• Nach den in Presse, Funk und Fernsehen freigebig ausgestreuten Anamnese-Fragebögen bin ich ein typischer Fall! "Milde Symptome, anfangs, und das dicke Ende kommt nach!" Dauerschnupfen, check, leichtes Halskratzen, check, dizzy im Kopf, check, Gliederschmerzen, check, ab und zu leichter Dünnschiss, check, Fieber? naja, 37, 5 ist schon leicht erhöhte Temperatur. Check! Kurz, ich bin entweder schon ein akuter Fall oder auf dem Weg dorthin. Von Beileidsbesuchen bitte ich abzusehen! Atembeklemmungen keine, ich nehme keinem alten Menschen den Schnaufautomaten weg - wenn es so weit ist: "Laßt mich hier liegen, versucht, die nächste Station zu erreichen!". Hab ich jetzt das dämliche Virus und kann mein "Tagebuch der Coronakrankheit" beginnen (unvermeidlicher Bestseller 2021, ich sehe schon förmlich, wie sie geschrieben werden, "Tag eins" und so...) oder ist es nur ein blöder grippaler Infekt, haha, leichte Erkältung, in vierzehn Tagen ist alles ausgestanden und Sie sind IMMUN??? Zum Arzt kann ich sowieso nicht, der schreibt mich zwar krank, aber es nutzt mir nichts, ich kriege als Freiberufler keine Lohnfortzahlung. Das Halskratzen ist schon wieder vorbei, der trockende Reizhusten hat sich in nassen verwandelt mit "Auswurf", hatte ich letztes Jahr auch, damals dacht ich mir nichts dabei und heute sind das Anzeichen für eine positive Diagnose für die Krankheit, die hier alles lahmlegt. Mein Kontakt zu Personen, die sich in einem besonders gefährdeten  Gebiet aufgehalten haben, hält sich in Grenzen, die tägliche Virenschleuder in der Schule, in die meine Frau nicht mehr gehen muss, könnte natürlich den gewünschten Hintergrund liefern: eine Schülerin von ihr,neben der sie auch noch gesessen hat, um ihr was am Computer zu zeigen, kommt aus Heinsberg bei Aachen, und ihr Vater, nee, der nicht, aber die Lebensgefährtin des Vaters nahm an der berüchtigten Karnevalssitzung teil, die in die Geschichte eingehn wird! Ebenso historisch wie die bevorstehende Aberkennung des Literaturnobelpreses für Gabriel García Marquéz, weil er uns mit seinem dämlichen Roman das virale Klischeewort von "In Zeiten der..." (folgt irgendeine ekelhafte Infektionskrankheit) eingebrockt hat. - Neueste Plünderkultur-Erfahrung: Bei REWE Richrath in Köln kauf ich nie mehr ein, der hat ohne jede behördliche Anweisung begonnen, Lebensmittel zu rationieren und den Bedarf nach eigener Willkür festzusetzen, man verkauft an der Kasse nicht die gewünschten 5 Becher Buttermilch (hätte ich lügen sollen und betteln, ich hätte fünf minderjährige Kinder, die gewohntheitsmäßig jedes einen eignen Becher kriegen und sich nicht um zwei balgen wollen?), das "Rauschgetränk der Schamanen" benötige ich als Kreativwirtschaftsdienstleiter für rituelle Bäder, wer mich kennt, weiß, dass ich immer fünf kaufe, mindestens. - Ja, aber gehört "Publizist und Übersetzer" zu den unentbehrlichen Berufen? wohl eher nicht, mach dich vom Acker, wenn du kein Feuerwehrmann, Krankenpfleger, Politiker oder HNO-Arzt geworden bist, du nutzloser Freßsack! Apropos, wo bleibt eigentlich Verkehrsminister B. Scheuer (t) mit seinen 100 Lungenärzten, die nicht irren?). Die Kassiererin, auffallend mit Handschuhen zupfend und sich von meinem Geld fernhaltend - nöö, ich dürfe nur zwei bekommen! Zwei oder gar nichts. Wollen Sie die jetzt? Mir fiel sofort die sechste Szene im dritten Akt von Karl Kraus, "die letzten Tage der Menschheit" ein, die Sache mit Viktualienhändler Chramosta und dem Gemüsesalat - "i hob Kreagsanleih' zeachnet!!" - Den Laden stantepede verlassen. In Köln kein Problem, ich kaufte mir Buttermiclh, so viel ich wollte im nächsten Discounter, wo nur Nudeln (außer Barilla, die machen das Geschäft ihres Lebens) und Mehl fehlten, was ich alles grade nicht benötige oder auf Vorrat im Keller habe. Nach (mir unbegreiflichen) Klopapier-Engpässen sind bald Grillkohle und Kaminofen-Pellets ausverkauft, wenn der Strom ausfällt, sind Besitzer eines Kaminofens fein raus. Kurz, ich weiß nicht recht, wie ich mich auf die unvermeidliche Quarantäe vorbereiten soll, bin nur froh, am Ende der Woche keinen Vortrag halten zu müssen wie geplant, und arbeite an meinem gewaltigen Fragment, das in Knüppelversen die Zeichen der Zeit mit flammenden Lettern an die Wand malen wird, hier schonmal vorab die ersten Fingerübungen:


