• Der begehbare Adventskalender

    AdventskranzHeute, am vierten Advent, möchte ich auch noch etwas über die für hiesige Verhältnisse ungewohnt winterliche Vorweihnachtszeit erzählen. In Hürth, wo Kornelia vorher wohnte, konnte man vor Jahren noch ein Verbrecheralbum der gehenkten Weihnachtsmänner anlegen - inzwischen sehen die Kerle immer einheitlicher aus und wirken kein bisschen originell, sorgen auch nicht mehr für Einbruchsmeldungen bei der Polizei. Weihnachtsmänner am NeumarktDie Werbefigur eines großen Kölner Foto-Fachgeschäfts fotografiert konsequent an ihnen vorbei die Passanten auf der Straße. Aber General Frost und Feldwebel Schneematsch belagern nun auch die Rheinregion. Tatsächlich bin ich seit neuestem nebenamtlicher Schneeschipper, wenn auch nicht allein - der Nachbar links von uns ist zwar krank, aber die Regel, dass Mieter, die parterre wohnen, grundsätzlich den Schnee räumen müssten, gilt längst nicht mehr. Gesetzlich ist (und bleibt) nicht der Mieter verantwortlich für die Räumung der Bürgersteige an der Grundstücksgrenze, sondern der Hausbesitzer - natürlich kann er das delegieren, und wir kriegten dieser Tage auch einen komplizierten Plan, der alle Etagen einbezieht, freilich auch diejenigen, wo pflegebedürftige und greise Mieter wohnen. Überdies ist man hier im Haus stolz darauf, alles "intern" zu regeln und sich unförmlich über Gemeinschaftsaufgaben wie Treppenhausreinigung etc. zu einigen.Beschneiter Eingang Deshalb kommt immer ein netter Nachbar herunter, der mir hilft und zB. den Besen schwingt oder das von der Genossenschaft gelieferte Granulat mit einem Schüppchen verteilt. Dazu gehört auch der einhellige Schwur, Zufahrt und Zugang zur Garagenzeile im Hof unangetastet zu lassen. Das sollen die Garagenbesitzer selbst machen, die sich bereits murrend beschweren - freilich gilt die Verpflichtung ausschließlich Bürgersteigen auf öffentlichem Grund & Boden, den Zugang zu ihrer "Mietsache" kann meinetwegen die Baugenossenschaft sicherstellen, dafür bin ich nicht zuständig. Zwar könnte man das vom Eingangsbereich genauso sagen, aber da wollen wir ja selber nicht schliddern.Rad im Schnee Übrigens hat heute der BMW Cabrio der jungen Leute von der gegenüber liegenden Straßenseite (die sich auch beschwert haben sollen, obwohl sie vor ihrer Tür noch gar nicht geräumt hatten) anderthalb Stunden versucht, die Auffahrt ohne Schneeketten zu meistern. Wieder und wieder rollten sie zurück, bis ihnen ein Leidensgenosse durch Anschieben half. (Am Hinterhof merken wir, dass das Viertel in einem Tal liegt - im Mittelalter war hier noch das Rheinufer.) Ich habe übrigens auch einen Alfa Romeo von der Kreuzung geschoben und mich auch sonst nützlich gemacht, denn erstens bin ich Frühaufsteher, zweitens tut mir die frische Schneeluft gut, drittens spare ich mir den Wintersport und viertens bin ich sowieso seit Wochen an körperliche Arbeit gewohnt.Bürgersteig, geräumt Buergersteig wieder verschneitSchneeräumenkommando

