• Wurfgut von der Montagsrose

    Wurfgut von der MontagsroseKarneval bietet eine Fülle von Möglichkeiten, sich zu amüsieren. Eines davon ist das Einsammeln von Süßigkeiten, welche Karnevalsprinzen und -diven aus unerfindlichen Gründen vom Triumphwagen herab auf die Häupter der Maskierten herabregnen lassen. In der unbedeutendsten Wurfgut von der MontagsroseStichstraße aller Stadtviertel Wurfgut von der Montagsrosefand wie schon in den Vorjahren auch diesmal ein solcher pompa triumphalis statt, und wir bückten uns - wenn auch nur selten -nach dem Wurfgut, das z. T. aus gesunden Kohlehydraten, Traubenzucker, Päckchen mit Papiertaschentüchern, Erdnüssen ins Tetrapacks bestand, ich ließ das Meiste herumstehenden Kindern in die aufgesperrten Taschen fallen. Nicht so am Rosenmontag, dessen Umzug nach Auskunft glaubwürdiger Zeugen der entspannteste seit Jahren war (viele Fremde blieben weg, obwohl sie doch hätten aus Düsseldorf, Münster, Mainz und Co. anreisen können, wenn es schon in ihrer HeiWurfgut von der Montagsrosematstadt ausfällt), von da wurde mir überreichlich zu Teil! Übrigens mussten alle Festwagen von der Hand oder mit dem Traktor gezogen werden; Banner und Fahnen wurden von mehreren Personen quer gehalten, alle sonst berittenen Spaßsoldaten gingen dieses Jahr zu Fuß, was ich mir in den Reiterstiefeln, die als "Schusters Rappen" eher nicht wandertauglich sind, unangenehm vorstelle. In dem kurzen Umzug auf der Stichstraße gab es auch ein Reiterkorps, da hatten sie Steckenpferde am Zügel und führten einen hölzernen Gaul auf Rollbrett in der Mitte. Aus früheren Jahren her dachte ich noch immer, die Gratisverkostung sei Schleichwerbung für die Leckereienindustrie, inzwischen drucken die Karnevalsgesellschaften ihre eigenen Logos und Sprüche auf die Packungen. Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes ist wohl der Präsident. Die Colombinen, ein noch nicht so alter Karnevalsverein, haben eine Präsidentin, und natürlich auch Reiterinnen und Festwagen, den ein männlicher Pastor auf den namen "Cosima Colombina I." getauft hat. Meine persöliche Karnevals-Delegierte kam jedenfalls mit einem Riesensack voller Süßigkeiten und einem Blumensträußchen nach Hause.

    Sambagruppe

    Natürlich hatte ich nach gewissen Erlebnissen Sorge, bei dem kleinen Straßenfest meinen übelwollenen Nachbarn zu begegnen, Wurfgut von der Montagsrosedie mich wahrscheinlich am liebsten als Nubbel verkleidet an der Straßenecke erhängt und meinen Leichnam am mardi gras um 24.00 unter Dankgesängen verbrannt wüßten. Aber niemand von "denen" ließ sich blicken. Das Haus liegt zwar nur auf der anderen Seite der Main Street, aber wie in einer anderen Welt. Hier waren fast nur entspannte, Wurfgut von der Montagsrosekarnevalistisch kostümierte Zeitgenossen zugange, die sich mit großem Ernst in den Gesichtern der Brauchtumspflege widmeten. An die Spitze des Zugs hatten sie einen baumlangen Äthiopier delegiert, der begeistert begrüßt wurde, dahinter kam ein hübsches Kind mit dem Mottoschild, das dann minutenlang in der Stofftasche nach Süßigkeiten kramte. Eine Gruppe namens Campingplatz Liblarer See führte statt des Triumphwagens ein Ruderboot mit, ein Chor, der statt Kamelle rote Zettel mit Terminen für "offenes Singen" verteilte, sang zur Begleitung von Violine und Gitarre den Uralt-Hit von Johnny Cash Ring of fire, ich gröhlte das bei einiger Textkenntnis mit, aber der so verstärkte Chor konnte sich trotzdem nicht gegen das allgemeine Humba-Humba durchsetzen. - Natürlich habe ich mir auch dieses Jahr die sog. "Stunksitzung" angetan, in der TV-Übertragung und im Rundfunk, ich fand aber die Witze abgestanden und stunklangweilig. Diese elende political correctness, das Aufzählen aller Reizthemen ohne sie wirklich politisch umzudrehen und auszubeuteln, dazu dieser ewig primitive auf Klatschmarsch bedachte Húmor (betont auf der ersten Silbe) mit absehbaren Pointen. Nur die Parodien der Köbes-underground-Band waren eine dazwischen gereichte Erfrischung und einigermaßen lustig. Dafür gefiel mit die Puppensitzung im Hänneschen, der ich schon mindestens 3x beiwohnen durfte, wurde auch im TV übertragen.Wurfgut von der Montagsrose

