• Hallo teen!Mit neuen Generationen wechseln auch die Volksbräuche. Zur Zeit der Altvorderen, Hallo teen!also meiner, ging man am Vorabend des Allerheiligenfestes auf den Friedhof und zwar in der Abenddämmerung, die deshalb noch nicht extra später anfing wie heute, und besah sich die netten brennenden Lichter in rot, weiß, gelb oder in sehr seltenen Fällen blau, die auf den Grabstellen leuchteten. Heut bewirft man Häuser mit Eiern. Nun, junge Leute von heute brauchen schärfere Kost, andere "Kicks", sie "raven" in schmalen Gassen bei der südkoreanischen Love Parade oder kleben sich an berühmte Kunstwerke in Museen, was ein befreundeter Blog kürzlich treffend kommentiere - für's Klima freitags streiken, gut und schön, Ein geschlossener Rollladen stellt Fragenaber Kartoffelbrei als Verpflegung mitnehmen und diesen dann auf dem Tafelbild servieren, an dessen Rahmen man sich ankettet nein! Und Lösungsmittel, dass ich nicht lache. Die Umweltprobleme, die auf uns zufluten,Tiefflieger nahe beim Golfplatz lassen sich nicht so einfach "lösen". Da waren die vom Castor-Schienennetz loszueisenden Transportgegner sicher die größere Pest für die Ordnungskräfte, und die Autobahnblockierer von Duisburg haben immerhin ihre Arbeitsplätze in der Schwerindustrie behalten, wenigstens noch für ein paar Jahre, und da hab ich mich auch schon gefragt, müssen die nicht mal austreten?, unauffälliger auf so 'nem Gleisbett oder neben der Bundesautobahn. Letzteres weiß ich aus eigener Erfahrung, Polizei selber herbeitelefoniert und auf's Eintreffen gewartet und dann mal in die Böschung, natürlich mit aufgestelltem Warndreieck und im fashionablen gilet jaune, eins haben wir sogar noch an den Unfallgegner verschenkt, weil der keins hatte, und dem sonst zur auffahrenden Unfallschuld noch Bußgeld wegen Nichttragens feiner Westenwäsche gedroht hätte.

    Ich bin nie um einen Generationenkonflikt verlegen (egal von welcher Seite aus ich kämpfe) und habe die Jugend in diesem Jahr und speziell gestern nacht auf eigene Art kennengelernt. Mein Frühstücksei wurde mir nämlichEi, ei, ei, am Fenster an Allerheiligen 2022 auf besondere Im Twen-Alter statt Teufelskostüm TattoosWeise serviert, nicht im Eierbecher, auch nicht aus der Omelettepfanne, nein, schön ausgebacken in der Sonne, die auf das Fensterbrett meines Arbeitszimmers fällt. Da lag die zerbrochene Kalkschale inmitten von dem Eierschleim, der sich ausbreitete, und das ließ nur einen Schluss zu: die vier Jungzombies, die ich (mich vom Pantoffelkino losreißend, weil ich einen dumpfen Knall gehört hatte) gestern nacht Schulter an Schulter durch die an sich stille - um nicht zu sagen tote - Vorstadtstraße schleichen sah, mussten sich vorher schon und von mir unbemerkt eines Lebensmittels entledigt haben, das sie mir als Mitbringsel zugedacht hatten. Freilich ohne vorher Süßes oder Saures von mir zu verlangen, ich hätte sie nicht von der Schwelle gewiesen, Gummibärchen hab ich von den verschiedenen Hotelaufenthalten dieses Jahres noch genug, außerdem krieg ich beim Blutspenden immer welche. Nö, das Ei wurde mir serviert ohne zu klingeln (und ohne dass ich es bestellt hätte). wenn das Ausweichmanöver um eine Ecke gehtNicht lange her, da hätte man uns wohl auch noch, in freundlicher Nachbarschaftshilfe, kreative Graffiti von Schweinsgesichtern, sechseckigen Sternen, Hutträgern mit Ziegenbärten und langen Nasen oder - in hebraisierender Schrift - Einkaufsratschläge für Passanten auf die Fassade gesprüht, auch dies ein urdeutscher und in letzter Zeit von internationalen Documenta-Künstlern mit BDS-Präferenz (steht für Bondage, Dominanz und Sadismus) wiederbelebter Volksbrauch. Hab ich schon erzählt, dass mir ein Unbekannter ständig Zeitungsausschnitte über das geplante Jüdische Museum usw. in den Briefkasten legt?

