• Mit diesem Türchen möchte ich einen Spruch unter die Leute bringen, den ich mir vor Jahren selber ausgedacht habe, obwohl er längst von einem anderen aus der sog. Frankfurter Neuen Schule überholt worden war, von dem von den Elchen, die früher zu den "selber welchen" gehörten. Mein Spruch lautet: "Nur notorische Linkesspur-Fahrer ärgern sich über notorische Linksspur-Fahrer". Gut, ne? Der Satz ist wie von Descartes gemeißelt, selbsterklärend, des Beweises weder bedürftig noch fähig, er hat das Gepräge der Wahrheit. Ihm liegt natürlich eine Beobachtung von Tatsachen zugrunde, die wir alle erleben, wenn wir die deutschen Autobahnen benutzen, und ich habe ihn mir nicht am Steuer ausgedacht, sondern als Beifahrer. Heute will ich mich aber selber damit ermahnen, denn ich ärgere mich in letzter Zeit recht oft über Autofahrer, die an ziemlich unübersichtlichen Kreuzungen Gas geben, auf ca. 60 bis 70 km/h beschleunigen und die Ampel gern auch noch bei Gelb auf Rot überfahren.

    Türchen sieben

    Wieso ich bei fortgesetztem Adventskalender-Türenöffnen immer moralisierender werde, weiß ich nicht - vielleicht liegt es an der Emblematik, die mir als Form den Inhalt vorgibt, oder daran, daß ich mir keinen Plan mache und diese Einträge Tag für Tag spontan formuliere. Das Abfüttern mit moralinsauren Gurken aus dem Glas ist einfacher als das Zubereiten von Spaßhäppchen. Das Überfahren der Kreuzungen ohne Freischaltung durch "Grün" ist vor allem im Berufsverkehr und in der dunklen Jahreszeit (gut, manchmal auch im Sommer direkt nach den Großen Ferien, wenn die Fahrer die schlechte Angewohnheit aus dem Süden mitgebracht haben) eine ebenso tägliche Erscheinung. Manche Fahrer sind auch vom sog. "grünen Pfeil" verführt und biegen mit qualmenden Reifen in die Zebrastreifen hinein, ohne vorschriftsmäßig abzubremsen, nicht selten stoppen sie dann kurz vor einem Radler, den sie nicht gesehen haben, oder sie machen sich durch gewaltsames Weiterfahren Platz, welcher Radler nimmt es schon mit einer Tötungsmaschine von soundsoviel Hubraum auf. Natürlich gebe ich zu, daß auch ich als Pflastertreter auf zwei statt vier Gummisohlen mitunter die Fußgängerampel mißachte - aber nur, wenn seit mehreren Minuten völlig freie Bahn und keine feindliche Erscheinung in Sicht ist, also sonntagmorgens um halb sieben oder auf dem plattesten Land. Meine Bitte an alle Autofahrer, tut es nicht! Geht nicht über Rot bzw. zieht nicht ggf. bei Vorhandensein einer Blitzanlage einen Strafzettel über 500 Mark ein. Ihr gefährdet nämlich euch und andere, z.B. mich!


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  • Das heutige Bildchen spricht auch nicht für sich. Mit den Doppelbuchstaben ist das so eine Sache, hier möchte man ein Z dazwischenschieben! Seit es diese orangefarbnen Tüten gibt, die manche Hundebesitzer demonstrativ um den Griff der Hundeleine wickeln, beweisen sie einem damit: Wir DÜRFEN alles verdrecken, denn wir machen es ja hinterher sauber. Und ich frage mich immer, mit welchen Gartengeräten sie die vom Urin kontaminierten Rasenstücke ausstechen, um sie anschließend in ihre orangenfarbenen Tüten einzufüllen. Und ob sie die dann gereinigt zurückgeben. Denn, so ist es nun mal im göttlichen Ratschluss der Peristaltik beschlossen, was hinein muss, muss auch wieder hinaus, und es kommt nicht immer in aufsammelbarer Form heraus. Interessant sind bei dem Bild unten auch die Größenverhältnisse Hund - Herrchen - Tüte!

