• Häusle baue, Vögli schaue

    Kürzlich unternahmen wir einen Ausflug nach Süddeutschland, um ein Gemälde abzuholen, von dem weiter unten die Rede sein wird. Manche Starenkästen habe ich in Württemberg gesehen, und dreimal bin ich geblitzt worden - einmal mehr von der Seite, das Kameraauge war vermutlich auf die Gegenfahrbahn gerichtet, einmal überholten mich andere, die vermutlich das Ziel der Maßnahme waren, und einmal - seufz - fuhr ich 80, wo 70 km/h erlaubt sind. Immerhin, für die 69 EUR, die das wohl alles in allem kosten dürfte, (wenn nicht bedeutend mehr), könnte ich mir beim Anmaßsohn-Versand auch einen eignen Starenkasten kaufen, der sogar imstande ist, Staren einen Nistplatz zu geben:

    Big Brother Nistkasten

    Big Brother Nistkasten

    Getarnt als Überwachungskamera schützt BIG BROTHER Ihre Privatsphäre und die Ihrer gefiederten Freunde. Denn tatsächlich ist BIG BROTHER ein Nistkasten. Mit der mitgelieferten Stange kann er an jede Hauswand befestigt und mit beliebigem Winkel fixiert werden. Eine charmante Attrappe mit ökologisch sinnvoller Funktion.

    Material: Holz, schwarz und grau gestrichen, Edelstahl. Abnehmbare Rückwand. Inkl. Befestigungsmaterial
    Maße: 30 x 14 x 14,5 cm, Flugloch Ø 34 mm für Kleiber, Kohlmeise, Sperling…

    Da wir derzeit an unserer Balkonbegrünung arbeiten (eine fünfteilige Spalierreihe habe ich für ein Kriechgewächs installiert, das den direkten Einblick vom Bürgersteig auf unseren ebenerdigen "Südbalkon" möglichst verhindern soll), kam ich auf den Gedanken, selber ein Nisthäuschen zu bauen. Das Geld für einen gekauften Kasten ist ja jetzt bzw. bald futsch bzw. unterstützt demnächst den ersten grünen Ministerpräsidenten (wenn er denn gewählt wird, noch ist er's nicht). Vielleicht lässt sich ja ein Mauersegler, eine Schwalbe oder eine Blaumeise (bei 28 mm Durchmesser des Einfluglochs) bei uns nieder? Dergleichen haben wir vor Jahren schon erlebt, sogar ein veritables Amselnest von einem frischvermählten Amselpaar, das leider kurz nach Eierlegung von einer aggressiven, auf der straßenwärts gelegenen Kastanienallee beheimateten Elster weggemobbt wurde. BistrotischWir hätten auch wahnsinnig gern im Museumsshop der Frankfurter "Schirn", beim Besuch der Ausstellung Surreale Dinge (die eine Replik einer gleichnamigen, aber etwas anders gelagerten  Ausstellung Surreal Things aus dem Jahr 2008 im Guggenheim Bilbao zu sein scheint) eine Replik von Meret Oppenheims Bistrotisch erworben, leider wurde keine angeboten und so müssen wir uns in einem der umliegenden Gartencenter oder bei ebay danach umtuen.
    Gesagt, getan, auf dem Spaziergang am Ostermorgen (heute früh) beschaffte ich mir aus dem Grüngürtel einen Ast, den ich im Lauf des Nachmittags mit dem Black & Decker ausbohrte (mit aufgestecktem Zehner-Holzbohrer aus dem vor Jahren beim Discounter erworbenen Bohrer-Set - endlich komm' ich mal dazu, den zu verwenden!). War gar nicht so schwer. Nun muss ich noch ein Einflugloch bohren und einen geeigneten Platz zum Aufhängen finden - vielleicht doch nicht den Balkon, sondern einen Baum, den man vom Frühstückstisch aus sieht - , aber wenn es so weit ist, erzähle ich, ob und von wem das Nistkästchen "angenommen" wurde.
    Im Vergleich mit diversen online verfügbaren "Bauanleitungen" sieht mein Baumstämmchen allerdings noch ziemlich kleinräumig aus. Hm. Werde noch ein paar Zentimeter zum Rand hin und nach unten ausbohren. Vielleicht kann das hohle Stämmchen einen Baumläufer anlocken, die sind kleiner und ziehen angeblich borkenverkleidete Behausungen, gern auch tote Stämme vor, dann aber kein Loch zum Ein- und Ausschlüpfen bohren, sondern einen Schlitzeingang. Leider gibt es Neider auch im Tierreich - z. b. die Elstern, die sich hierorts immer wieder nach Meisenart unter die Knödel schwingen, wenn auch reichlich unbeholfen und im Ertappungsfall laut kreischend davonflatternd... und Spechte, deren zimmermannsmäßigem Getöse wir im Wald so gern zuhören, neigen nun mal dazu, auf der Jagd nach der Brut anderer Vögel deren Häuschen brutal aufzubohren.