    ...ein anderer Jugendbrauch ist es, sich im Norden abends die Birne mit Extasy und Hemba-Hemba vollzuknallen (meine Vermutung) und anderntags,Vorsicht, zerkrümelter Radkasten auf der Fahrbahn am ersten Arbeitstag nach den Ferien erst mittags nach Hause zu fahren, um nachmittags 16.00 am Arbeitsplatz zu sein - das kann schon mal zu überhöhter Geschwindigkeit beim Annähern an andere Verkehrsteilnehmer und Blechknautscherei und Massenkarambolage führen (Führerschein gibts ab 17, heutzutage, und im fortgeschritteneren Twen-Alter rächt sich das). Muss ich nicht haben und will Auf Wiedersehen, Kinder!ich nicht wieder erleben. Folge war, dass wir acht Wochen ohne fahrbaren Untersatz blieben und kein einziges Mal das an sich liebenswerte, aber in nahverkehrsfreier Umgebung und 28 km von hier gelegene Freibad aufsuchen konnten. Angeblich kriegen wir noch Geld wegen Verzicht auf Mietwagen-Inanspruchnahme, mal sehen. Falls das eine Klima-Demonstration sein sollte, prima, wir haben in den ganzen heißen Sommerwochen keinmal das Auto benutzen können, weil es in Erwartung ausbleibender Ersatzteile auf dem Werkstatthof rumstand. Danach wurde es uns aber sehr nützlich, weil wir beim Attentat auf die Bundesbahn nicht zu Hause bleiben oder uns ohne Reservierung in corona-verknubbelte übervolle Ersatz-Züge zu quetschen. Wir nahmen unseren restaiurierten Oldtimer und an dem Tag haben wir unsere CO² Bilanz wieder deutlich normalisiert. Und ich konnte üben, das Unfalltrauma abzuschütteln, wann immer die Bremslichter des Wagens vor mir aufleuchteten. Insofern sage ich der Jugend von heute, besonders den Kids, die so verpeilt sind, dass sie ihren Tornister nach vorn schnallen statt auf den Rücken, für die gemachten Erfahrungen, und dass sie mich an die fällige Säuberung der Rollladen mahnt, Danke! und - bis zum Wiedersehen im Hospiz, ihr als Zivis (so nannte man früher das Wartungspersonal der Pflegeroboter) und ich als Patient - tschüß...!!

     