    In Zeiten der Corona-Krise
    machte ich hunderttausend Miese
    In Zeiten eines Seuchen-Falles
    verlor ich Haus, Hof, Handy, alles,

    In Zeiten einer Pandemie

    drängt es mich nicht zum Herdenvieh,
    In Zeiten von Sars CO-V-2
    knutsch' ich mit Fremden nicht, verzeih!

    In Zeiten von Zeh Ovid neunzehn,
    war es nicht ratsam, sich zu schneuzehn,
    In Zeiten der Corona Krisis
    geschah mir sonst noch manches Fieses...
     


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  • "Ja, unzeitiger Tod entheiliget alles Geweihte, und an Alles was ist, legt er die finstere Hand...
    Da die Edeln der Tod wegrafft, verzeiht das Geständniß, werd' ich, daß Götter es nicht gebe zu glauben versucht."

    Seine Totenklage um Tibull - zuletzt sind die Zeilen 19 f. zitiert - datiert aus dem Jahr 19 vor Christus - im gleichen Jahr schrieb er die Tragödie Medea (verschollen), den Briefroman Heroides, ein pharmakologisch-kosmetisches Lehrgedicht (eine Art Rezeptsammlung in Versform) namens De medicamine faciei feminam und  eine Gigantomachie, die nie fertig wurde: Publius Ovidius Naso, dem ich als Lateinschüler eine ziemlich dicke Nase in das Lehrbuch gezeichnet habe. Tja, und hier begrüßt ein Zitat des Dichters jeden Flaneur, der vorbeikommt - Zufall? und dass wir am Balkongitter einen (dachten wir bisher) Sektkübel haben, der nach einer grassienden Seuche benannt ist - auch Zufall? Wie der Kommissar im Krimi sagt, es passt alles zusammen, vielleicht ein bisschen zu gut???  BlumentopfTja, während das öffentliche, kulturelle und schulische Leben mehr oder minder ausdröppelt, um nächste Woche ganz zu versiegen, leeren sich auch die Supermarktregale, um desto rapider aufgefüllt zu werden. Z. B. sah ich Freitag nur noch ein schimmeliges Paket Klopapier und am nächsten Morgen um 7 türmte sich der Nachschub bis unter die Decke, dafür null Kartoffelpüree, Mehl, Nudeln bis auf ein Päckchen Lasagne. Aber wer beschreibt mein Erstaunen, als ich vom Kassierer im Drogeriemarkt erfahre, auch dort hätten die Leute um 7 Uhr Schlange gestanden und die Öffnung des Ladens um 8 abgewartet, wo sie sich um die letzen Desinfektionsmittel balgten, und nicht nur das, die Regalmeter gähnten leer selbst dort, wo sonst das blödsinnig teure Biozeugs - Emmerkrümel, Spelzmüsli, Amaranth, Haferpops und Instant-Hirseschleim in bräunlichen Tüten herumsteht bis zum Sankt Nimmerleinstag, alles weg und abgeräumt, Prepper haben sich damit versorgt oder Spekulanten, die nach sechs Wochen Hungersnot Schwarzmarktpreise für ein zum Goldpreis abgewogenes Tütchen Dinkel verlangen. Im Raum Osnabrück wollte jemand, wie man hört, mit 50 Tüten Mehl im Einkaufswagen durch die Kasse, sollte nur 20 kaufen dürfen (auch nicht grade eine haushaltstypische Menge) und wurde gewalttätig, als ihn der Kassierer anwies, die Beute zurückzubringen - herbeigerufene Polizeischergen transportieren ihn wutschnaubend ab.  Wir krallten uns noch drei bis vier Packungen Thymiantabletten und überhaupt bin ich ja weit und breit der einzige Besitzer einer Schutzmaske. Morgen geht meine Liebste damit in die Schule, um die Eltern mit kriegswichtigen Berufen zu trösten, die können sich ja nicht selbst um ihren Nachwuchs kümmern wie 99 % der Bevölkerung zugemutet wird. Hat irgendwer mal gefragt, ob der studirenden Jungmenschengeneration das Verblödungstrauma droht, weil Bildungsinhalte nicht mehr vermittelt werden? Nö, es geht nur um die "Betreuung", aller sonstige Bedarf ginge ja auch per Internet oder Weißnixpedia. Ach, diese ganzen Grund- und Weiterführenden Schulen waren bloß Kinderbewahranstalten? Dummerweise ist bei einer Berufsschule, an der meine Liebste unterrichet, gar nicht mit Nachfragen zu rechnen, denn die Schüler müssen in die Betriebe, wenn Schule ausfällt. Heute schon waren wir spazieren (am Sonntag), und jede Menge beschäftigungsloser Halbwüchsiger streunten durch den (noch begehbaren) Park, denn die Schwimmbäder, Muckibuden, Bars, Solarien, Saunas, Tanzzelte und Hiphopp-Clubs sind geschlossen, ebenso die Kirchen (Dom nur noch für nachweislich Betende geöffnet), Museen, manche Bibliotheken - in der UB Köln bisher der Handschriftenlesesaal, da hab ich selbst ein, zwei Jahre täglich gesessen und ein Manuskript über die Französische Nationalversammlung abgetippt, und außer mir war immer nur die Aufsichtsperson anwesend - wenn es hoch kommt, ein oder zwei andere Benutzer, die da alle paar Tage mal kurz reinguckten. Wenn überhaupt, wär man da sicher vor dem Fremdkontakt und der Seuchenhysterie.


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  • Plötzlich Prinzessin - diese Parallele kann man sich gedanklich nicht verkneifen, wenn man die Karriere des katholischen, glatzstirnigen Friseurstudio-Inhabers aus Aachen betrachtet, der seine im Osten aufgekaufte Haarstylingkette mit Erfolg an die Börse shampooniert, äh, katapultiert hat. Was die Mädels in seinen Läden wohl verdienen? oder sind das klandestine Barbershops mit cowboystiefeltragenden Schermesser-Salafisten?

    Oder auch: "Habemus Papam", kann das Parlament in Erfurt jetzt sagen, und ob nun die oder jene das Weihrauchfaß schwenkten, der ölige Gestank nach Grillfleisch dringt doch durch die Ritzen - der Rauch will einfach nicht weiß werden.Kein Trabbi vor der Wartburg

