• Kältewelle

    Kalscheurer Weiher im Eis

    Was man hier oben sieht, ist kein Beispiel von "Abstraktem Expressionismus", eher Aktionskunst und objet trouvé in einem - so sah nämlich der Kalscheurer Weiher vorgestern nachmittag aus, als wir drauf herumspaziert sind. Gar nicht so einfach, sich zwischen Eishockeystürmern und Schlidderstunts den Weg zu bahnen. Allerdings haben wir jedesmal, wenn es vernehmlich "knack" unter unseren Schuhen machte, das rettende Ufer gesucht und uns gefreut, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.Eislaufen Links ein Bild von dem Tümpel. Nach Breughels berühmter Schlittschuhparty sieht es zwar nicht aus - wahrscheinlichVogel-Wasserloch waren der Decksteiner Weiher oder der Teich im Volksgarten viel bevölkerter. Aber wir haben einen echten Kiosk, betrieben von der rührigen Bürgerinitiative, in dem man Kaffee und Kakau für einen EUR serviert bekommt. In milderen Monaten kann man da auch Ruderbötchen mieten, darf aber nicht so nah an die Vogelinsel mitten auf der Wasserfläche ran wie jetzt zu Fuß (Verbotsschilder hindern dran). Wir waren mal kurz hinspaziert, denn die Wasservögel waren von mildtätigen Parkschützern und Vogelwarten zwischenzeitlich ausquartiert worden, da nicht mal das Wasserloch mehr geöffnet war. Aber die Vogelinsel ist nicht wirklich interessant, von Gestrüpp überwuchert und erweckt den Eindruck, dass man hier nicht nur in Vogelkacke treten kann, wenn man die Böschung erklimmt. Unser südstädtisches "Alstervergnügen" hielt sich aber insgesamt in Grenzen, auch wenn es immer ein paar Leute am Büdchen (rechts im Bild) gibt, die sich Kuchen, Kaffee oder ein ordinäres Bier bestellen.  Immerhin hat keiner auf der Eisfläche Kastanien auf Öltonnenfeuer gebraten, wie ich das mal auf dem Sund in Stockholm gesehen habe, im Winter Büdchen am Kalscheurer Weiher1999/2000 war das, glaub ich, als ich mit einem Stipendium der Nobelpreisakademie einen Vortrag am slawistischen Institut hielt, für eine Appel & Ei-Miete bei Quäkern wohnte und in müßigen Nebenstunden in Uppsala Briefchen aus dem 19. Jahrhundert las...

    Welche Nachrichten man auch einschalten wollte in den letzten Wochen, "die Kälte" oder wahlweise "der Winter" hatte uns "fest im Griff". Wenn die Kälte Hände hat, hat sie mir vielleicht den einen Handschuh geklaut, den ich seit einer Fahrt nach Bonn und seit dem Bedienen eines Briefmarkenautomaten vermissen musste. Vielleicht zog ich den Handschuh aus, um das eiskalte Geld aus der Tasche zu holen und in den Automaten zu stecken. Einstieg am RheinkaiNatürlich bin ich dreimal zu dem  blöden Briefmarkenautomaten zurückgekehrt, aber nichts zu finden, es war auch schon ein-zwei Tage später. Wir waren auch am Rhein, die Treppenstufen am Kai waren ebenfalls ziemlich zugefroren, der Rhein selber aber fließt normal weiter, weil er vom heruntergespülten Kühlturmwasser unserer lieben stromerzeugenden Kraftwerke genug aufgeheizt wird. HundeschuleNur von älteren Anrheinern oder aus historischen Dokumentationen erfährt man gelegentlich was von treibenden Eisschollen auf dem Fluß, wie wir sie mal vor Jahren in Frankfurt auf der Oder gesehen haben. Da kommen bestimmt auch, von Scholle zu Scholle, blutgierige Wölfe herüber - von Osten, versteht sich! Vor Wölfen muss man sich allerdings im Grüngürtel nicht in Acht nehmen, hier laufen einem höchstens Gebrauchshunde über den Weg, die an drei Tagen in der Woche von einer in der Nähe gelegenen Hundeschule ausgebildet und wahlweise blindentreu oder mannscharf gemacht werden. Vielleicht sollte ich mir einen treuen Bernhardiner aus dem Abiturjahrgang abholen, der mir zur Not den verlorenen Handschuh apportiert. Gegen ein Fäßchen am Halsband mit irgendeiner stärkenden Flüssigkeit drin und entsprechendem Zapfhahn dran hätte ich natürlich auch nichts einzuwenden.