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  • Im Dezember war's also auch bei mir so weit - weg mit dem guten alten grauen Lappen (und nein, es handelte sich nicht um den ängeblichen "Schriftstellerausweis" einer von mir längst verlassenen Gewerkschaft (Abbildung ähnlich), der mir einst gute Dienste leistete, als ich die BNF in Paris besuchen wollte), den ich so selten vorzeigen musste, dass er praktisch wie neu war, und umtauschen gegen eine blöde Scheckkarte, Lappen versus Plastikkartegenau wie vor gar nicht langer Zeit den noch-nicht-maschinenlesbaren Perso im halben Din A 5 Format, der das bis dato gültige, ebenso unscheinbar grau broschierte Raubvogel-Bestimmungsbüchlein ersetzt hatte. Plattgefahrene Vogelsilhouetten wären ja nun auch auf dem Führerschein die angemessene Deko gewesen, aber wie ich höre, hat ein pensionierter Biologe namens Knutzon mit Flattened Fauna hier bereits ein Grundlagenwerk geschaffen, das auch vom Nebelspalter nicht übertroffen werden konnte. Ich hatte das Dokument erst in meiner fortgeschrittenen Twen-Phase erworben, und da ich seit vielen Jahren kein Auto mehr mein eigen nenne, weshalb, wie gesagt, mein Führungszeugnis blütenweiß und mein graues Kraftfahrzeugführungszeugnis quasi ohne Abnutzungsspuren war - nur das Foto entwickelte sich zurück und erschien seit einigen äh, Jahren denn doch etwas zu jugendlich. Die freundliche Beamtin im Bürgerhaus, die meinen Antrag auf fristgerechte Neu-Ausstellung entgegennahm (die alten sind seit 19. Januar für meine Altersgruppe ungültig), konnte sich vom Anblick meines alten Ego gar nicht losreißen und glaubte sichLappen versus Plastikkarte einer vagen Jugendbekanntschaft zu erinnern - "Larousse, Larousse", wiederholte sie zweifelschmunzelnd, "den Namen kenn' ich doch, auf welche Krankheiten sind Sie spezialisiert, Herr Doktor?" Ich aber verneinte den Dr. med und redete mich auf Germanistik heraus. Behörden gegenüber halte ich gern an meiner "Ingo C. Nito"-Identität fest, bzw. mag es nicht, mit Jugendsünden konfrontiert zu werden, ohne dass ein Schwamm zum Drüberbürsten zur Verfügung steht. Daher verwies ich die Beamtin auf meine ähnlich-namige Nichte, die im Umland des nahen Überschwemmungsgebietes ein Impfzentrum organisiert hat, vielleicht kenne sie den Namen von daher. Einen Lockdown später konnte ich den neuen Permis von der inzwischen umgesiedelten Schalterhalle abholen. Man muss das nicht glauben, aber wegen Restaurierung der Innenstadt ist das zuständige Meldeamt jott-weh-de ins Industriegebiet gezogen, wohin zu Tageslichtzeiten auch alle paar Stunden mal ein Bus verkehrt, aber noch hatte ich ja den alten Schein und den Wagen meiner Frau. Und an dem Bürgerhaus, das in einer Fußgängerzonen-Lauflage beheimatet war, ließ sich die Behörde seit Corona gegen das Volk, dem es doch dienen soll, abschotten, und auch hier - wo man jeden feindliche Aufstand von weit her anrücken sähe, wird das sogenannte Bürgerhaus von einer phantasie-uniform-geschmückten "Security" umringt, die jeden Antragsteller in die Schranken seines Drängelgitters verweist. Wetterharte Typen, Russenmafia, oder haben den Syrien-Bürgerkrieg überlebt. An denen kommt keiner vorbei. "Du wollen wo?" wird man auf Migrantsch angeherrscht, "du gebbe Personalweis, gebbe Führeschein" und schon entschwindet der bärtige Salafist mit meinen Identitätsnachweisen (seh' ich die je wieder?),Lappen versus Plastikkarte zu deren Einsichtnahme sein Job ihn gewiss nicht bevorrechtet, kehrtLappen versus Plastikkarte zurück mit listigem Zwinkern in den Augen, als hätte er mehr für mich rausgeholt, eine trinkgeldwürdige Guttat verübt, und gibt (endlich!) den Weg frei. Nach einigem Murren eines zweiten uniformierten Sbirren (Bemängeln meiner Mundschutzvorrichtung) durfte ich an einen Schalter treten, hinter der eine wesentlich ältere Bürokraft saß und grußlos nach meinem Begehr fragte. Sie interessierte sich keinen Deut für mein Jugendbildnis und bellte statt dessen: "mal kontrollieren, ob alles stimmt", und ich sinnierte nach, ob mein Geburtsdatum auf der Plastikkarte stimmte, während sie meinen recyclebaren alten Führerschein mitleidlos mit UNGÜLTIG überstempelte. Nicht nur, dass der Austausch eine schöne Stange Gebühren kostet - ich hatte den Fahrlehrer bezahlt, die Prüfungsgebühr und was nicht alles, und jetzt wieder. Die alte Erlaubnis berechtigte zum Betrieb von allerlei Lastkraftwagen, die ich heut nicht mehr lenken darf! Die vor Weihnachten kurz aufblinkende Chance zum  beruflichen Neubeginn im britischen Speditionsgewerbe, wo es seit dem Brexit an fahrendem Volk fehlen soll, ist damit zunichte gemacht. Wie hab ich mich auf den Linksverkehr gefreut! nicht rechtzeitig ins Ausland abgesetzt, Pech. Und war der alte Permis auf Lebenszeit ausgestellt, so verliert die Scheckkarte ihre Gültigkeit automatisch nach 10 Jahren, dann darf man wieder beantragen und blechen. Allerdings bin ich dann Mitte 70 und sehe schwarz, ob man dann noch am Straßenverkehr teilnehmen darf, angesichts des Jugendwahns in unserer so schnellfahrenden wie kurzlebigen Zeit!


