• Türchen drei

    Diese von Halloween übriggebliebene Hexe steht an der belgischen Nordseeküste und hat ein Problem. Sie ist nicht gruslig! oder findet irgendwer die in einen ollen Vorhang gewandete, mit filzigen Wollhaaren bewachsene und sechsrädrige Dame aus anderen Gründen grauenerregend als aus solchen, die mit der ästhetischen Emission zusammenhängen? Könnte sie, beispielsweise, eine Invasion von Kriegsschiffen von der Kanalküste fernhalten? Sagen wir so: die Phorkyaden, die Wache halten am Eingang zum Garten der Hesperiden, von denen sich Mephisto einen Zahn und ein Auge leiht, diese mythischen Gestalten könnten mich mehr abschrecken als diese kunstlos zusammengefrickelte Juxfigur. "Hexen" sind in der Regel ältliche, zum Esoterischen neigende Damen, ich kannte selber mal eine, die recht stolz auf ihr Handwerk war. Sie mixte sonderbare Tränke aus Heilkräutern aus ihrem Garten, hatte allerlei Werkzeug von der Glaskugel zur Klangschale im Wohnzimmer und war in einem Frauenkabarett für die Klavierbegleitung zuständig; improvisierte Musik war für sie auch eine Esoterik-Komponente. Leider verstarb sie 1994 an Krebs. Sie war emanzipiert und ein bißchen verrückt, hatte einen sehr lieben Mann, der ihr den Rücken freihielt für ihre zahlreichen kreativen Unternehmungen.

    Türchen drei

    Aber wir wollen nicht das schöne alte Gedicht vergessen, das da mit dem immerwährenden Refrain an Toleranz und Willkommenskultur erinnert: "Hexen sind ja gar nicht so". Von diesem Kindergedicht sind mir außer dem Refrain noch zwei Zeilen erinnerlich, "Märchen vom gebrat'nen Kindel / sind ein ausgemachter Schwindel!" - Tremate, tremate, le streghe son tornate! war hingegen der Schlachtruf feministischer Italienerinnen der 1970er Jahre, so richtig zum Zittern gebracht hat mich der Feminismus nicht, natürlich hat er mein Leben (mit-)geprägt, aber nicht mehr als die Abwehr von Hitlers Invasion auf den britischen Inseln. Das geglückte Manöver soll nach Gerald Brousseau Gardner ein Trupp Hexen unter Führung von "Old Dorothy Clutterbuck" auf der Insel Man ohne Blutvergießen bewirkt haben. Sie bildeten am Strand einen sog. "Kraftkegel" und sangen und zauberten so lange, bis die deutschen Kriegsschiffe wieder kehrtmachten. Demgegenüber wurden die Kanalinseln 1940 am 30. Juni (Guernsey), 1. Juli (Jersey), 2. Juli (Alderney) und 3. Juli (Sark) von deutschen Truppen ohne hexische Gegenwehr erobert. John Vivian Nettles, der (inzwischen pensionierte) Inspector Barnaby aus der bekannten Fernsehserie, der zuvor auf Jersey in einer anderen Kommissarsrolle als "Jim Bergerac" ermittelte und im Triumph Roadster über die Insel düste, hat ein interessantes Buch über diese NS-Besatzungszeit in England geschrieben.


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