• Nein, von meinem schlesischen Opa ist ausnahmsweise nicht die Rede, obwohl er u.a. ein Vogelschutzgehölz pflanzte, das mir mein Onkel mal auf der anderen Seite der Neiße von fern gezeigt hat - die Leute, die da jetzt wohnen, hatte mein Onkel auch mal angesprochen, über den Gartenzaun hinweg; sie wußten wohl, daß der frühere Bewohner Biologielehrer gewesen war. Vermutlich haben sie seine Bücher irgendwann vor Jahren auf dem Dachboden gefunden und verscherbelt.Geranikum Wenn das unendliche Leid, das Deutsche über Polen gebracht haben, damit gelindert wurde, umso besser! Aber ich fürchte, das Gesamtgewicht des Leides (von der Schuld will ich nicht anfangen, das steht mir nicht zu) ist auch dadurch nicht kleiner geworden, auch heute nicht. Aber wohin gerate ich da, ich wollte doch vom neuen Leben sprechen, das in den Ruinen blüht, und von "Großvaters Gartentipps": so heißt nämlich der Kalender, den ich seit Januar täglich außer Sonntags Anzuchtkasten(Sa und So haben ein gemeinsames Blatt) abreiße. Es sind praktische und bewährte Ratschläge, die Ihnen helfen werden, steht auf der Rückseite, an der man den Kalender aufhängt, und sie zeigen gleichzeitig wie verblüffend einfach sich gärtnerische Probleme lösen lassen, wenn man ganz einfach nur der Natur vertraut. Meine Natur seufzt nach einem Komma hinter gleichzeitig, aber da kommt wieder der Großvater aus Oberschlesien in mir zum Vorschein, der die Tageszeitung mit Rotstift zu korrigieren pflegte. Die Gartentipps indessen sind - zumindest einige - zwerchfellerschütternd, Loriot hätte sie nicht besser verfassen können. Größere Rasenflächen wirken attraktiver als kleine, hieß es beispielsweise unter dem 24. Februar. Schlafmohn anzubauen ist nur mit starken Einschränkungen erlaubt und der Schierling ist giftig am 1. März. Schon beim Anlegen eines Rasens sollte man an das spätere Mähen denken und alles vermeiden, was die Rasenpflege behindern könnte, war die Parole am 9. März. Am 12. März hieß es: Für die Aussaatmenge ist nicht das Gewicht entscheidend, sondern die Anzahl der Körner, und heute, 23. März, stand im Kalenderblatt: Pilzkrankheiten des Rasens beugt man am besten durch gute Standortbedingungen und optimale Bodenbearbeitung vor. Oder täusche ich mich, findet das niemand außer mir (bzw. keiner von euch da draußen) wahnsinnig komisch??? irgendwie ist man nie ganz sicher, ob Großvater einen nicht doch ein wenig verklapsen will mit seinen Tipps. Loriot jedenfalls soll mal im Interview auf die Frage, was man dereinst auf seinem Grabstein lesen werde, erwidert haben: "Zweckmäßig wäre es, wenn der Name darauf stünde", und darüber könnte Großvaters Gartentippsich mich noch jetzt beim Niederschreiben totlachen (diesfalls statt "petit larousse" bitte das Loriotzitat auf den Stein schreiben).