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  • Zwei Dichter der Jetztzeit sind auf einmal gegangen, beide zu früh und "nach schwerer" bzw. "langer Krankheit", wenn Wikipedia hier zutreffend berichtet. Geboren 1943 und 1959. Verlust auf beiden Seiten, für die männliche und die weibliche Sprache, wenn man an diesen Unterschieden festklammern will. Moment mal - ist Sprache denn nicht gleich, verbindlich für beide Geschlechter? Bussard auf dem Ast etwas näherDa braucht man nur mal einem Beziehungsknatsch zuzuhören - Bussard auf dem Astund damit meine ich nicht eheliche Auseinandersetzungen über Haushaltskram, ich denke eher an die Intransigenz meiner Heranwachsendenzeit. Ich bin ja in einem reinen Männermilieu groß geworden und kannte kaum Frauen - vorwiegend meine Mutter, die der paterfamilias der Familie war und ein emanzipatorisches Idol (jedenfalls für alle, die sie nicht persönlich kannten). Heute habe ich eigentlich fast nur Frauen zu Freund*innen. Na, jedenfalls ging es damals ziemlich hoch her, wenn Frauen und Männer aneinander gerieten, "coming-out" und Feminismus bereicherten den Geschlechterkampf um ganz neue Dimensionen. Und Sprache wurde andauernd thematisiert, Dazwischenreden und Nicht-zu-Wort-kommen-lassen, und wehe, wenn an der nichts auszusetzen war, dann hatte man eine brutal-aggressive oder passiv-repressive Körpersprache, wenn man z.  B. die Beine übereinander schlug oder es sein ließ und sich so manspreading-mäßig hinsetzte. Sei's drum, tempi passati! Ich finde, der Tod zweier Dichter auf beiden Seiten ist ein Riesenverlust, die sind beide viel zu früh gestorben, die hätten doch noch tolle Sachen schreiben können! Aber komisch, um ein an sich läppisches Gedicht wie das von Gomringer (nicht: Nora) an der Alice-Salomon-Hochschule (Adveniday y fiores y mujeres oder so) hätte man wenig Federlesens gemacht, - ich glaube nicht mal, dass es zu feministischen Kontroversen geführt hätte. Viel schlimmer, dass das "lyrische Ich" ein müssiggehender Flaneur ist und die Arbeiterklasse und ihre Ausbeutung nicht vorkommen! Das Provozierendste an dem Gedicht für weibliche Leser ist wohl der Schniepel des Autors, der für manche Zimperliesen ständig präsent ist ("what's in a woman's mind"), Bussard auf dem Astobwohl er doch gar nicht im Text-Bild auftaucht. Dass das ein grottenschlechtes und billig gefertigtes Gedicht und weitgehend aus dem spanischen Vokabelheft plagiiert ist, hat in der Debatte kein Mensch gesagt, für mich wäre das aber ausschlaggebend, wenn jede/-r PassantX damit behelligt wird. Muss das sein, kann man nicht eine Leuchtschrifttafel machen wie im Airport und das Gedicht alle paar Minuten gegen ein anderes austauschen? Heute ziert diese Wand nach fruchtlosem Debattengeschnatter (ein Dichter Enzensperger, nein, nicht Hans Magnus, sondern mit p im zweiten Wortteil, schrieb ein Anti-Gedicht gegen die Frauen - sinngemäß, aber nicht so schön gereimt wie ich das jetzt mache: "bitteschon, dann eben nicht, nie wieder schreib ich auf euch ein GSignatur von Ludwig Felsedicht" murmel, grummel, groll ... ein armes Schwein, habt doch ein wenig Mitgefühl, meine Damen!), jetzt aber, an der Alice Salomon-Schule also, wie gesagt, ein Text der verstorbenen Barbara Köhler, das bestimmt jedes Gender-Erdbeben überleben wird, so eine schwersttheoretische Reflexion über SIE und SIE, dass man das eine klein und großschreiben kann und das Ihre missverstehen usw., und die Frau natürlich in der Sprache des Seins vom schreibenden (oder lesenden?) Mann zum Verschwinden gebracht wird, so in der Art - bzw. ich zitiere Wikipedia: "Ein zentrales Anliegen ihres Werkes ist es, weibliche Perspektiven – und ihr Verschwinden –Koelner Stadtwappen an einem Bahnhof in Denken und Grammatik sichtbar zu machen" - das Gedicht kann, wer will, in dem Artikel von der Wand (Foto) ablesen. Von Babara Köhler hatte ich mal ein Suhrkamp-Bändchen, finde es aber nicht mehr, meine Erinnerung an die Gedichte ist auch nur vage. Na klar, denn Frauen "verschwinden" ja nicht nur "in Grammatik" (und wo verschwinden Sie so, Herr Andersch? in Providence). Die Gedichte hTitlel Ludwig Fels, Platzangsaben mich nicht überzeugt, sie hatten etwas Unschlüssiges, wenig Entschiedenes und ich fürchte, ich habe es beim letzten Eisernen-Besen-Staubwischen im Regal mit ausgekehrt. Dafür Ludwig Fels, von dem hab ich allerlei gelesen und zwar mit großer Begeisterung. Dass das Männerprosa ist, merkt man sofort - "im Puff wedeln müde Freier mit den Geldscheinen, im Night-Club fliegen Schleier und Pelze", ob das eine Frau so geschrieben hätte? oder ""Er gähnt auf ihr. Sie hat ihr Geregeltes", das würde doch heute als frauenfeindlich verunglimpft. Mir gefällt der Ludwig Fels, als Schreiber (nicht als Person, der sah ganz gut aus), hatte er eine Hackfresse und warf gern mit Provokationen um sich. Er schrieb über ziemlich miese Existenzen, aber nicht so amüsant wie Charles Bukowski seine Wichsvorlagenprosa für gutbürgerliche Gymnasiasten, sondern niederträchtig, eklig und angeekelt. Von Barbara Köhler erfuhr ich, sie habe ewig in Köln an der "Hochschule für Medien" Literatur unterrichtet, im Gegensatz zu Fels hab ich sie nie bei einer Lesung erlebt. Wahrscheinlich wird ihr ("Ihr"?) Name mit ehernem Griffel in die Literaturgeschichte eingemeißelt, und Ludwig Fels kriegt allenfalls ein Graffiti mit dem Zimmermannsbleistift auf dem Parnass-Plumpsklo, falls es da eins gibt. Ihm wird das recht sein. Übrigens sah ich heute früh einen Bussard, der sich nicht stören ließ, nur indigniert nach mir umdrehte. Es passte ihm wohl nicht, dass ich ihn fotografierte, das ließ er sich anmerken.