    Man kann sich natürlich auch mal fragen, wieso die kleinste Fraktion von gradezu 5 Männeken den Ministerpräsidenten stellen will. Da wedelt doch der Flügel mit der Ente, äh, der Schwanz mit dem Hund, oder? Und der Regierungschef will angeblich keine Unterstützung der 22köpfigen Rechtsaußen und der 24köpfigen Linksaußenfraktion haben, und wäre (wie es in einer ersten Erklärung hieß) gönnerhaft bereit, auch "SPD-Minister" zu akzeptieren. Die winkten aber gleich ab, die dargebotenen Fleischtöpfe waren auch schon stinkend geworden. Und FDP? Hat nicht schon der wohlwollende Papa Heuss das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ mitunterschrieben, das dann jede weitere dumme Debatte, wer das Land regiert, überflüssig machte? eine Regierung mit 5 Ministern (innen, Verkehr, Finanzen, Umwelt) reicht doch, unbürokratisch, weniger Staat, alles neoliberaliter durchwinken, und sparsamer wär's auch. Bequeme wechselnde Mehrheiten!

    Dass er sich seinen Hauptwählern so ganz undankbar gegenüber äußert, ist ein bißchen gemein, schließlich konnten die nichts dafür, daß ihm der Blumenstrauß der Landtagspräsidentin vor die Füße flog, und am Ende kriegte er von denen doch Blumen, ätsch, deshalb durfte ihm Mahnmal-Bernd auch treuherzig die Flosse schütteln.Ente im Weimarer Schloss Thomas und Bernd haben übrigens beide in Bonn studiert, 1989 der MP und 1992 der Flügelmann. Und den andern Stammtisch- und Stubenhöckes ist sowieso egal, wer unter ihnen Ministerpräsident oder Minister ist. Hauptsache,  sie haben für die Richtlinien der Politik gesorgt, und das werden sie auch weiterhin tun. Die sechs Zauberworte "ich nehme das Amt nicht an" hat er nicht über die Lippen gebracht, als die Stimmen ausgezählt waren, was nun? Tritt er zurück und "macht den Weg frei für Neuwahlen", wie diejenigen Parteien fordern, die sich von Luthers SchreibstubeNeuwahlen ein paar Mandate mehr erhoffen? (Die Ente im Weimarer Schloss, links, trägt auch schon AfD-Farben...)

    Was macht man eigentlich, wenn man per Zufall und angeblich völlig überraschend "einenTag Ministerpräsident" ist? Die eigene Steuererklärung abnicken? Die Wartburg zum Regierungssitz ausbauen und melancholisch auf Luthers immer wieder erneuerten Tintenfleck starren? Genehmigung für ein neues Haarstylingcenter im Kyffhäuser (Barbarossa kann, by the way, mal eine Vollrasur gebrauchen, dann läßt sich der Tisch auch wieder benutzen! An dem kann dann der Flügel sein nächstes Treffen abhalten.)

    Was wäre wohl die Folge? Erdrutschsieg für die NSDAFD - oder, wie gemunkelt wird, eine Stärkung der Linken, weil die Ossies rein stimmungsbarometermäßig immer für den grade regierenden Obermotz sind? Wäre dann nicht die FDP erst recht an der Reihe? Wie man ja auch im ersten Schreck Herrn Kubicki und Herrn Lindner Worte wie "Fundamentalopposition" zischeln hörte, als CDU und SPD nicht so recht mit dem Zuspruch für ihren gewählten Mann in Erfurt herausrücken wollten.