    Türchen sechs

    Aber auch die zahlreichen Autofahrer, die früher ihren Ölwechsel auf dem Grüngürtelparkplatz gemacht haben, dachten, das versendet sich. In der Tat riecht man das, was die Umwelt zerlegt und vergiftet, meistens nicht. "Mach dir schon mal Sorgen, Einzelheiten später" lautet ein Telegramm im bekannten Witzwort. Und das passt eigentlich immer, so auch zur Energiewende, zur Klimakatastrophe und zum Mautchaos. Jetzt wollen sie die Autofahrer "befreien" von einer Zahlungsverpflichtung, die erst mühsam durch Gesetze hineinkonstruiert wird. Aber die Befreiung wird gottlob turnusgemäß von der nächsten Bundesregierung wieder ausgesetzt, damit Frau Merkel nicht gelogen hat, als sie das Gegenteil versprach.


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  • Wohin das heutige Türchen führt, kann sich jeder denken, es ist ja deutlich genug mit Symbolbild charakterisiert. "Wenn's Herzlerl brummt, ist's Arscherl g'sund" (Sprichwort). Die wahre Liebe empfindet der Klobesucher nicht nur zur eigenen Produktion, sondern auch zu dem, was er konsumiert, nämlich zum Buch. Nirgends hat man Zeit zu lesen, immer kommt was dazwischen, man wird gestört oder stört sich selbst auf, weil einem irgendwas zu Erledigendes einfällt. Nur auf dem Klo stört einen (wenn man das Glück der Alleinnutzung hat) keiner. Gabriel García Marqéz hat in seiner Autobiographie Leben, um davon zu erzählen erzählt, wie er den Don Quichotte des Cervantes nie recht hat lesen und daher nicht begreifen können, was so gut daran sei, bis er ihn auf dem Klo las, und da hatte er Zeit dazu. Das las ich übrigens neulich auf dem Klo, nachdem ich zuvor ebendaselbst die Blendung von Canetti sowie sämtliche Bände seiner Autobiographie (und vorher Teile von Tristan und Isolde im mittelhochdeutschen Original) dort gelesen hatte, z. Zt. lese ich von Theodor Plivier: Der Kaiser ging, die Generäle blieben.

    Türchen fünf

    Wir geben zurück nach Erfurt in unser thüringisches Studio, wo gerade der erste "linke" Ministerpräsident gewählt wird. Neulich hörte ich Wolf Biermann im Bundestag und dachte trotz des verbitterten Gezeters, der ist noch immer "einer von uns", schon die Art, wie er die Gitarre schrummt, und ja, selbst die Art, wie er sich (was manche meinen) lächerlich macht. Stellt euch vor, der ahlglatte Niedecken oder ein Kokainkomiker wie Konstantin Wecker hätte dort gesungen.  - Da fällt mir ein, dass gestern der 75. Geburtstag des Künstlers Harald Nägeli war. Auch so einer, der mein Heiliger geblieben ist, weil er sich nicht angeschleimt hat, nie und nirgends. Ich hatte seinen Totentanz noch in der Entstehung gesehen, morgens in aller Herrgottsfrühe, die Farbe war noch fast frisch. Da lugten schwarze Strichmännchenskelette um die Ecke, krochen hinter Stromverteilerkästen hoch oder wickelten sich um Laternenpfähle. Das alles geschah in den Endsiebziger Jahren im Banken- und Episkopats-Viertel, wo das Diözesanarchiv an die transparenten Panoramascheiben der Druckerei der klerikalkapitalistischen Rundschau grenzt. Da sah man morgens, wie sich die Glaspaläste belebten, wie die Kultpokale und bestickten Paramente im Priesterbedarfsladen schimmerten, gleich daneben das edle Besteckinstitut WMF mit angeschlossenem Tafelmuseum, und wenn man wollte, guckte man in der Rotationsdruckerei zu, wie die den ganzen Verblödungszusammenhang in Form von Zeitungspapier wieder ausspie. Zeitungspapier, das man hinterher wohin trug? Jawoll, aufs Häuschen, denn die Wasserspülung war im östlich gelegenen Stadtteil Vingst noch nicht überall selbstverständlich, da zapfte man wirklich noch Wasser vom Brunnen, wenn auch die Herztüren (Abbildung ähnlich) schon Folklore waren. In Vingst gingen übrigens auch regelmäßig die Fernsprechzellen zu Bruch, das war so ein Hobby der jungen Leute, denen die Umwelt schroff und abweisend und unveränderlich erschien, das einzige, was sich kreativ bearbeiten ließ, war der Glasbruch der gelben Teflonhäuserl. Da hat Harald Nägeli Abhilfe geschaffen, nicht, dass es vor ihm keine Graffiti gegeben hätte, man sprühlte allerlei politische Parolen ("FREIHEI") an die Wände, aber er gab den Punks und ihren Nachfolgern ein künstlerisches Thema vor: Narrenhände besprühen heute die Wände, wo früher ein Meister sparsame gestalterische Akzente in die vermeintlich geschlossene Architekturlandschaft setzte. So wie ich vorhin die eine, zur baldigen Spülung bestimmte teokallisch gestufte Pyramide in die Keramikabteilung.


