich war ein verwegenes Weib! - Alles sprach schon lange von dem Nordenschild, der nun bald bey uns auftreten würde; man beschrieb ihn, und ich hatte den Riesengedanken ihn unter allen Weibern Nordias am ersten zu sehn - (lächelnd) nicht ihn zu lieben! - Ich sann, und ergriff die Gelegenheit, um die ich freilich viel von Neid und Kabale werde leiden müssen; kam - sah dich - und obs der glücklichste oder unglücklichste Augenblick meines Lebens war in dem ich dich sah - magst du nun entscheiden.
    Dave Mike Angelo nach US-BesuchAlbert. Was die Welt nicht alles von mir mag gesagt haben! - Und, nicht wahr? Amalie! nun hast du so einen armseligen Jungen an mir gefunden, der nicht einmal im Stande ist, dir zu sagen: wie er dich liebt!
    Amalie. O pfui, Albert, scherze nicht! (ängstlich) Aber, Albert! wenn du nun hinaus kommst in die große Welt, wo alles schon auf dich lauert; dich von ihr hinreißen läßt, und vergißt daß dieses unglückliche Herz, seit es liebte, das erstemal glücklich war als es an dem deinen schlug; Albert, und du verräthst mich!
    Albert. (sehr ernst) Aha! - So weckt man mich just aus dem süßesten Taumel! - Gräfin! sobald sie mir eine schwarze Seele zutrauen, und nur noch einen Augenblick darüber in Sorge seyn können - (sich heftig an die Brust schlagend) und sollte dieses Herz nie - nie! und ewig keine glückliche Stunde mehr fühlen! - (kalt) so sind sie - Gräfin von Prascha - und ich - Albert von Nordenschild. (mit Würde) Die Welt mag auch von mir wissen so viel sie will; als einen Buben kennt sie mich nicht!
    Amalie. (mit niedergeschlagenen Augen) Albert! ich wollte dich nicht beleidigen.Graffito am Schutzhäusle im Mergentheimer Stadtwald
    Albert. (ihr um den Hals fallend) O, Liebe! so schweig mir von Infamien, wider die, bei Gott! sich mein ganzes Wesen empört. - Ich habe keine schmeichelnden Worte wie vielleicht eure Hofpuppen in Nordia; aber alle Worte der Sprache reichen nicht an Alberts Liebe! -
    Amalie. (zärtlich aus seiner Umarmung aufblickend) O, mein Albert! und du vergiebst mir? vergiebst dem armen Weibe, das keinen Stolz kannte als unter tausend Glücklichen ihresgleichen auftreten, und ohne zu erröthen ihnen sagen zu können: ich bin unglücklich, (mit unterdrücktem Schmerz) und doch treu! - (seine Hand an ihr Herz drückend) Vergiebst deinem Weibe ihre Aengstlichkeit, und diesem Herzen seinen Stolz, und - (ihm um den Hals fallend) seine Tugend! -
    Albert hatte sich noch nie in einer so kritischen Lage befunden als jetzt; denn unter allen Weibern, die in seinem Arme gelegen, war noch keine Amalie. Meistentheils hatte er schon das leichte Spinnegewebe Tugend von der großen Welt durchlöchert oder gar zerstört gefunden; hier fand er sie noch mitten im lebhaftesten Kampfe mit der unglücklichsten Leidenschaft. Was sollte er thun? Dieser armen Kämpfenden jetzt auf einmal den lezten Stoß versetzen, und der zitternden Amalie die glücklichste Stunde durch diese Schmerzen verbittern? oder ihr Zeit lassen, im süßen Phantasienspiele selbst vollends hinzusterben, und dann schuldlos zu seyn, und auch Amalien nicht wehe zu thun? - das letzte war freilich das ehrlichste; denn ihm hatte immer vor dem Gedanken geschaudert: eine Tugend zu morden. Aber auch so eine Stunde ungenützt vorbeistreichen zu lassen, wie diese - das war für seine Leidenschaft ein zu großes Opfer! und ehe er noch mit sich selbst darüber einig werden konnte, hatte diese schon alle Anstalten gemacht ihr Recht über diese Stunde zu behaupten. Aber: "Gedult! rief Amalie - die Stimme war unnachahmlich, mit der sie es rief, und unwiderstehlich der ruhig bittende Blick, mit dem sie ihn ansah; Gedult, Albert! o, die Sonne ist noch nicht zu tief hinunter, daß du nicht im Abendrothe mein Erröthen bemerken könntest - Albert! nur noch diese Nacht laß mich tugendhaft!" -
    Albert. (ruhig) Und immer, Amalie; wenn du es willst! so soll am Altare deine Tugend nicht sichrer sein können als in meinem Arme. Denn, bei Gott! so viel hat noch kein Weib über mich gewonnen, wie du!
    Sein Blut trat, wie das Meer nach der Fluth in die Ebbe, zurück; sie umarmten sich ruhig, wie zwei vertraute Freunde, die sich nun auch bis auf die geheimste Falte ihres Herzens kennen, standen auf und giengen. Es war eine schöne Nacht! - Eine Ruhe, daß man die Pulse der Natur schlagen zu hören glaubte, schwebte über der schlummernden Erde; und eben so ruhig wars in den Herzen der Liebenden.
    Der alte schlaue Casper beobachtete sie scharf; aber seine Menschenkenntniß ließ ihn hier im Stiche, denn er fand weder Durst noch Sättigung in ihren Blicken, und wuste sich das nicht zu erklären. "Albert! sagte Amalie sorgsam und leise, da sie gute Nacht nahmen; Albert! Casper beobachtet uns." -
    Albert. (ihr die Hand drückend) Sei du ruhig, Amalie; Casper ist gut!
    AmalieWeihnachtswerbung der Dessous-Detaillisten. (trunken) Albert, wie du?
    Albert. Und morgen früh im Garten? nicht wahr? -
    Amalie. Wenn?
    Albert. Doch wenigstens ehe die Sonne in meiner Laube scheint -
    Amalie. Bösewicht! -


    Carl Gottlob Cramer: Der deutsche Alcibiades, 1. Theil. Weißenfels und Leipzig 1791

    Als Zugabe noch ein lustiges kostenloses Browserspiel von Auntie Pixelante über schlechte Erfahrungen beim hormonellen Gender-Umtausch.

     (In Ruhe erst das Intro abwarten - und spielt es, wie früher TETRIS, mit den Bild-rauf-runter-Tasten...)


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