    Ich könnte mir vorstellen, dass das auf Anhieb erstmal so probat wirkende Hausmittelchen "Neuwahlen" nicht ganz so schnell verabreicht werden kann wie Glaubersalz - runterschlucken, dann Beeilung und schwupps, sind die bösen Säfte raus aus dem Körper. Wenn er erst mal Platz genommen hat im Hohen Haus, tendiert der Abgeordnete dazu, sitzenzubleiben und sich außer vom Wahlvolk von niemandem rausmobben zu lassen. Denkt an England, wo Boris Johnson erst vor wenigen Wochen die Ferien verlängert hat, und was macht das undankbare Parlamentarierpack? Meckert und klagt, bis der höchste Gerichtshof die frühere Wiedereinberufung erzwingt. "Quatschbude auseinanderjagen", so nannte man das in reaktionären Kreisen in Deutschland, egal ob die Bude nun in Frankfurt, Berlin, Bonn oder Weimar stand - ging auch nicht so einfach. Außerdem ersitzt man sich ja Diäten und mit der Zeit noch Altersversorgung. Also bleiben sie in Erfurt beisammen, und wählen am besten im 72-Stunden-Rhythmus so oft, bis es paßt? Oder ermitteln den besten Regierungschef durch Dritten abschlagen, Schnick-Schnack-Schnuck oder Flaschendrehen? Wie es auch sein mag, irgendwann kommt er, der, der da kommen soll, blond und blauäugig mit treudoofem Hundeblick, und führt uns vor, was man mit Parlamenten macht, die man nicht mehr braucht - in Ruhe weiterlabern lassen. Parla- Parla- Parlament, schließlich gab es  nach dem Reichstagsbrand noch bis 1942 eine Krolloper. Also auf, ihr Erfurter Volksvertreter, lasst euch nichts sagen von den Berlinern, immer schön fest zusammenhalten, dann wird das was mit der Revolution, dann sausen bald wieder die Klingen von der Guillotine runter -  siehe die Schilderung vom 23. Juni 1789 unten!

    Die drei Stände befinden sich, doch von einander abgesondert im Saal: der König sitzt auf dem Throne, und hält eine kurze Rede, worin er sich über die bisherige Unthätigkeit der Stände beklagt. Hierauf läßt er zwei Declarationen ablesen. Die erste Declaration hebt die Beschlüsse des dritten Standes vom 17ten als gesetz- und constitutionswidrig auf, schreibt die Beibehaltung der Deliberation nach Ständen vor, bemächtigt und ermuntert zwar die Stände sich über Angelegenheiten, welche das allgemeine Beste interessiren zur gemeinschaftlichen Berathschlagung zu vereinigen, schließt aber ausdrücklich von dieser Classe die constitutionellen Gerechtsame der verschiednen Stände, die Form und Constitution der künftigen Reichstage, die Prärogativen des Adels und der Geistlichkeit, die Herrschafts-Rechte der Gutsbesitzer aus; giebt verschiedne Regeln, nach welchen in den Fällen, wo die gemeinschaftliche Deliberation obwalten wird, verfahren werden soll, und verbietet endlich allen, welche nicht Deputirte sind, aufs nachdrücklichste, den Sitzungen beizuwohnen. Die zweite Declaration kündigt die wohlthätigen Absichten an, die der König durch die Operationen der Ständeversammlung realisirt zu sehen hoffe: eine neue Ordnung im Finanz-System, die Zuziehung der Repräsentanten der Nation zu jeder Errichtung oder Verlängerung einer Abgabe, die Einschränkung der Ausgaben, selbst derer, welche das Königliche Haus betreffen, die Abschaffung der Exemtionen von Auflagen der Taille, des Lehngeldes, der Frohndienste beym Straßen-Bau, der Geheimen Verhafts-Briefe, die Einführung der Provinzial-Versammlungen, die Erleichterung der Salz- und Consumtions-Steuer, die Verbesserung der Civil- und Criminal-Gesetze u. s. f.

    Hahn im Freiluftmuseum bei SchleusingenNach Verlesung dieser Declarationen befiehlt der König den sämmtlichen Deputirten, sogleich aus einander zu gehen, und sich den folgenden Tag in ihren abgesonderten Zimmern wieder zu versammeln. Die Deputirten des Adels und der Geistlichkeit folgen dem Könige, da er den Saal verläßt: die Deputirten des dritten Standes bleiben unbeweglich auf ihren Sitzen. Als der Ceremonienmeister des Hofes sie nochmals auf das Verlangen des Königes aufmerksam macht, antwortet ihm Mirabeau "nichts als die Gewalt des Bayonets werde die Repräsentanten von ihren Plätzen vertreiben" Sieyes fragt seine Collegen: "ob sie nicht heute noch sind, was sie gestern waren". Auf die Anträge von Camüs und Barnave erklärt die Versammlung, "daß sie von ihren vorhergehenden Beschlüssen nicht ablassen könne", und auf Mirabeau's Vorschlag wird die Unverletzlichkeit der Deputirten in den kühnsten und drohendsten Ausdrücken verkündigt.