    Wurfgut von der MontagsroseUnd dann starb ja noch Rodscher Willemsen, über die Toten nichts Schlechtes, aber nachdem es zum Ausklang des Karnevals immerzu tönte, "Philosoph".... "Autor von Sachbüchern mit Dauerplatz auf der Bestenliste"... "einer der wichtigsten Intellektuellen der Bundesrepublik" ward es mir dann doch ein wenig blümerant zumute. Diese dauerbegeisterte Quasselstrippe, Schwatzheini mit Neigung zum Politik-Ersatzgetue (ein Jahr den "Reichstag" zu jeder Sitzung besucht!), Hansqualm in allen Fernsehgossen incl. -kanälen und Anhänger von 9/11-Verschwörungstheorien hat ausgegackert, das kann ich gutheißen, wenn ich ihm auch gern viele schweigsamere Lebensjahre gegönnt hätte. Eigentlich war er das, wovor mich meine Mutti immer gewarnt hat, von der hörte ich immerzu, ich solle mich nicht verzetteln, endlich mal entscheiden, "was du tust, das tue ganz" usw., aber heimlich hätte sie mich viel lieber auf so einer Medienfiffi-Raketenspur gesehen als in der Sackgasse wissenschaftlicher Spezialisierung. Jede Hanswurstiade braucht ihren Wichtigtuer, im Hänneschen ist das der Speumanes, und das war in diesem Fall Rodscher (ich weigere mich, das irgendwie "germanisch" auszusprechen, bin ich bescheuert oder heißt Henry Purcell auf deutisch auch Heinrich Purzel?) W. Aber im Karneval muss es auch Krokodile geben, wegen der Krokodilstränen. Diesmal trafenGespenst auf dem Dach wir eins im Speicher, wo die Mieterin im obersten Stock ein externes Klamotten- und Möbellager auf der Allmende beansprucht. Über Monate hinweg werden hier Uniformen für eine ganze weibliche Brigate nere ausgelüftet, trocken sind sie wohlgemerkt, vielleicht auch sauber, ich hatte mir lange schon vorgenommen, das Chaos zu fotografieren und dabei ist mir auch ein Beispiel für magische Auraphotographie gelungen. Wörtlich schmetterte man mir zum Willkommen die Worte entgegen: Mit so jemandem wie Ihnen rede ich ja gar nicht. Wurfgut von der MontagsroseAber es gab dann doch eine heftige chemische Kettenreaktion aus der Richtung. Ich wurde nämlich bei meinem Fotografieren fotografiert und da hab ich etwas zurückfotografiert. Das Gespenst - wir nennen es GETZ nach seiner liebsten Grußformel (Handschriftenproben und computertetippte Pamphlete habe ich auf diesen Seiten schon dokumentiert) - ließ aber nicht viel von sich sehen. Beziehungsweise, markantere Kennzeichen habe ich entfernt, der Dutt ist nicht richtig zu sehen, und gegen Internetfotografie hat sich GETZ schon auf einer Liste verewigt, die im Internet herumschwirrt und auf der ein nicht-nur-Namens-Vetter von mir ebenfalls unterschrieben hat. Das Hausgespenst flatterte noch ein zweites Mal hinter uns her, gegen acht, als wir den letzten Korb nach oben gebracht hatten. Es versuchte, unsere Hinterköpfe zu fotografieren (was es da in der Hand hält, ist die Kamera, auf der nun mein Haarkranz gespeichert sein dürfte), es Wurfgut von der Montagsrosehatte gar nicht gemerkt, dass wir einfach Leine gezogen haben, Wurfgut von der Montagsroseund zwar wörtlich, damit wir auch ein bescheidenes Plätzchen in dem ausgebuchten Closed-area-Bereich haben, den sie für ihre Domäne hält, und der eigentlich allen Mietern gehört. Keine zwei Minuten nachdem wir weg waren ging im Dachfenster ein Licht auf, ich hab's vor der Tür gesehen, da wurde nachkontrolliert, ob wir uns nicht an dem Chemisarden-Battailon vergriffen hatten. Siehe: jetzt ist alles leer, und vermutlich deshalb, weil mit unseren neuen Strippen selbst die gesamten Columbinen Kölns nicht mehr die "Mallorca-Taktik" üben können Da sich das Gespenst in dem Moment wegdrehte, als meine Kamera auf sie gerichtet war (während meine Lebensabschnittsgefährtin ihrem Objektiv charmant zulächelte), ist hier die Diskretion garantiert,und man kann auch nicht an der käsig verquollenen, von rötlichen Quaddeln (vgl. noch erkennbar die Pickelspuren am Oberarm) und Krampfadern durchwirkten Complexion der Dame auf ihre Identität rückschließen. Der verbitterte, jeden Eindringling ins Erdgeschoss zurückscheuchende Mundwinkelzug ist ebenfalls nicht zu erkennen. Na, egal, alle die sich von der Autorin mancher merkwürdiger Kritzeleien, die ich hier gezeigt  habe, mal ein Bild machen wollen, müssen mit diesem Stern vorlieb nehmen.

    Wurfgut von der MontagsroseAm Schluss fegte man auch in der Stichstraße den Mob von der Straße, und das scheint auch gelungen, denn diese Truppen sorgen auch für einen umweltfreundlichen Karneval, der keine klebrigen Bonbonreste im schmuddeligen Pfützenpflaster zurücklässt. Ein "Stehenbleiben, wir kehren um"-Schild haben wir als Platzverweis aufgefasst, laut Faschingsmotto "wir stellen alles auf den Kopf". Organisiert wird das ganze übrigens u.a. vom Eigentümer der Gyrosdreherei Happy-Schappi, einem Imbißbudenbesitzer aus Hellas, wo die Residenz des lokalen Dreigestirns (Prinz, Bauer, Jungfrau jeweils Frauen, dieses Jahr) ist. Nachdem ein anderer Veedelszug hier in der Gegend mangels Kohle ausfiel, dachten sich die Anwohner, egal, wir machen das trotzdem, auf unsere Art. Natürlich setzen sie auch Ordner ein, die liefen mit pappenem, marmoriertem Kopfschmuck herum, auf denen "Leitz-Ordner" zu lesen war.


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