    Und so war ich auch ganz stolz heute früh auf die geräumte Strecke (siehe Bild links, aber das ist nur die Hälfte, um die Ecke geht es noch einen gefühlten halben Kilometer weiter). Da das Haus längsseitig zur Straße liegt haben wir, wie die Frau mit dem Hund - die übrigens dauernd hilft oder ihren Mann helfen schickt - sagt, "sowieso die Arschkarte gezogen". Wenige Stunden später hatte mir die weißflaumige Prinzessin Blanche-neige alles wieder zugepudert (Mitte), und ich (rechts im Bild) durfte wieder von vorn beginnen...
    Nicht einmal "wie gewonnen, so zerronnen", kann man bei diesem Anblick sagen: Tauwetter ist erst wieder für die Weihnachtstage angesagt, wenn sich alle über Schnee auf den Tannenwipfeln freuen würden. Was das Warten auf Julklapp, Chanukka, den Christkindl-Teufelsbraten oder Santa Claus betrifft, wie immer man die Lichtertage nennen will, haben wir hier in der Nähe eine Besonderheit, von der ich noch mehr erzählen werde. Es handelt sich um ein "Viertel im Viertel", das sich mit seinen Einfamilienhäusern von den Genossenschaftsbauten der Umgebung erheblich unterscheidet. Eingang zur Efferoth-StraßeHausreihe in der Efferoth-StraßeDie verkehrsberuhigte Spielstraße und Sackgasse - nur Anwohner parken hier, soweit sie nicht ebenfalls (womöglich versenkbare?) Garagen haben - ist benannt nach einem verfolgten Antifaschisten und späteren Exilanten, Hugo Efferoth. Der war wie mein Opa in "Schutzhaft", seine 1926 erschienene Ketzerbibel warfen die Nazis auf den Scheiterhaufen, ebenso sein Buch Himmel-Fimmel. Eine Studie zur Sektenseuche der Gegenwart (1923); er floh 1938 nach Südamerika. Er war vor 1933 Redakteur bei der sozialdemokratischen Rheinischen Zeitung gewesen; sein Kollege war der spätere NRW-Ministerpräsident Heinz Kühn, der sich als einziger namhafter Politiker schon zur Adenauerzeit und weit darüber hinaus öffentlich zum Atheismus bekannte. Die Ketzerbibel hieß übrigens im Untertitel "Eine Waffensammlung für den kämpfenden Freidenker gegen Aberglauben und Volksverdummung. (Wie entstand die Welt? Was ist der Mensch? Was lehrte Christus und was taten die Pfaffen?)" Wenn der 1946 in La Paz verstorbene Efferoth wüsste, dass die nach ihm benannte Stichstraße heute die am stärksten weihnachtlich dekorierte ist - ein "begehbarer Adventskalender" sozusagen - , würde er sich vermutlich in seinem bolivianischen Grab umdrehen. Es sind genau 26 Häuser (der Kalender geht also bis zum Zweiten Weihnachtstag), und in einem ist der Deutsche Skibob-Verband e. V. angesiedelt. Sie sind auch ohne Festbeleuchtung hübsch, alle haben einen Vorgarten, bei den meisten kann man durchs Fenster die skandinavisch anmutende Einrichtung im milden Honigschein der Wohnzimmerlampen sehen. Hier benutzt man keine Schneeschaufeln aus Plastik, sondern biologisch einwandfreie aus Holz sowie Holzschlitten. Seit wir hier wohnen, hat uns die Straße beschäftigt (durch sie gelangt man in die Hauptgeschäftsstraße hier, die Markusstraße, die auch zur Straßenbahn-Haltestelle führt), denn das Gerücht geht, der derzeitige SPD-Oberbürgermeister Roters lebe hier in der Gegend, und wir könnten uns gut vorstellen, dass er in einem der Fachwerkhäuser wohnt. Aber wahrscheinlich ist das Quatsch und er wohnt im Speckgürtel zum Rhein hinunter, Rodenkirchen, oder im Westerwald. - Politik und GesellschaftMeine ersten Bilder vom "begehbaren Adventskalender" hatten Bildstörung (Schneetreiben!). Ringsum haben noch andere illuminiert, an unserem Haus gibt's LED-bekränzte Balkons. Die Tanne vor meinem Fenster wird, wie ich erfuhr, schon lange nicht mehr als Weihnachtsbaum dekoriert, dafür ist sie zu hoch gewachsen, und die Nachbarn sind nicht mehr die jüngsten. Das verrutschte Licht oben an der Spitze ist daher kein Weihnachtsstern und auch keine neumodische Energiesparbirne, sondern der Mond, von dem grade ein UFO zur Erdreise aufbricht... Eine Birke, die weiter rechts an der Hausecke stand, wurde seit unserer Renovierungsaktion gefällt ("eine Dreckschleuder", so die Nachbarin), auf dem Tapetenwechsel-Blog ist sie noch zu sehen und eigentlich könnte ich jetzt die Miete mindern, was meint ihr? schließlich sind wir mit Birke hier eingezogen. Andererseits stand die ja nicht vor unseren Fenstern, während "unser" Baum einen gewissen Sichtschutz gibt.
    Hier nun Bilder vom Adventskalender, von Kornelia mit besserem Apparat gemacht:Begehbarer AdventskalenderBegehbarer AdventskalenderBegehbarer AdventskalenderBegehbarer AdventskalenderEfferother KalenderBegehbarer Adventskalender...und noch ein paar Bilder, die ich heute früh im Kalender gemacht habe (räumen musste ich noch nicht; diesmal kam mir ein anderes Heinzelmännchen zuvor).Efferother KalenderEfferother KalenderEfferother Kalender


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  • Commentaires

    1
    neve
    Lundi 20 Décembre 2010 à 14:43

    Nummer vier

    gefällt mir!

    2
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Samedi 25 Décembre 2010 à 13:22

    Ich finde, dass die Schneefrau ziemlich grimmig guckt. Ist es ihr zu warm oder zu kalt?

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    3
    Lundi 27 Décembre 2010 à 13:43

    Schade, ich kann sie nicht mehr fragen, sie wär dann mal weg...

    4
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Mardi 28 Décembre 2010 à 22:02

    Geschmolzen ist sie sicher nicht, vielleicht wohnt sie in einer gemütlichen Kühltruhe und ist nur mal kurz vor die Tür gegangen.

    5
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Mercredi 29 Décembre 2010 à 12:02

    Das Schneekind auf dem Schlitten ist vielleicht keins, sieht mir ganz nach Snoopy aus "Charlie Brown und seine Freunde" aus.



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