     Diese unglückliche Session war die Losung zum offnen Kriege gegen die Königliche Macht, und der erste Schritt zu ihrem Untergange. Der König befand sich in einer Lage, worin er nichts wagen durfte. Sobald es nur als möglich angesehen werden konnte, daß die Deputirten des dritten Standes den Gehorsam verweigerten, mußte man eher alles in der Welt thun, als sie auf die Probe stellen. Es gab nur noch ein einziges Mittel wodurch der König sich selbst und die höhern Stände retten konnte: die mäßige, die beliebte, die siegreiche Partey zu ergreifen, und Adel und Geistlichkeit zur gemeinschaftlichen Deliberation hinüber zu ziehen. Das letzte that er drei Tage nachher: die Session vom 23ten hatte sich aber zu tief in die Gemüther geprägt um nichts weiter als fruchtlos zu sein.


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  • Falls noch irgendwelche Zweifel sind, wo bei den heute stattfindenden Landtagswahlen das Kreuz auf dem Zettel zu malen ist (möge der Gewinnende sich bessern), hier eine Entscheidungshilfe für die wahlberechtigten thüringischen Thüröffner von Jena bis Auerstedt:

    Entscheidungshilfe

    Den Schlüssel zu dem Schatzkästlein der Pandora, das dann am Tag nach der Wahl endlich, endlich wieder geöffnet wird, hält übrigens der scheidende Mario Draghi, der zinsverzichtliche Hüter des Euro, bereit, hier in vollem Ornat mit seinem getreuen Helferlein abgebildet:

    Entscheidungshilfe


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  • Werbeanzeige für Pistolen in PrivatbesitzWirklich noch mal gutgegangen?In Köln gilt nicht das Gesetz des rauhen Westens, obwohl wir schon mal das Chicago Europas genannt wurden. Hier gibt es ein Kölsches Grundgesetz, und einer der wunderlichen Paragraphen, die größtenteils gar nichts vor-, sondern das Elend der Verhältnisse resigniert be-schreiben, lautet, "ett hätt noch immer jutjejange" (es ist noch immer glimpflich ausgegangen). Oder auch "joot jejange". Den Kölnern scheint es gar nichts auszumachen, dass ihre Mundart, die "nach faulen Eiern klingt und fast riecht" (so ähnlich Heine) mitunter Missverständliches produziert, z.B. wenn der immer wieder gebrauchte Euphemismus der "wertschätzenden Kommunikation", nämlich "jut" (wie in "ne joode Jung" oder "dat ess jut") als  Anspielungen auf Jüdisches oder Juden fehlgedeutet wird. (Heinrich Böll hat mal berichtet, wie er und seine Frau in der Schweiz im Café saßen und das jut-Wort benutzten und alle so merkwürdig guckten...) Auf Juden ist jetzt einer losgegangen, der Mord an aussschließlich jüdischen Teilnehmern einer Jom-Kippur-Feier in der Hallenser Synagoge war klar geplant. Schon am  Abend des anderen Tages wurde als große Erkenntnis der Ermittler verkündet, die Tat habe einen antisemitischen Hintergrund gehabt und sei von einem rechtsextremen Einzel(?)täter verübt worden. Klingt etwas überheblich, aber das hatte ich mir auf Anhieb auch gedacht. Was den Sprecher der Gewerkschaft der Polizei übrigens nicht hinderte, am 10. Oktober als Erwiderung auf Kritik - weit und breit war kein Polizeischutz der Synagoge erkennbar, er war nach den NSU-Morden sogar noch reduziert worden - im Südwestfunk mit schönen Pauschalisierungen und Einebnungen abzuwiegeln: das ginge ja nun auch nicht an, dass echt JEDE Kirche und JEDER Gottesdienst rund um die Uhr bewacht wird. Nee, Herr Wachtmeister, nicht 'JEDE' Bevölkerungsgruppe ist dem Teutschtumswahn mit rabiatem Vernichtungswillen preisgegeben, das ist hierzulande exklusiv Juden vorbehalten. Wenn ich mir das Verhalten der Polizei so recht überlege. bleibt eigentlich nur noch Appell an die Eigeninitiative übrig. Ordnungshüter setzen Hundeleinen durchEs muss ja nicht gleich organisierte Antifa-Trupps oder "Bürgerwehr" sein. Aber wie wär's denn mit individueller Selbsthilfe? Böse fette Hündin abzugeben"Folge deiner Berufung", rät das Bundeswehr-Werbeplakat. Ist doch so: Nach jedem US-Hochschulmassaker kommt die National Rifle Association unter Leitung von Charles Bronson und erklärt, wie man dem Übel abhelfen kann - weil immer mehr Handfeuerwaffen endlich Frieden