    Auf unseren Spaziergängen sind wir sonntags immer gern auf der Pirsch nach was Süßem, normalerweise liefert das Café Metternich den zweitbesten Käsekuchen, aber neulich wollte ich mal in Bayenthal nachsehen, das ist die Gegend hinter dem Nobelhaufendorf Marienburg mit vielen Jugenddstil-ErbvillenArchitektenhaus in Bayenthal und den noch immer hier ansässigen Konsulaten. Bayenthal ist mehr stadteinwärts gelegen. Hier finden sich viele Architektenbüros, Anwaltskollektive, "Stiftungen" und "Institute" und "Academys" mit formschönen Messingschildern am Portal. Hier sind die seniorengerechten Eigentumswohnungen für den immer noch prallen, aber bescheideneren Geldbeutel. Da muss es doch jede Menge Omis und Opis geben, die Geld genug haben, es in ein Traditionscafé zu tragen. und tatsächlich - von dem Architektenbüro mit dem seltsam in den Altbau hineinplatzierten roten Würfel an liefen uns lauter Menschen mit lila eingeschlagenen Kuchenpaketen entgeTannenbaum mit Styroporschneegen, die aus einem  Café Hirsch in der Goltsteinstraße kamen. Wir gingen in das Café und fanden wirklich einen freien Platz. Kuchen war auch nicht übel, vielleicht nicht ganz so überragend wie der im Metternich, aber ganz passabel. Und es war die Hölle los, vermutlich, weil es in der ganzen Südstadt kein Traditionscafé in dieser Art mehr gibt, in der Severinsstraße sind höchstens noch Bistros, Kölschkneipen, Tapas-Bars und Dönertheken zu finden und allenfalls noch die mit leicht gammeligem Charme und antikem Schulklasseninventar möblierten Alternativschuppen der Grün-Ökos mit Namen wie "Pauls Schwester". Pauls Schwester heißt übrigens nach meinen bisherigen Recherchen Ruth, weshalb sie aber nicht ihren Namen ins Ladenschild setzt, weiß ich nicht, vielleicht hat Paul die Anschubfinanzierung übernommen oder war der Vorbesitzer - und man könnte wirklich mal einen dieser vanilleparfümierten Kaffees oder Aufgüsse mit frischem Ingwer bei Pauls Schwester bestellen, wenn man einen Platz fände oder auch nur drankäme, denn sie unterhält sich wahnsinnig lang über der Kaffeebereitung mit jedem Besucher und ist offenbar erst nach Ablieferung des Gewünschten (nur für Selbstabholer, an der Theke) offen für neue Bestellungen. Kuchentheke Café HirschAber im Café Hirsch, übrigens der einzige mir bekannte Konditor mit angeschlossenem Torten-Taxi (Lieferung innerhalb einer Stunde!) und selbsternannter "Spezialist, wenn es um frische Geburtstagstorte in Herzform" geht, findet man auch nicht leicht einen freien Platz, weshalb sich hier viele den Kuchen von der Theke nach Hause mitnehmen. Aber man wird auch bei Spitzenverkehrszeiten pünktlich bedient. Und was man beim Hirsch noch findet, im Schaufenster nämlich und das offenbar noch seit Weihnachten: einenTannenbaum, der sich von selber von oben bis unten einschneit, zwar nicht mit richtigem Schnee, aber mit Styroporkügelchen, die aus dem Stamm in der Mitte nach oben hervorsprudeln und den Baum wieder und wieder mit Weiß bedecken, wobei die Kügelchen in eine Auffangschale (umgedrehter Schirm) herabperlen, um von dort wohl angesaugt, hydraulisch nach oben befördert und wieder ausgespuckt zu werden. Tauet, Himmel, den Gerechten, Wolken, regnet ihn herab! Sehr originell, besonders um diese Jahreszeit, wo man sowieso dauernd mit spontanem Schneefall mit anschließendem Räumkommando auf dem Viertelkilometer Bürgersteig vor dem Haus rechnet, und bald auch mit Styroporkügelchen, Luftballons und Bonbonpapieren, denn Ende der Woche beginnt das Karnevalstreiben in unserem Städtchen...


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  • Commentaires

    1
    Kornelia
    Mardi 14 Février 2012 à 21:34

    Gute Reklame, der nachdenkliche Konditormeister vor der abverkauften Auslage. Kurze Zeit später jedoch kam zwei Konditorgesellen hinzu, mit mehreren frischen Tortenplatten und die Theke war wieder üppig gefüllt.  Der Umweg vom Rheinufer zum Café Hirsch lohnt sich.

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