• Von Hand gemalte Schilder

    Im Allgäu fiel mir auf, wie oft Hinweisschilder mit der Hand gemalt sind (zum Vergrößern einfach draufklicken).

    Holz lagern verbotenKeine Durchfahrt50 km Radar

    Man beachte den Sinn für Farbgebung und Design, z. B. die Unterpünktelung rechts oben!

    Mir wollen diese Warn- und Hinweisschilder aber auch wirksamer (alarmierender) erscheinen, als wenn es sich um ein behördliches, in Blech gestanztes Verbot handeln würde. Und "Radar" schreckt mehr vom Gasgeben ab als "Kinder"! Allgäuer scheinen seit alters her gern schriftlich mit ihrer Umgebung zu kommunizieren, wie diese im Schwäbischen Landwirtschaftsmuseum zu Illerbeuren gezeigten Haus-Inschriften nahelegen.

    Hausinschrift Illerbeurenlinks: "wer allen Leiten recht thun wil und kan der lösh mich aus und shreib sich selber an"; unten: "wan einer will bauen an weg und Strassen der muß die Herren reden und die Narren dadlen lassen".

    Hausinschrift Illerbeuren 2Ich muß noch herausfinden,
    was das Wort "Dadlen" bedeutet. Grimm-Wörterbuch: Fehlanzeige. Vermutlich "Tadeln"...

    ZiegenstallWelcomeBesonders hat mich ergriffen, an der Tür zu einer Bauernkate aus dem 18. oder 19. Jahrhundert das Schild "Welcome" zu lesen - damals schon Denglisch? Aber die Umwidmung eines offenbar aufgegebenen Gasthofs zum Rathaus geschah auch ganz unkompliziert, mit einem draufgepinselten Titel (wo Dings draufsteht, ist auch Dings drin)...

    WelcomeIn Bad Grönenbach, wo es noch Gasthöfe gibt, hat man den Rauchern das draußen vor der Tür gelegene Rauchereckchen mit einem Wandbild verschönern wollen. Aber
    das HB-Männchen gleich mit zwei Zigaretten
    auszustatten, ist übertrieben, oder?Raucherecke                   

    Das Rathaus fanden wir übrigens in Maria Steinbach. Auch den Hexenhof, gleich neben der Wallfahrtskirche aus dem 17. Jahrhundert gelegen, inzwischen hat man die Hexe wohl ausquartiert und renoviert das Anwesen, und sie wird in der Tagesklinik der Galerie glatt + verdreht in Lindau betreut...HexenhofGalerie glatt und verdrehtMusketierquartierIn einem Turm der Stadtmauer in Memmingen haben die Musketiere, die sicher keine Memmen sind, ihr Hauptquartier - wenn alle paar Jahre wieder Wallenstein einreitet.

    Der handschriftliche Hinweis kann über Enttäuschungen - wenn man zB. kilometerlange Umwege zur Überfahrt über den Fluss auf sich nahm, um zu erfahren, dass die Fähre nur nach telefonischer Voranmeldung kommt und "schwere Räder" nicht transportierbar sind -, hinwegtrösten. Aber auch politischer Protest artikuliert sich im Allgäu gern mit entsprechenden Spruchbändern wie diesem. Zittert, ihr Molkereimagnaten: der Bauer stund auf im Lande!

    mon blog retrouvé...Mueller Milch ProtestWassermann

     

    Und dann gab es noch geheimnisvolle Mitteilungen anderer Art. Im Wald hatte offenbar jemand eine Schnitzeljagd organisiert oder bestimmte, namentlich genannte  Leute ins Abseits locken wollen. Vielleicht in die Schaschlikhölle?schaschlikhölle

    WalterAnnelieses Weg

    Zum Schluss noch das Verbot, die Burgmauer zu betreten (an das sich seit der Zeit der Musketiere niemand gehalten hat, die ehemalige Burg war ein Trümmerfeld, und der Müll hätte gut und gern vier Abfallkörbe gefüllt), und zwei seltsame Mahnungen: "Seid nicht böse!" und (richtet sich das an den Pflasterer?) "Wo hast du vier Jahre gelernt!"

    burgmauer nicht betretenvier Jahre gelerntseid nicht böse

     


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  • Commentaires

    1
    Kornelia
    Mercredi 25 Août 2010 à 11:26

    Wenn Frau mit einem Mann des Wortes reist, dann ist es nicht verwunderlich wenn er nicht nur die Naturschönheiten und die Kunst wahrnimmt, sondern eben auch immer wieder geschriebene Botschaften im Wortsinn zu deuten sucht. Eine sozusagen 'Post Iconic turn' Wahrnehmung.
    In Zeiten der SMS Kurzbuchstaben Nachrichten und des Twitterns, die eben auch wieder Wortbotschaften sind, reichen wir die Buchstaben zurück zu den Menschen und Zeiten, in denen das Bild nicht das entscheidende Ausdrucksmittel war.

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    2
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Vendredi 3 Septembre 2010 à 09:07

    Im Allgäu ist die Welt noch in Ordnung. Jugendliche Sprayer kommentieren ihr eigenes Tun mit der Spraydose: Seit ncht böse. Auf die Rechtschreibung, auf die schlechtere Lesbarkeit des Fahrplans, oder ist es doch ein Aufruf von moralischer Größe? Und in Ermangelung von coolen Großstadtobjekten wie Autobahnbrücken und Hochöfen hinterlassen sie ihre Graffiti dort, wo ohnehin die meisten vorbeikommen, im Wald.
    In Aachen gibt es einen Currypalast, aber die Schaschlikhölle scheint mir doch das interessantere Projekt zu sein.

    3
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Samedi 4 Septembre 2010 à 10:54

    "Wo hast du vier Jahre gelernt" könnte natürlich eine Kritik am Pflasterer sein, der die Steine auf dem Weg nicht zur Zufriedenheit des Schreibers gelegt hat. Aber handwerker lernen doch maximal drei Jahre. Das sit schon sehr geheimnisvoll.

    4
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Jeudi 9 Septembre 2010 à 16:36

    Nicht alles, was die radikalisierten jungen Leute heutzutage vertreten, ist dummes Zeug - manche ihrer Forderungen sind durchaus legitim! So hab ich kluge Erwachsene schon 1970 im Radio schwätzen hören, als die Talkshows noch gar nicht erfunden waren. Ein Aufruf, nicht böse zu sein, verdient unseren vollen Zuspruch. Pro bono, contra malum! Und was den Pflasterer betrifft: Vielleicht fiel er durch die Prüfung oder ist in der Berufsschule sitzengeblieben, und musste deshalb um ein Jahr verlängern? Jedenfalls ist der Saum des Trottoirs von eher dürftiger Präzision, will mir scheinen.



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