• Flugkunstmeile Raderdoll

    Dass es eine Fertigsaucenmarke namens "Grillsportverein" gibt, war mir bis zu meinem Besuch im "Globus" gestern abend noch unbekannt geblieben. Meise am FutterhausNun stelle ich fest, eine Webseite dieses Namens weist das gleiche Logo auf.Kunstmeile Longerich Wahrscheinlich sind die auch zugleich der Produktvertrieb, jedenfalls beliefern sie diesen Supermarkt im Kölner Nordwesten mit  entsprechend gelabelten Grillsoßenflaschen. Auf der Webseite finden sich außerdem verschiedene Tipps und Tricks - nichts tut der Grillsportvereinspräsident so gern wie Grillsportvereinsneulinge zu belehren -, und entsprechend rät er (so im Wortlaut): "deshalb halte immer eine Gasflasche in Bereitschaft halten", oder schimpft, angesichts eines versifften Grillrosts: "Dagegen sind zentralafrikanische Metzger, die ihr Fleisch ohne Kühlung an der Straße verkaufen, Hygienefanatiker." Die raue Sprache paßt zu den Grillsportvereinsmeiern. Da fällt mir ein, dass Grillsport auch so eine Sportart ist, die genannt werden könnte,Eingang zur Physiotherapie wenn meine Schwägerin in der Praxis neue Klienten empfängt. Sie ist Krankengymnastin und fragt routinemäßig, was für Sportarten die Betreffenden denn bisher , wenn überhaupt, betreiben. Da kommt dann manches Mal "Sauna" und "Massage" als Antwort. Ich würde ja "Schach" oder "Denksport" sagen. Nun also vielleicht auch Grillsport, der bestimmt auch eines Tages zu den olympischen Disziplinen gehören wird. Und der Grillweltmeister hat denn bestimmt kein Diplom von der ersten Deutschen Grill- und Barbecueschule Erfurt in der Tasche, noch gehört er zu jenen österreichischen Illuminaten, die sich als "Glutschwestern und -brüder" bezeichnen und für die eine "gemeinsame Grillphilosophie eine wichtige Säule ihres Ess- und Lebensphilosophie" ist, noch hat er die Nederlandse Kampieonschappen hinter sich gebracht, sondern der Weltmeister kommt aus Japan oder besser noch vom Nordpolarmeer, wo er sich vor dem Grillen der Pinguin wings im Algenbeet noch einen Wodka von Frank S. Thorn hinter die Binde kippt. Und wir Kölner ärgern uns, dass uns schon wieder eine sportliche Disziplin entgangen ist, in der wir brillieren könnten.

    Wilhelm I.-Denkmal, LongerichLongerich ist nicht wirklich kunstfeindlich, immerhin hat man hier ein altes Denkmal, das noch an Sedan erinnert und den Kaiser Wilhelm I. verherrlicht, der sich im Gegensatz zu seinem Sohn aus Kunst- und Kultursachen heraushielt. ZengartenBei meiner Schwägerin in der Praxis waren jetzt auch wieder die Beteiligten der Kunstmeile Longerich ausgestellt, und zwar die bewährte Kombination von fernöstlichen Zimmer-Zengärten, in denen kein Baum und kein Strauch wächst und bestimmt auch kein Miniaturgrill angeworfen wird, wenn Freunde den Europapokal feiern, und wunderschönen ziselierten Scherenschnitten, in denen es von Schatten und Pflanzen nur so wimmelte. Der Fernost-Kollege brachte einen Freund mit, der ganzen Scharen von Besuchern Schnupperkurse in Tai Chi Qui Gong anbot, er selber verkauft die kleinen Sandkästen auch, in denen man mit Miniatur-Rechen und Schüppchen wellige Strukturen zeichnet, Würde man sie in freier Natur anlegen, könnte man sich als greiser Zen-Klosterbruder profilieren, müsste aber mit entsprechendem Gleichmut zur Kenntnis nehmen, dass die gleichmäßigen Linien bald vom Winde verweht sind.Zen-Garten-Ausstellung Es sei denn, man gräbt sie mit Bulldozern oder Schaufelbaggern in die Landschaft, in Friesland habe ich auf Plakaten Hinweise auf solche Bauspielplätze für unterforderte Erwachene gesehen, die nach Feierabend den Sturzhelm aufziehen und einfach mal ein bißchen Kies, Steine oder seltene Erden durch die Landschaft schurbeln möchten.