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  • zwei Models zeigen Wanderklamotten aus dem Lidl Prospekt

    "Heut regnet's hoffentlich nicht mehr", murmelte Wunnibald Wanderkluft skeptisch, indem er seinen Teleskop-Walking-Stick entschlossener ins Erdreich links und rechts des staubigen Pfads stieß, - der doch eigentlich steil bergauf gehen sollte. Hatten sie sich denn verlaufen? "Dein Wort in Gottes Ohr", japste seine Freundin Wanda Sidekick luftschnappend mit ihrem unsicheren, idiotischen Dauergrinsen. Die Begleiterin hatte ihre liebe Not, dem wettergegerbten Globetrotter zu folgen, der wohl schon bereut haben mochte, sie auf die Tour zum Arigscheis (heißt wirklich so) mit seinen über zweitausend Höhenmetern mitgenommen zu haben. Warum hatte sie aber auch darauf bestanden, dass er den quietschblauen Sporttornister mit den gelben Plastikschließen nahm, während sie den Trekking-Rucksack für sich beanspruchte, wo die Brotzeit, eine Thermosflasche mit gesüßtem Kamillentee und zwei Knusperriegel gut und gern auch in die seitlichen Reißverschlußtaschen ihrer roten, atmungsaktiven Softshell-Jacke hätte packen können...

    ...ihre Ehe war nun auch in die Jahre gekommen, dachte Wunnibald, Kindersegen hatten sie gehabt und in LYCRA®-Strampelanzüge gezwängt, aber seit langen Jahren waren er und Wanda in Rente und bevorzugten modemäßig die outdoor-Serie der Zermatters, denn wie oft kann das nasse Element einen unversehens überraschen! Ihre Vorfahren, die gemeinsam die Schulbank gedrückt und Lausbubenstreiche ausgeheckt hatten, machten Zermatt mit der Zeit zu dem, was es heute ist - nicht „nur“ Guides und Schneesportlehrer fand man unter ihnen, in "unseren Reihen", wie die Zermatters gerne sagten, "findest du auch Sportartikelverkäufer, Skiservicemänner, Hüttenwarte, Restaurateure, Hoteliers, Helikopterpiloten, Bergretter, Profisportler und viele andere." Und Frauen? Werden die in Zermatt nur als Servierkräfte beschäftigt? Frauen leisten auch das ihre, flechten Rosen ins irdische Leben usw., und vermögen weit mehr als man(n) ihnen zutrauen möchte! Seine Wanda fiel auch nicht mehr so zurück beim Trekking wie damals, als sie noch keine Walking-Stöcke benutzte, inzwischen hatte sie welche, wenn sie auch immer noch in einigem Abstand hinter ihm ging. Das dumme Grinsen hatte sie abgelegt. Er aber hatte gut lachen! Und doch... Manchmal kam es ihm vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass sie gemeinsam an der Bushaltestelle im Wartehäuschen saßen und dem strömenden Regen zusahen - ohne diese wunderbaren wind- und wasserdichten Bionic-Regencapes mit versiegelten Nähten, die ihnen in jeder noch so katastrophalen Wetterlage helfen würden...