schaffen. Statt stundenlangem Bowling for Columbine ein klassischer High Noon, der höchstens bis 12.20 dauert, bis die Colts schweigend eine rauchen gehen (Revolver hat nur sechs Schuß). Werbung für InsektizideZugegeben, ich bin jetzt auch nicht der Hardliner, der am Versöhnungstag mit umgeschnalltem Holster in die Synagoge ginge - aber hätte der Döner-Imbißwirt nicht unter den Ladentisch greifen und die Wumme hervorholen können? Präventiver finaler Rettungsschuss als ethisch gebotene praktische Sanktionsmaßnahme gegen Massenmörder. Gibts da noch kein Stück von diesem Ferdinand Soundso? Dramaturgischer Nachkömmling des gottähnlichen braunen Reichsjugendverderbers, den alle leise "Baldur von Schmierarsch" genannt haben? Hilfssheriff als Publikumsjoker, das wär doch dessen Genre. '"Ich trage einen berühmten Namen", aber den kann man doch heute ändern oder, gerade im Theatermilieu, dauerhaft gültige Pseudonyme wählen, von Schmarrnich oder dergleichen. - Wie gesagt, der Pistolentyp bin ich nicht, beim Gewissensprüfungstribunal (damals noch mit Peter-Handke-Frisur - es war vor Abschaffung der gemeinen Wehrpflicht) wurde das behördlich festgestellt. Aber so eine "Radfahrer-Peitsche aus Büffelhaut", wie sie Indiana Jones bei seinen archäologischen Ausgrabungen z. B. von Nazi-Kristallschädeln benutzt, geeignet zum Durchsetzen der Vorfahrt gegen blinklinks abbiegende LKWs, damit würde ich schon liebäugeln. Wirklich noch mal gutgegangen?Und wenn der Wehrwille in der deutschdoofen Bevölkerung sowieso propagandistisch gestärkt werden muss - wieso nicht gleich einen Kampfhubschrauber bei Lockheed bestellen? Oder wieso wirbt die Firma seit neuestem hier im Viertel mit Großflächenplakaten? Die wurden übrigens pünktlich um 5. 45 Uhr zum Jahrestag des Angriffs auf Polen geklebt - jedenfalls hingen sie an dem Tag zum ersten Mal auf meinem täglichen Weg zum Supermarkt. Und der Hubschrauber hört auch noch auf den Namen Sikorski, ist dieser General, Radlerfreundliches Gerichtsurteil 1897Chef der polnischen Exilregierung, nicht 1943 bei Gibraltar mit einem British Air Force Flugzeug abgestürzt? Ich ahne, dass da was im Busch ist, demnächst rollen wieder Köpfe für den Siech im Kriech. Aber vielleicht muss es nicht gleich der Hubschrauber sein, eine Drohne tut's auch. Oder eine Biene? bzw. ein Schwarm, der von einer Bienenkönigin herbeigelockt werden kann? Oder ein Pfefferspray, so eines, wie ich es gern gegen Hundebesitzer einsetzen würde? Wie man sieht, bn ich aufgrund geltender Atomsparverträge nur bedingt abwehrbereit. Auf die Ordnungskräfte in Köln ist kein Verlass, die wollen nur spielen...


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