    Von den Bewohnern unseres Genossenschaftshauses sind inzwischen drei verstorben; der Nachbar über uns, der mir das Tomatenhaus vermachte, lebt im Altenheim. Wir füllen die Vogelbadewanne immer wieder frisch auf, in der ich neulich eine Taube beobachtete, die sich sehr ausgiebig gewaschen hat. Dafür brauchte sie eine geschlagene halbe Stunde, putzte sich wieder und wieder (auch unter den "Achseln", mit abgespreiztem Flügel, ich dachte schon, sie hätte sich da verletzt, aber nein...)! Von wegen "Ratten der Lüfte", also die hier sind sehr reinlich, sehen auch immer edel und gepflegt aus, wenn sie in den Baumwipfeln turteln gehen. VogelbadewanneAus unserem "Garten", nur ein handtuchbreiter Streifen vor der Hausfassade vorn raus sowie eine winzige Wald-und-Wiese-Grünfläche im Garagenhof - gibt es tolle Neuigkeiten. Ich hatte mir von den Kräuterlein des letzten Jahres, wo es möglich war, Samen abgezweigt, und diese erst vorige Woche in eine Zuchtkiste eingelegt. Und siehe da, Dill, Kerbel und selbst der zögerliche Majoran beginnen zu keimen! Man ist ja immer wahnsinnig misstrauisch gegen alles Neue: Einkeim- oder zweikeimblättrig, das ist hier die Frage, wird das nun wirklich ein Kraut oder ist's ein Gräslein (oder ist gar von dem Vogelfutterhäuschen was in die Kiste gefallen?). Auch der bGroßvaters Gartentippseim Discounter gekaufte Basilikumkasten (auf 99 Cent ermäßigt) sowie ein zum gleichen Preis feilgebotenes Anzuchtkästchen mit "Mini-Geranien" lassen sich gut an, der Basilikum üppig wie im letzten Jahr, wo ich vor lauter Pesto gar nicht mehr wusste wohin, und der Geranien melden sich immerhin fünf zur Stelle. Selbst die XXL-Tomate, deren letzte Früchte wir nach Weihnachten geerntet und genossen haben (nach Umzug vom Balkon in die Duschkabine) fängt schon an zu sprießen bzw. grüne Fähnchen in den Wind zu halten. Die Bilder auf dieser Seite erinnern mich an den Job, den ich zwischendurch hatte, weil ich in den letzten Tagen das Bildarchiv eines bekannten Chemieriesen verschlagworten musste. Hunderte Fotos von glücklichen Negerbuben, die mit strahlenden Colgatezähnen ("laughs", "smiles", "grins", zwischen solchen Pluralen mußte ich entscheiden und aus 150 Schlagwörtern fünf bis sieben nehmen - jetzt weiß ich endlich, woher "grinsen" kommt) insektizidresistente Blumentöpfe in den Händen laborbekittelter Brillenträger begutachten. Ins Riesenhafte vergrößerte Godzilla-Moskitos, zwischendurch Röntgenaufnahmen von allerlei potthäßlichen Blutkörperchen und zum Picknick ins Grüne auf dem Mountainbike radelnde Senioren - wobei auffällt, wie faltenfrei und glatt eurokaukasische "best ager" sein müssen, während das asiatische Soyabäuerlein in seiner Nachhaltigkeits-Terrassenlandschaft gar nicht verwittert und zerknittert genug aussehen kann.

    Bei uns aber nichts von alledem. Statt dessen wuchert eine vielleicht demselben Genlabor, für das ich die PR-Bilder sortiere, entsprungene "Morning Glory", deren Blüten sich letzten Sommer allmorgendlich mit wechselnden Farben öffneten. Jede von ihnen ließ, nach dem Verblühen, aus einer Kapsel dicke kugelige schwarze Samen fallen, etwa zündholzkopfgroß. Die hab ich eingesammelt, in einer blickdichten Tüte aufgehoben und jetzt wachsen mir aus dieser einen, damals verbilligt in der Ramschecke eines Baumarkts erworbenen Trichterwicke zahlreiche Nachfolger heran. Wer mich besucht, darf auf Verlangen eine Probe des jungen Morning-Glory-Nachwuchses mitnehmen!