    ...hier also waren seine Eltern damals im Unwetter ertrunken. Wladimir Wanderkluft sah sich mit gemischen Gefühlen um. Zu seiner Rechten lag der See, der damals von dem wochenlangen sturzflutartigen Dauerregen zurückgeblieben war, ruhig und unbewegt, ein bißchen zu ruhig fast. Aber das war das Problem mit Regencapes - als Faltboote konnte man sie nicht benutzen, auch wenn man sie noch so stramm zwischen vier Teleskopstöcke spannte, um ein Floß daraus zu basteln. Hätten sie ein Seil dabei gehabt! Er, Wladimir, hatte es sich eine Lehre sein lassen und verzichtete konsequent sowohl auf Wanderstab als auch Regencape, aber ohne Seil ging er nicht auf Bergtour, auch wenn niemand mehr da war zum Abseilen. Sollte der Regen kommen, das Donnerwetter doch dreinschlagen, ihm, dem Vollwaisen, würde das auch nichts mehr ausmachen. Er zog das Andachtskreuz aus dem Rucksack, der ihm von seiner Mutter noch geblieben war, befestigte es mit dem gelben Warnseil am Stamm der grünen Baumstamms, der über den See hinausragte... Ein kleines gerahmtes Bild der beiden, wie sie als Jungwanderer fröhlich dem Arigscheis zugestrebt waren, stellte er daneben und zupfte noch den Trauerflor zurecht. Dann erhob er sich. Nun Gott befohlen! Möge das elterliche Andenken anderen eine Mahnung sein! und mit diesem Gedanken trat er den Heimweg an.

    Nächste Woche: Wie sich Ulla Underpants und Marlon Maxigröße beim Besichtigen dieser schäbigen, unrenovierten Mietwohnung mit dem Rippen-Heizkörper kennenlernen und einen blauen Couchsessel teilen - und dabei den "letzten Tango von Paris" nachspielen.

    Lidl-Unterhemdenwerbung für Frauen und Maxigrößen


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  • Vorgestern war es so weit. Am  18. November 2019, kurz nach 20.00, hörte ich "es" zum ersten Mal in der Tagesschau. Eines dieser neuen, ekelhaften Wortbratzen, eins der schlimmeren. Der Wortmüll, den ich immer wieder bekämpft habe,  von "Car-Sharing" über "Team-Teaching" bis zum "Steil-Schiet", und selbst die "Chance auf" seien dagegen geschenkt, das ist schon Schnee von gestern, hundertfach gesendet und gedruckt. Aber jetzt kam der Hammer, eine Stimme von sprühender junger Weiblichkeit sprach es fast vergnügt aus, im Kontext einer Erklärung zu irgendeinem Datenwahnsinn - irgendwelche Daten seien durch die und die Programmiertechnik auch nunmehr....

    zuordenbar

    Tja, jetzt ist es heraus. Gehört habe ich das Wort wohl gelegentlich schon, aus mehr oder minder berufenem Munde, und jedesmal bin ich zusammengezuckt wie bei einem knirschend-quietschenden Misston, mit der Gabelspitze über die Schiefertafel sozusagen, oder als säße ich in der Probe zu einer meiner Lieblingssinfonien, ausgeführt von einem Taubstummen-Orchester im Hospiz zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade. Es waren aber immer ganz harmlos dummdeutsch-sozialisierte Sprachgenossen, die den stinkenden Bratzen ahnungslos fallen ließen, nicht grade Nachrichtensprecher, Politiker oder "Arbeiter der Stirn und der Faust(-interpretationen)", die es besser wissen müssten.