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  • Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens. Und was noch besser ist - heute ist das Gestern von morgen! Darum habe ich ein sinnloses Kalenderblatt als Kalenderbild zu bieten.  Ich fand es zufällig, als ich in Belgien spazierenging. Vielleicht liegt es immer noch in Blankenberge am Strand? Interessant sind die Bildchen oben rechts und links - zerrissener Rosenkranz und ein Sämann (wegen Zaalmand). Was hat das zu bedeuten?  Dann die seltsamen Heiligen des 20. Oktober. Der Heilige Wendelin von Trier soll um 580 in den Vogesen als Einsiedler gehaust haben. Seine Gebeine zählen zu den besterhaltensten frühmittelalterlichen Reliquien überhaupt. Von der heiligen Bertilla, gest. 1922 an einem Tumor, lese ich in Wikipedia: "Sie arbeitete zunächst in der Küche und schloss später in Treviso eine Ausbildung zur Krankenschwester ab. Aufgrund von Konflikten mit ihren Vorgesetzten wurde sie dann aber mit anderen Aufgaben betraut." Zur Heiligsprechung waren aber ihre Lazarettdienste im Ersten Weltkrieg ausschlaggebend, denke ich. Über die heilige Aurora finde ich ein Theaterstück von 1801 über die Beziehung Vivaldis zu einem der ihm anvertrauten violinspielenden Waisenkinder: Aurora, oder dunkel sind der Rache Wege. zweiter Teil des Schauspiels Aurora, das Kind der Hölle!  "Der Heilige heiligt alles, selbst gebrochene Eide", sagt die Aurora im Drama eines gewissen Julius Graf von Soden, der übrigens für E. T. A. Hoffmanns Oper Der Trank der Unsterblichkeit das Libretto schrieb. Der Heilige Aderaldus war Gefangener bei den Sarazenen gewesen, bevor er freikam (wie?) und in Troyes an der Seine einen Kalvarienberg baute. Der am Ende genannte Heilige Vital war aus Irland gekommen und missionierte im Pinzgau herum, bevor er als Bischof und Abt von St. Peter in Salzburg verstarb, laut Martyrologium Romanum 646. "Friert's am Tag von St. Vital, / friert es wohl noch 15 Mal" soll eine alte Bauernregel lauten. Das könnte natürlich auch für Vital aus Ravenna (28. April) gelten!

