• ...wie Ovid-19, nur mit C davor!

    "Ja, unzeitiger Tod entheiliget alles Geweihte, und an Alles was ist, legt er die finstere Hand...
    Da die Edeln der Tod wegrafft, verzeiht das Geständniß, werd' ich, daß Götter es nicht gebe zu glauben versucht."

    Seine Totenklage um Tibull - zuletzt sind die Zeilen 19 f. zitiert - datiert aus dem Jahr 19 vor Christus - im gleichen Jahr schrieb er die Tragödie Medea (verschollen), den Briefroman Heroides, ein pharmakologisch-kosmetisches Lehrgedicht (eine Art Rezeptsammlung in Versform) namens De medicamine faciei feminam und  eine Gigantomachie, die nie fertig wurde: Publius Ovidius Naso, dem ich als Lateinschüler eine ziemlich dicke Nase in das Lehrbuch gezeichnet habe. Tja, und hier begrüßt ein Zitat des Dichters jeden Flaneur, der vorbeikommt - Zufall? und dass wir am Balkongitter einen (dachten wir bisher) Sektkübel haben, der nach einer grassienden Seuche benannt ist - auch Zufall? Wie der Kommissar im Krimi sagt, es passt alles zusammen, vielleicht ein bisschen zu gut???  BlumentopfTja, während das öffentliche, kulturelle und schulische Leben mehr oder minder ausdröppelt, um nächste Woche ganz zu versiegen, leeren sich auch die Supermarktregale, um desto rapider aufgefüllt zu werden. Z. B. sah ich Freitag nur noch ein schimmeliges Paket Klopapier und am nächsten Morgen um 7 türmte sich der Nachschub bis unter die Decke, dafür null Kartoffelpüree, Mehl, Nudeln bis auf ein Päckchen Lasagne. Aber wer beschreibt mein Erstaunen, als ich vom Kassierer im Drogeriemarkt erfahre, auch dort hätten die Leute um 7 Uhr Schlange gestanden und die Öffnung des Ladens um 8 abgewartet, wo sie sich um die letzen Desinfektionsmittel balgten, und nicht nur das, die Regalmeter gähnten leer selbst dort, wo sonst das blödsinnig teure Biozeugs - Emmerkrümel, Spelzmüsli, Amaranth, Haferpops und Instant-Hirseschleim in bräunlichen Tüten herumsteht bis zum Sankt Nimmerleinstag, alles weg und abgeräumt, Prepper haben sich damit versorgt oder Spekulanten, die nach sechs Wochen Hungersnot Schwarzmarktpreise für ein zum Goldpreis abgewogenes Tütchen Dinkel verlangen. Im Raum Osnabrück wollte jemand, wie man hört, mit 50 Tüten Mehl im Einkaufswagen durch die Kasse, sollte nur 20 kaufen dürfen (auch nicht grade eine haushaltstypische Menge) und wurde gewalttätig, als ihn der Kassierer anwies, die Beute zurückzubringen - herbeigerufene Polizeischergen transportieren ihn wutschnaubend ab.  Wir krallten uns noch drei bis vier Packungen Thymiantabletten und überhaupt bin ich ja weit und breit der einzige Besitzer einer Schutzmaske. Morgen geht meine Liebste damit in die Schule, um die Eltern mit kriegswichtigen Berufen zu trösten, die können sich ja nicht selbst um ihren Nachwuchs kümmern wie 99 % der Bevölkerung zugemutet wird. Hat irgendwer mal gefragt, ob der studirenden Jungmenschengeneration das Verblödungstrauma droht, weil Bildungsinhalte nicht mehr vermittelt werden? Nö, es geht nur um die "Betreuung", aller sonstige Bedarf ginge ja auch per Internet oder Weißnixpedia. Ach, diese ganzen Grund- und Weiterführenden Schulen waren bloß Kinderbewahranstalten? Dummerweise ist bei einer Berufsschule, an der meine Liebste unterrichet, gar nicht mit Nachfragen zu rechnen, denn die Schüler müssen in die Betriebe, wenn Schule ausfällt. Heute schon waren wir spazieren (am Sonntag), und jede Menge beschäftigungsloser Halbwüchsiger streunten durch den (noch begehbaren) Park, denn die Schwimmbäder, Muckibuden, Bars, Solarien, Saunas, Tanzzelte und Hiphopp-Clubs sind geschlossen, ebenso die Kirchen (Dom nur noch für nachweislich Betende geöffnet), Museen, manche Bibliotheken - in der UB Köln bisher der Handschriftenlesesaal, da hab ich selbst ein, zwei Jahre täglich gesessen und ein Manuskript über die Französische Nationalversammlung abgetippt, und außer mir war immer nur die Aufsichtsperson anwesend - wenn es hoch kommt, ein oder zwei andere Benutzer, die da alle paar Tage mal kurz reinguckten. Wenn überhaupt, wär man da sicher vor dem Fremdkontakt und der Seuchenhysterie.


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  • Commentaires

    1
    Lundi 16 Mars 2020 à 01:46

    So richtig traurig ist ja, dass wir nun zwei Wochen Ferien geschenkt bekommen und nirgendwohin fahren können. Der WDR fixt uns heute Abend an mit Sendungen über die Niederlande: Wunderschön und Rockpalast. Die Grenze zu Holland ist wohl noch offen, aber was nutzt es, sogar der Keukenhof ist dicht.

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