    Es ist auch nicht so, dass sich die Redaktion nun schämt - weit gefehlt. Im Gegenteil!! Gebe ich den Namen "Tagesschau " und das Quatschwort bei Google ein, stellt sich heraus, dass sich die Redaktion längst angewöhnt hat, dieses Wort zu benutzen. Nicht nur in Leserkommentaren, auch Meldungen wie am 7. 11.2019: "Spahn-Gesetz im Bundestag: Ist die digitale Arztpraxis sicher?" da wird ein gewisser Armin Kessler von der Linkspartei ohne Anführungszeichen zitiert, mit der Besorgnis, einzelne Patientensätze seien trotz Anonymisierung leicht "zuordenbar". Nachfolgepartei der SED! Liest man die Stasi-Unterlagen, fällt einem überall die Verrohung der Sprache auf. Bei den Geheimdiensten im Westen ganz ähnlich: Auch in dem NSA-Untersuchungsbericht des "Selektionsbeauftragten" der Bundesregierung Kurt Graulich stößt man auf Sprach-Sondermüll: "Auf dieser Stufe werden die Selektoren anhand eindeutig zuordenbarer technischer Parameter auf G10-Relevanz überprüft..." womit z. B. die Vorwahl +49 gemeint sein soll. 

    Freunde! Feinde! Lasst uns innehalten, Luft holen und bei allen Gegensätzen daran festhalten: "Zuordenbar" ist kein Adjektiv! Das lassen wir nicht zu! So ein Ungetüm kommt uns nicht in den Wortschatz! No pasarán! Und wenn es morgen kanonisert wird, weil Neologismen der Tagesschau automatisch DUDEN-relevant werden? Bitte: Zwar kann man etwas zuordnen, dies oder das kann eventuell noch "zuzuordnen" sein, es wird aber durch noch so schöne Parameter nicht "zuordenbar". NEIN, NEIN, NEIN! Wollt ihr das womöglich noch steigern, z. B. behaupten, dieses oder jener Parameter sei noch "zuordenbarer" als die Vorwahl +49, und wir suchen anschließend noch im ganzen weiten deutschen Sprachraum nach dem "zuordenbarsten" aller denkbaren Parameter? Was hätte Kant dazu gesagt? "Obwohl geistesgeschichtlich noch der Epoche der Aufklärung zuordenbar", schreibt ein gewisser Heinz-Kurt Wahren in einem Buch, "kann man ihn als ersten Philosophen der Neuzeit betrachten". Auf Kants Lehre der Deduktion beruft sich auch Markus Arnold in Die Erfahrung der Philosophen (Wien/Berlin 2010), wo es S. 302 heißt, "Daher sollte auch in der transzendentalen Deduktion die Frage nach dem Geltungsbereich der Gesetze eng mit der Frage verbunden sein, welche Art von Handlungen und welche Art von Gesetzen dem transzendentalen Subjekt zuordenbar sind"... Und selbst das Immanuel-Kant-Gymnasium zu Tuttlingen lässt in der Datenschutzerklärung seines Webauftritts verlauten. "Diese Daten sind nicht bestimmten Personen zuordenbar..." Lässt sich diese Schrumpfgrammatik in den Köpfen denn gar nicht mehr vermeiden? "Sprache ist lebendig", hör ich die Beschwichtiger schon. Na klar, Sprache ist lebendig! Besser noch, anders als vieles andere Lebendige kann sie sich nicht wehren gegen diejenigen, die sie in den Mund nehmen. Sie kann gekaut oder ausgespieln, geknetet oder geknechtet werden, man kann sie verhunzen und verstümmeln, sie kann alt und hutzelig darüber werden. Wollt ihr das??? Aber wenn das alles nicht abhält, dann vielleicht dies: Wenn sich das Wort "zuordenbar" durchsetzt, werden auch noch andere Verben in dieser Weise adjektivisiert. Und dann droht außer den hunderttausend humorigen Friseurs-Wortspielen mit "Haar", "Head", "Schnitt" usw. usw. auch noch eine ungeahnte neue Springflut bescheuerter Kneipennamen, nach "Unvorstell-Bar", "Unkünd-Bar" "Bar-Code", "Bar jeder Vernunft" wird es nun die "Zuordenbar" geben, dort kann ein jeder ordentlich ordern, wenn er oder sie nicht zu zu oder die Bar schon zu ist...


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