    Noch ein paar Gartentipps aus dem Großvaterkalender, denen man unbedenklich zustimmen kann:
    Nicht jeder verträgt den ansonsten so gesunden Rotkohl. (10. Januar)
    Wilder Löwenzahn schmeckt nicht besonders gut. (20. Februar)
    Tulpen blühen nicht nur in gepflegten Beeten, sondern auch auf Wiesen. (27. Februar)


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  • "Ou sont les neiges d'antan?" Weiß ich auch nicht. Zur Zeit liegen Frost und Raureif auf der Wiese, wo kürzlich ein echter Hase (ein ziemlicher Trumm, mit weißem Schwanz und den eher hasen-typischen Laufbewegungen) Schlittschuh lief,Tomatenpflanze in der Duschkabine natürlich auch auf den selten benutzten Autos in der Kurve unserer Ministraße, die nicht richtig weiß, wie sie heißt... seit kurzem steht da ein irreführendes Schild, das eigentlich erst für die Straße gilt, welche jenseits unserer "Straßenkreuzung" vor der Haustür ihren Anfang nimmt und bei der evangelischen Kirche endet. Und rauh ist mir auch der Hals geworden, eine böse Erkältung mit Dauernießen, -schniefen und -husten hat uns beide ereilt. Bei mir sind es mehr die flüssigen, willkürlich herauszuprustenden Emissionen, bei meiner Mitbewohnerin der hartnäckige Husten, der nach Zehnminutentakt fortdauert und dabei so klingt, als würde der Schauspieler Gert Haucke mit seinem fetten Bass in kurzen, heftigen Alarmrülpsern das Wort "Lungenspitzenkatarrh" wieder und wieder herausbellen. Den Herrn Haucke hab ich mal im Rundfunk kennengelernt, das ist ein ganz lieber, weicher und sensibler Kollege gewesen, der das Unglück hatte, aufgrund seiner Stimme und der eindrucksvollen Walter-Matthau-Physiognomie (wie aus Knetgummi gemeißelt) oft gräßliche Rollen von SS-Schergen, Wehrmachtsgeneralen, autoritären Vätern und fiesen Folterknechten zu kriegen. Tragik des Schauspielerberufs! Seine Hunde liebt er über alles und das mit recht, und, wie gesagt, er ist ein ganz lieber, kooperativer Schauspieler gewesen, der sich nicht zu schade für eine Unterhaltung mit niederen Chargen war (ich fungierte als ein kleiner Regieassistent - mußte den Sprechjern die Manuskripte zurechtlegen, Kaffee besorgen oder die Ratschlüsse aus dem Regieraum vermitteln - "Herr Larousse, ein Staubtuch!" lautete der legendäre Satz, den der Regisseur O. mal nach mir bellte).

    Kurz, der Winter schien neulich schon kurzerhand vorbei, bevor er erst zaghaft begonnen hatte, und nun kommt er Tomatenpflanze in der Duschkabineauch nur mal auf Stippvisite zurück, wie man hört. Aber die XXL-Tomate vom Sommer, die sich so himmelstürmerisch auf unserem Balkon gereckt und bisher eigentlich nur 2-3 allerdings eindrucksvoll große Früchte herausgerückt hatte, sie steht immer noch, und zwar in unserer sonst nicht benötigten Duschkabine. Und wahrhaftig, die winzigen grünen Knödel, die sich kurz vor dem ersten Dezemberfrost zeigten, inzwischen sind sie herangewachsen, aufgeplustert und gereift und können in Kürze geerntet werden. Vielleicht sind sie besonders schmackhaft, wie Eiswein oder Grünkohl, nach dem Frost geerntet? Die armen Blätter sind darüber - trotz Gießens - verwelkt, aber der Stamm steht noch, und ich will versuchen, Kerne aus den Früchten zu lösen und zu trocken, um eventuell im Frühsommer zu einer neuen Tomatenpflanze von solch überzeugender Standfestigkeit zu kommen. So hat auch der Winter seine Freuden - Vorfreuden, vor allem. Draußen eilen die Eichhörnchen über die Bäume auf der Suche nach Nußbergwerken, Rotkehlchen und Meisen pwechseln sich an den Knödeln ab, mitunter schaut ein Buntspecht vorbei. Heute abend freue ich mich auf passierte, frische Tomaten, auf pasta al sugo e al burro!