    Da halte ich mich lieber an die schweigsamen, meditativ ruhenden oder nachdenklich betrachtenden Schattenbilder, die auf den Scherenschnittcollagen mit Pflanzensilhouetten kombiniert sind. Die Künstlerin Kornelia Löhrer hatte schon vor zwei Jahren hier ausgestellt, und einige ihrer Werke mit passenden Motiven hängen als ständige Deko im Flur der Praxis. Manche dieser Bilder kann man auf einer Eklablog-Seite mit dem Titel "[moving shadows]" sehen. Meist sind die Größenverhältnisse vertauscht, der Basilikum ragt über den Rollerbuben hinaus, hüfthoch wuchert Petersilie oder Minze, in dessen Gebüsch sich ein tapsiges Kleinkind verirrt. Die farbig collagierten Hintergründe signalisieren unterschiedliche Witterung und wechselndes Klima, vermute ich; zugleich werden Bildräume eröffnet, die je nachdem weit gespannt oder winzig eng sein können. Ich spüre außerdem immer ein leises Staunen oder fast Erschrecken der Schatten vor den Pflanzen, eine stille defensive Verzweiflung, die ich in ein Gedicht zu bannen versuchte:

    Dem WimmelbildKornelias Scherenschnittcollagen
    filigraner Verzweigung,
    feinstem Pointillismus
    morscher Krümel
    stehen wir
    nicht nach.

    Flink, nicht durstigständige Ausstellung im Physiotherapieflur
    im Erdreich gründelnd
    wie ihr, die Buntschönen,
    in deren Sprache
    der Mensch, der euch hegt,
    liebend grüßt:Kunstmeile Longerich, Physiotherapie Trent

    Schwarze Barbaren,
    wachsen wir ihm
    über den Kopf.

    Euch knickt oder mäht er.
    Uns tilgt aus,
    was euch nährt:
    Licht.

