• Nix (lat.) ist so gut wie Schnee

    ....allen Erniedrigten und Beleidigten und Frierenden zum Trotz, möchte ich hier mal ein Loblied auf den Schnee singen. Die Enkomiastik ist im Gefüge der rhetorischen Formen eine rühmenswerte Tradition; so hat Erasmus von Rotterdam unter dem Titel moriae enkomion ein "Lob der Torheit" geschrieben, Willibald Pirckheimer unter dem Titel podagrae laus ein "Lob der Gicht" (seiner eigenen) und ein Schriftsteller namens Liscow im 18. Jahrhundert das Lob der elenden Skribenten. Also leihe, Muse, meinem Federkiel deine Flügel, um eine laus nivis (kommt von nix, lat. der Schnee, pl. nives = die Schneemassen; nivea = schneeweiß) zu ersinnen und die Nützlichkeit der so reichlich fallenden und trotz gelegentlicher Temperatur-Aufschwünge nur langsam abschmelzenden Schneemassen zu preisen: Rein und unschuldig liegen sie da, verdecken häßliche Formen und allen Unrat der Menschen, sorgen für Stille und ruhenden Verkehr. Weich und doch wehrhaft, denn letztlich ist der Schnee mit noch so viel Salz, Schaufelarbeit und Eispickeln gar nicht kaputtzukriegen, man kann ihn mit Laserkanonen beschießen, Schnee behält - solange es dieser spezielle Aggregatzustand des im Sommer so begehrten, ja lebensnotwendigen Wassers ist - immer seine krystalline achteckige Struktur.Schnee in Tüten Schnee gehört allen, es liegt genug davon herum auf öffentlichem Grund und noch niemand (mal abgesehen von Alpenregionen, wo er für den Wintersport tauglich ist) kam je auf die Idee, ihn zu besteuern, zu vermarkten oder gar seinen Preis durch künstliche Verknappung zu erhöhen. Mehr noch: wer ein Grundstück oder einen Balkon sein eigen nennt, darf sich ja wohl als rechtmäßiger Besitzer des darauf gefallenen Schnees fühlen und z. B. Freunden, die keinen oder nicht genug davon haben, welchen mitbringen, wobei sich die Tiefkühlkost-Einkaufstüten der großen Discounter, angereichert mit Kühlelementen sehr für den Transport eignen. - Aber wozu, Loch in der Wandwerdet ihr fragen, soll das gefrorene Nass denn taugen, das man mühsam jeden Morgen von Autos und Bürgersteigen entfernt? Hier wäre anzuraten, Schnee als Spachtelmasseden eurozentrischen Blickwinkel zu erweitern und sich an den Eskimos ein Beispiel zu nehmen, die haben bekanntlich jede Menge Gespür für Schnee. Zwar werden wir in unseren Breitengraden kaum deren Angewohnheit übernehmen, unsere Häuser aus Schnee zu bauen, schon wegen des überschaubar bald erlöschenden Mindesthaltbarkeitsdatums. Kleinere Spachelarbeiten an der Fassade lassen sich indessen bei entsprechend niedrigen Temperaturen sehr zufriedenstellend mit Schnee ausführen. Wer sich als Städteplaner betätigen will, kann aus Schneeziegeln manches Nützliche gestalten, z. B. eine Einfriedung des Bürgersteigs an Stellen (siehe Bild), wo die Kraftfahrzeuge die Kurve kratzen, SchneemauerSchneekugelderen Fahrer die freigeräumten Bürgersteige als Fahrspur nutzen und so für unangenehme, mit normalen Bordmitteln nicht mehr zu beseitigende Glatteisbahnen sorgen. Sollte trotzdem einer die Absperrung durchbrechen, kann man vom Fenster aus ballistische Experimente mit Schneekugeln durchführen. Als Kernmasse eines wohlgeformten Schneeballs dürften sie dessen Flugbahn den richtigen Drall geben. - Man kann den Schnee auch in einen Eimer schippen, ein heißes Wannenbad einlassen, sich das Badezimmer warmheizen, und vor dem Einsteigen und zwischendurch mit Schnee abreiben - gut für den Kreislauf und man braucht nicht das Auto zur Wellness-Sauna zu bewegen! - Übrigens wissen nur die wenigsten, dass Schnee auch eine wohlschmeckende, kalorienarme Mahlzeit ergeben kann. Hier verrate ich euch mein Lieblingsrezept: Man nehme eine Pulle Eiswein und gieße sich zunächst ein reichlich bemessenes Glas davon ein. Dann fülle man Schnee in eine Rührschüssel und schlage ihn mit Hilfe des sog. "Schneebesens" steif (kann länger dauern).Eiswein Eiswein im GlasEischnee elektrischUnökologische Faulpelze dürfen sich der handelsüblichen Elektro-Geräte bedienen und sorgen im Wege der Erderwärmung gleichzeitig dafür, dass nächstes Jahr noch mehr Schnee fällt. Die cremige Masse fülle man in einen Teller, lege ein Hühnerei dazu, fertig ist der sog. "Eischnee" - wohl bekomm's! Eischnee perfekt serviertNatürlich gibt es noch andere Arten, Schnee zu genießen. Kenner aus dem Rotlichtmilieu schwören auf folgendes Rezept: Feinen Pulverschnee erst mit der Kreditkarte kleinhacken, dann einen höherwertigen Geldschein in einigermaßen stabiler Währung Eisbombe zu SylvesterEisbombe zu Sylvester(Schweizer Franken, US-Dollar, Sloty; wer nichts Bares hat, kann sich notfalls an den Strohhalm klammern) zusammenrollen, anschließend durch die Nase inhalieren. Passend zur Sylvesterfeier kann der Schnee auch als sog. "Eisbombe" serviert werden. Für dieses völlig harmlose Vergnügen braucht es nur eine Zündschnur, die an der Schneekugel angebracht wird, sowie ein Feuerzeug. Wenige Sekunden vor dem Jahreswechsel entzünde man die Schnur, rufe die Partygäste zum Selbstmordattentat zusammen und zähle den Countdown mit: Vier.... drei.... zwei.... eins... PENG!


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  • Commentaires

    1
    neve
    Mardi 28 Décembre 2010 à 17:33

    Wunderschön!

    2
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Mardi 28 Décembre 2010 à 21:57

    Das ist doch mal eine sinnvolle Anregung für die Ferien. Ich könnte Schneekugeln mit echtem Schnee füllen. Dann müsste ich meine Sammlung allerdings im Sommer im Kühlfach lagern.

    3
    Kornelia
    Mardi 28 Décembre 2010 à 22:37

    eine überraschend komische Antwort auf die derzeitigen Missligkeiten der winterlichen Witterung - mit dekorativen Fotos garniert habe ich sehr gelacht.

    4
    lentamente
    Mercredi 29 Décembre 2010 à 08:42

    Und ich entdecke erst heute früh , wieviel Kleinarbeit, Mühe und Witz   in den Fotokommentaren steckt!! Jetzt werde ich den ganzen PetitLarousseblog noch einmal lesen, denn die liebevolle Beschriftung ist mir entgangen. Dazu habe ich nur in den Ferien Zeit!

     

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    5
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Mercredi 29 Décembre 2010 à 11:59

    Dank für das liebe Lob, @lentamente. Aber es ist noch nicht so lange her, dass ich diese Funktion entdeckt habe (man muss beim Editieren das Bild markieren und unter "editer l'image" den Untertitel eingeben)... fröhlichen Umschwung allerseits!



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