• nicht schon wieder!

    Soll das wirklich schon wieder ein Jahr her sein, dass ich hier einen Text abgelassen habe? - Muss wohl, denn im Handumdrehen geht die Adventsmeierei schon wieder los: Märkte, Kränze, Kalender, Kerzen, Engelchen, Stollen, Weckmänner - das volle Programm. Und diesmal hat mich der Xmas-Terror schon einen Tag vor dem 1. Dezember erwischt Oder war eine Woche früher, am 23. Nov. auch schon Voradventszeit? An dem Datum, um Punkt 9.30 Uhr morgens nicht schon wieder!passierte es, da klingelte das Telefon, es rief hier einer an und meldete sich am andern Ende mit den bedeutungsvollen Worten "Mein Name ist Alexander Stein von der Kriminalpolizei Köln - spreche ich mit Herrn Petit Larousse?" und was mache ich (ich Idiot!), ich knurre zurück, was wollen Sie denn von dem Herrn Petit Larousse? - und Zack! Aufgelegt! Leitung tot! Rückruf nicht möglich, Nummer unterdrückt! - Ich hab mich sowas von geärgert, dass ich falsch reagiert habe. So abweisend! Ich hätte ganz anders antworten soillen, mit dem Schreckensruf Um Himmels Willen, ist etwas passiert? nicht schon wieder!um dann durch geschickte Stocherfragen bei dem Oberkriminalen am anderen Ende herauszufinden, ob eine mir bisher verschwiegen gebliebene uneheliche Tochter von einer meiner Exen in Schwierigkeiten ist, oder eine Enkelin meiner oberschlesischen Großnichte in Amerika, oder wer auch immer - und am meisten gifte ich mich über die verpasste Chance zu einer Real-Hörspiel-Horrorstory mit ständig aktiviertem Handy ("Legen Sie nicht auf!") - allerdings war ich am Festnetz und hätte das erst auch noch mühsam suchen und anmachen müssen, mit vielen Möglichkeiten für retardierende komödiantische Elemente, entschuldigen Sie vielmals, Herr Kommissar, ich bin ein alter Mann, meine Pin hab ich schon wieder falsch einggeben, ach ja, jetzt klappt's - samt Stadtrundfahrt von einem Geldautomaten zum nächsten Bankschalter, um die soundsoviel Zehntausend Euronen für die Kaution zusammen zu schrappen... Und all das hab ich mal wieder nur meiner mürrischen, nicht grade tele(fon)genen Art zuzuschreiben, Was wollen Sie denn von dem Herrn XY, so antwortet man doch nicht einer Amtsperson von den Ordndungshütern, das grenzt an Amtsbeleidigung - dabei seh ich genug Krimis und kenne meine Rechte, ich darf immer so tun, als hätte ich den Abend allein vor dem Fernseher verbracht usw., und Eintreten nur mit Durchsuchungsbefehl! Jetzt kann ich nur hoffen, dass ein Kollege des Hauptkommissars Alexander Stein es nochmal bei mir versucht und anruft, aber im Grunde nutzt kein Mensch mehr das Festnetz, außer der Firma Microsoft oder einem Anbieter für Solaranlagen, der mich unverbindlich beraten will. Die rufen andauernd an, aber den einen, entscheidenden (Spaß-)Gewinn-Anruf hab ich verpasst!

    nicht schon wieder!Dann aber, wie gesagt, kam Advent und beim "Aufmachen des Türchens" am 30. November, das von meinem Briefkasten nämlich, erst Abends (weil die Post bei uns idiotischerweise nur alle paar Tage und dann geballt und meistens erst 16.00 Uhr ff. kommt)  fand ich - tadaa,  Überraschung! - wieder mal eine unverlangt reingelegte Drucksache, diesmal die Süddeutsche, nicht die Zeitung, sondern die Freitagsbeilage, nur zwei Wochen alt und mit der suggestiven Frage (wie nebenstehend) auf dem Titelbild versehen, die offenbar einen meiner Nachbarn hier herum umtreibt. Der konnte aus verschiedenen Indizien - kein Kranz vor der Tür, keinen roten Leuchtstern oder Weihnachtsrentier am Balkon, auch keine Sonntagsheiligung oder arbeitsfreie "stille Feiertage" (Staubsaugergerräusche) - offenbar nur eine Schlussfolgerung ziehen und hat sich zusammengereimt, welches Etikett am besten zu mir passt, was die ganze Seltsamkeit meiner Existenz erklärt. Und seitdem prasseln auf mich Zeitungsausschnitte, Hefte, Prospekte ein zum einschlägigen Thema - vom Holocaust über Museumsprojekt Miqwa bis zum Gazastreifen. Als nächstes kommt eine liebevoll gehäkelte Kippa oder ein koscher belegtes Mazzenbrot in den Briefkastenschlitz? Vielleicht ist alles nett gemeint, wer "so einer" ist, interessiert sich gewiss für meine abgelegte olle Zeitungsbeilage, die ich zu faul bin selbst zum Papiercontainer zu bringen? Jedenfalls sind wir - meine Lebensabschnittspartnerin eingeschlossen - damit "markiert" und warten eigentlich nur noch darauf, so einen netten blassblauen Stern mit sechs Ecken auf die Jalouise gesprüht zu bekommen. Ach ja, die hat doch vor einiger Zeit einen Eierwurf zu Halloween abgekriegt, oder war's die Abi-Feier der Eleven der nahegelegenen "Europaschule"?, wo ich die Reste noch Monate später abkratzen musste. Jedenfalls will ich einen Stern mit sechs Zacken und in Blau, am liebsten so einen wie in Paris gesichtet, mit Papp-Schablone gesprüht und künstlerisch wertvollem "Verlauf" der Farbe. Das wäre mein Weinukka-Wunsch! Heute beginnt nämlich das Lichterfest, ich lege schon mal die Klezmer-Platte auf und hol den siebenarmigen Leuchter aus dem Schrank, zur Wiederjudmachung.


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