    Zwei Stunden brutalen Aufbohrens später hat das Vogelhäuschen (inzwischen viel geräumiger) schon zwei Schlupflöcher (diese Bohrer sind aber auch verdammt fix - nehmen wir eins als Notausgang, falls ein krallenbewehrtes Pfötchen von vorn hineintatzelt), einen IKEA-Bleistift (Naturholz, nicht wie in dieser facebook-Abbildung) zum Abstützen vor dem Vordereingang und ein Dach. Mir fehlt allerdings noch ein Stück Teerpappe oder weiches Blech zum Abdichten, das scheinen diese Eigenbau-Kästen alle zu haben. Nach dieser Anleitung soll man auch Rinde nehmen können, aber die fault doch dann auch weg, oder? Das Häuschen besteht ja rundum aus Rinde, oben ist ein handtellergroßes Brett draufgenagelt. Ich geh mich mal an den Baustellen der Umgebung "umsehen", da liegt allerhand rum, z. B. ein ganzer Container Blechabfälle... Klasse! genau die richtigen Baumaterialien.Bauzaunschellen Jetzt stellt sich nur noch die Frage, Flachdach in Pop-Art Manier (briefkastengelb, Reklame der Baustellenzaunfirma) oder metallic (Rückseite, zieht aber vielleicht die Elstern an). Oder soll ich die Frank-Gehry-Walmdachlösung (siehe u.a. Guggenheim-Kunsthalle Bilbao oder die Düsseldorfer Hafencity hinter dem Landtag) vorziehen, d. h. zwei sog. Verbindungsschellen, Vogelhotelgeschwungene Bleche, wie sie zum Zusammenhalten der Zaunpfosten verwendet werden? Gottlob musste ich keinen Satz von rund 100 Stück erwerben, sondern nur zwei, die unbenutzt im Baudreck herumlagen. - Abends: Und kaum war der Besuch (Schwiegereltern) wieder weg, da klöterte ich schon das Dach zusammen, erst etwas Rinde als flexibles Dämmmaterial (mmm), dann die blechernen Dachhälften, endlich eine Unterlegschreibe zum Abhalten von Wasser im Schraubloch und darüber eine Art Bügel zum Aufhängen, das alles mit 2 Schrauben festgezurrt und mit dem Hammer noch etwas in Form geblötscht. Noch vor Einbruch der Dämmerung wurde das Häusle in den Baum vor dem Frühstücksfenster gehängt. Und kurz darauf taperten größere Singvögel in den Ästen herum, für die dürfte das Etablissement aber zu klein sein, nehm ich mal an, sie waren auch nicht auf der Baumhaushöhe. In unmittelbarer Nachbarschaft am selben bzw. einen Baum weiter sind Staren- oder Schwalbenkästen, ich hoffe mal die Nachbarschaft funktioniert genauso harmonisch wie in der Regel hier im Menschhaus. (Menschhaus muss es heißen und nicht "Menschenhaus". Wir sagen ja auch Vogel- und nicht Vögelhaus. Oder?)


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  • Commentaires

    1
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Lundi 25 Avril 2011 à 12:42

    Diese Stadtvögel sind aber auch denaturiert, können die sich ihre Nester nicht mehr selbst bauen? Meine Schwester hat auf der Veranda ein Nest, ehemals gebaut von Schwalben, die jedes jahr wiederkommen. Wenn die fertig sind mit ihrer Brut, ziehen da Goldammern ein. Oder umgekehrt, es ist jedenfalls immer was los.

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    2
    Lundi 25 Avril 2011 à 16:26

    Übrigens bekommst du für die 10 kmh außerorts nur 10 € Bußgeld, witzig wäre aber, wenn du für die anderen zahlen müsstest, die dich überholt haben.

    3
    Mercredi 27 Avril 2011 à 14:19

    Doch, das erinnert ein bisschen an der tanzende Haus in Prag, das ich kürzlich sah und an dem auch Frank Gehry mitgewirkt hat. Nun muss nur noch ein avantgardistisches Vogelpaar einziehen.



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