    Die Schlussverse dieses Gedichts finden sich übrigens auch auf einer Künstler-Edition, die ich bei einer Drogistenkette von einem Qualitäts-Duschgel bestellt hatte. Leider merkten die Besucher der Ausstellung fast gar nichts davon und selbst die Mutter der Künstlerin fand es unangemessen, dass die Krankengymnastin ihr Duschgel auf einem Podest vor der Wand mit den Kunstwerken abstellt. Auch sonst wurde an diesem Tag nichts verkauft, und die Leiterin der Kunstmeile Duschgel-Sortiment mit Scherenschnitten- deren Motto "Augenblicke, Momente und Begegnungen“ lautet - rauschte nur kurz herein, reichte mir geistesabwesend die feuchte Flosse und verschwand umgehend wieder mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft der Chinafreunde e. V., Partnerschaftsverein Köln-Peking (nach Ai Weiwei wollte ich ihn nicht fragen, damit er das "Gesicht nicht verliert"; nachher hat er kein zweites in der Tasche und es ist ja nicht einfach, ein passendes wiederzufinden), weil in dieser Straße kurzerhand noch eine zusätzliche "Chinatown"-Meile einfach last minute so draufgepackt werden sollte, evt. gab's da Geld von der Stadt Köln für. Vom Reich der Mitte kriegte man aber abgesehen von einer obligatorischen Mini-Disco-Kugel (hatte sich ebenfalls jemand last minute als Logo auserkoren), einer daneben baumelnden Flugkunstmeile RaderdollAsia-Restaurant-Laterne à la "red lantern house" und einem gegenüber ausgestellten Kitschdrachen mit CocaCola-Schriftzug gar nichts mit. Wartezimmer der Physiotherapiepraxis TrentZen-Ziergärten sind ja nun auch nicht grade chinatypisch, die passen mehr für Japaner, die freimütig an das Laufpublikum verteilten Glückskekse hatten die koreanische Glückskatze auf der Verpackung, aber wahrscheinlich denkt man in Longerich, egal, Schlitzauge ist Schlitzauge. Das Interesse von dieser Seite hielt sich jedenfalls in Grenzen, und mit meinem Lesungsangebot, das ich im letzten Jahr noch selber im Heilig-Geist-Krankenhaus organisiert hatte, war ich schon im Vorfeld ausgebootet worden, einfach nicht mehr eingeladen, eine Buchhändlerin macht das wohl jetzt mit anderen Dichtern. Na, egal, zu verdienen war da sowieso nichts und ich hatte auch gar keine Zeit. Immerhin kam ein netter Fotograf vom Kölner Wochenspiegel, ob die Schattenkünstlerin aber in die Bilderstrecke kommt, steht noch nicht fest. Zen-Ziergärten sind ja nun auch nicht grade chinatypisch, die passen mehr für Japaner, die freimütig an das Laufpublikum verteilten Glückskekse hatten die koreanische Glückskatze auf der Verpackung, aber wahrscheinlich denkt man in Longerich, Schlitzauge sei Schlitzauge.Flatternde Meise

    Wahre Künstler sind auch die Vögel, die wir hier noch immer ständig zu Gast haben und von denen schon der letzte Blogbeitrag berichtete. Sie hätten gerne, dass wir noch mehr Discokugeln hinhängen, die allerdings nicht aus einem Mosaik von Spiegelscherben,Papagei am Knödel sondern aus Fett und Körnern bestehen sollten. Inzwischen haben sich der Rotspecht und der Papagei auch über die Meisenknödel hergemacht, während die Meisen das Wildfutter-Vogelhaus für sich entdeckten, und jetzt ist des Tirilierens und Pirouettierens kein Ende mehr. Diese "Babymeisen" (ich meine auch, einen Baby-Rotspecht gesehen zu haben) nutzen unseren Balkon zugleich als Flugschule. D. h., sie starten vom Fliederbusch oder von der Tanne, schweben Meise flatternderst in rhythmischen Wellenbewegungen heran, landen punktgenau, picken einmal oder auch gar nicht, huschen kerzengerade davon, manchmal im Sturzflug nach unten, oder sie platzieren sich auf dem Geländer und trudeln hubschrauberartig in einem Satz hoch, um am Knödel zu landen, oder sie treffen auf andere Meisen, indem sie "in der Luft stehenbleiben" (ganz klappt es nicht, Meisen sind keine Kolibris, aber immerhin, sie imitieren ihre exotischen Artgenossen) oder wild umeinanderflattern, oder trabantengleiche Kreise um den Knödel ziehen, oder sie zischen paarweise ab und machen einem dritten Platz... nur wenn der Papagei oder der Buntspecht am Knödel hängen, im Vergleich zu ihnen riesige Tiere, dann trauen sie sich nicht ran und kommen erst wieder, wenn "frei" ist. Für dieses wilde Völkchen und seine Flugübungen habe ich in der neu eröffneten "Fressnapf"-Filiale in der Koblenzer Straße den 20-%-Eröffnungsrabatt wahrgenommen und weitere Knödel gekauft, aber die selbstgefüllten Cashewbeutel und das Futterhäuschen mit geschälten Sonnenblumenkernen vom Aldi kommen durchaus nicht nur specht und schlecht an, bei Papa- uind Mamagei, Grün- und anderen Finken, bei Meisig und Zeisig.


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