    Türchen vier

    Die Hauptheilige dieses Kalenderblatts, Äbtissin des Klosters Mortain in der Normandie, starb um 1125. Sie hatte den Orden der Dames Blanches gegründet; ein hübsches Kloster hoch oben auf den Falaisen, mit Säulenhof. Bei der Gründung half ihr Bruder mit, der hieß auch Vital: nachdem er 17 Jahre ein asketisches Leben geführt hatte, "beschäftigte er sich" - so Wikipedia - "mit dem Heil und der Errettung der umgebenden Bevölkerung und leistete praktische Hilfe für die Ausgestoßenen, die sich um ihn scharten." Ferner war er "bekannt für seinen Eifer, unempfindlich gegen Müdigkeit und ausgesprochen furchtlos." Klingt reichlich blumig. Der Schutzheilige für Mobbingopfer? Sonst haben die Viten wenig zu bieten. Da war Wenzeslaus von Trier (gern mit Wendelin verwexelt) ein anderer Schnack, laut Wikipedia soll er die kalte Ente erfunden haben, eine Art Bowle aus Wein und Sekt. Vielleicht wurde er deshalb nicht heiliggesprochen? Er hat außerdem, als die Franzosen kamen, den Heiligen Rock von Trier vor Unbill bewahrt, indem er ihn erst auf die Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz brachte und später auf verschwiegenen Umwegen nach Augsburg, wo Wenzeslaus seinen bischöflichen Alterssitz hatte. Der Nachfolger von Napoleons Gnaden hat den Heiligen Rock 1810 wieder nach Trier gebracht.


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  • Diese von Halloween übriggebliebene Hexe steht an der belgischen Nordseeküste und hat ein Problem. Sie ist nicht gruslig! oder findet irgendwer die in einen ollen Vorhang gewandete, mit filzigen Wollhaaren bewachsene und sechsrädrige Dame aus anderen Gründen grauenerregend als aus solchen, die mit der ästhetischen Emission zusammenhängen? Könnte sie, beispielsweise, eine Invasion von Kriegsschiffen von der Kanalküste fernhalten? Sagen wir so: die Phorkyaden, die Wache halten am Eingang zum Garten der Hesperiden, von denen sich Mephisto einen Zahn und ein Auge leiht, diese mythischen Gestalten könnten mich mehr abschrecken als diese kunstlos zusammengefrickelte Juxfigur. "Hexen" sind in der Regel ältliche, zum Esoterischen neigende Damen, ich kannte selber mal eine, die recht stolz auf ihr Handwerk war. Sie mixte sonderbare Tränke aus Heilkräutern aus ihrem Garten, hatte allerlei Werkzeug von der Glaskugel zur Klangschale im Wohnzimmer und war in einem Frauenkabarett für die Klavierbegleitung zuständig; improvisierte Musik war für sie auch eine Esoterik-Komponente. Leider verstarb sie 1994 an Krebs. Sie war emanzipiert und ein bißchen verrückt, hatte einen sehr lieben Mann, der ihr den Rücken freihielt für ihre zahlreichen kreativen Unternehmungen.

    Türchen drei

    Aber wir wollen nicht das schöne alte Gedicht vergessen, das da mit dem immerwährenden Refrain an Toleranz und Willkommenskultur erinnert: "Hexen sind ja gar nicht so". Von diesem Kindergedicht sind mir außer dem Refrain noch zwei Zeilen erinnerlich, "Märchen vom gebrat'nen Kindel / sind ein ausgemachter Schwindel!" - Tremate, tremate, le streghe son tornate! war hingegen der Schlachtruf feministischer Italienerinnen der 1970er Jahre, so richtig zum Zittern gebracht hat mich der Feminismus nicht, natürlich hat er mein Leben (mit-)geprägt, aber nicht mehr als die Abwehr von Hitlers Invasion auf den britischen Inseln. Das geglückte Manöver soll nach Gerald Brousseau Gardner ein Trupp Hexen unter Führung von "Old Dorothy Clutterbuck" auf der Insel Man ohne Blutvergießen bewirkt haben. Sie bildeten am Strand einen sog. "Kraftkegel" und sangen und zauberten so lange, bis die deutschen Kriegsschiffe wieder kehrtmachten. Demgegenüber wurden die Kanalinseln 1940 am 30. Juni (Guernsey), 1. Juli (Jersey), 2. Juli (Alderney) und 3. Juli (Sark) von deutschen Truppen ohne hexische Gegenwehr erobert. John Vivian Nettles, der (inzwischen pensionierte) Inspector Barnaby aus der bekannten Fernsehserie, der zuvor auf Jersey in einer anderen Kommissarsrolle als "Jim Bergerac" ermittelte und im Triumph Roadster über die Insel düste, hat ein interessantes Buch über diese NS-Besatzungszeit in England geschrieben.


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