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  • Regenregenregen, und zwar exaxt seit 6.00, als ich zur Toilette wankte und noch überlegte, ob die Wäsche schon so früh reingeholt werden muss. Natürlich entschied ich mich dagegen, und lauschte wenig später in den warmen Federbetten dem harmlos-spielerischen Tropfentrommelspiel an der Fensterscheibe. Jetzt ist es neun Uhr, die Liebste schläft in den Sonntag hinein und aus, und es pladdert und plappert, als wolle der Allmächtige die Welt nochmal gründlich abspülen, bevor er sie zu den anderen in die Geschirr-Ablage stellt. Gut, dass wir nicht weggefahren sind, man würde sich nur ärgern, weil es außer den ganz mediterranen Außenrädern wohl keinen trockenen Ort Europas gibt, an dem man Sècheresse & Sonnenbrand verwünschen könnte. Hier immerhin kann man sich einbilden, der Regen sei die gerechte Strafe für's Daheimgebliebensein. Der einzige trockene Ort ist wahrscheinlich mein Tomatenhaus, dessen Bewohnern ich, Ironie des Schicksals, täglich mit dem Wasserwerfer zu Leibe rücken muss. Tomatenhaus von vornAls wir neulich in Paris waren, haben wir ein von meinem Schwiegervater angeregtes Kräutereimer auf der TerrasseBewässerungssystem ausprobiert - PET Flaschen (für mich müssen die pfandfrei sein) mit Wasser füllen, Deckel mit Bohrlöchern durchsieben und mit der Schnauze nach von in die Erde stecken. Nach viereinhalb Tagen war ca. noch ein Drittel Wasser drin, kann man also eine gute Woche verreisen, ohne dass - im Fall, dass es mal wirklich nicht regnet - der Boden austrocknet. Auch der Kräutereimer auf der Terrasse hat das verstanden und "gut angenommen", wie man auf der Chefetage sagt, wenn sich die Belegschaft an eine Anpassung der betrieblichen Leistungen an die neue wirtschaftliche Gesamtlage gewöhnen soll. Tomatenhaus von der Seite"Boden", das ist in meinem Tomatenhauses eine Ansammlung von Blumenerdesäcken, in die ich auf der Unterseite kleine (zur Vermeidung von Wasserstau), auf der Oberseite bierdeckelgroße Löcher geschniten hatte, um die Tomatenpflänzchen einzusetzen. Hat gut geklappt. Da die Erde trotzdem ein wenig einsackt oder durch täglichen Spritzguß weggespült wird, habe ich mit Pferdeäpfeln (vom Reitweg im Grüngürtel eigenhändig - na gut, mit einer Schaufel und Plastiktüte, war aber ganz sauber und, keine Sorge, schon älteren Datums - gesammelt) und Kaffeesatz nachgefüllt. Bisher gedeiht alles prima, nur ein abgebrochener Ast ist zu beklagen - wurde vielleicht zu schwer - und eine beim Strippenziehen versehentlich geköpfte Pflanze, die aber schon Tomaten produziert. Nur die von ihrem Stifter so genannte XXL-Tomate, die noch auf dem Balkon steht, will keine Früchte tragen. (Die allererste, schon im März gepflanzte, hatte bereits 3 ernterote Kleintomaten - köstlich, aromatisch, lecker!) Die XXL soll angeblich bis zu 2,40 hoch werden, das ist gut und schön, aber wann bringt sie die entsprechende Ernte ein? Derzeit ist noch nichts dergleichen zu erkennen. - XXL-TomatenstaudeDemgegenüber ist das segensreiche Basilikum, das ich vor zerstörerischem Schneckenfraß wieder in die Wohnung gerettet hatte, dermaßen ins Kraut geschossen, dass ich fast keines der ca. 40 Pflänzlein aufgeben musste. Wenn viele von denen noch "klein" sind, dann nur, weil es mir an Umtopf-Speicherplatz fehlte. Nachdem ich schon ein paar Gläser Pesto produziert hatte - leider kann man das Zeug nicht einkochen - , ging ich am Wochenbeginn dazu über, einen ganzen Balkonkasten freizuräumen und die vielen Töpfe - von denen ich einige schon an Besucher verschenkte - erheblich zu beschneiden. Heraus kamen 3 prallgefüllte Plastiktüten im Gefrierfach (eine Truhe haben wir leider nicht) und ein üppig-dickes Bündel, das ich - haha, nicht anders als gestern die Bettwäsche im Hof - zum "Trocknen" an den Balkonbalken gehängt habe. Ich trinke täglich einen Tee davon, soll gegen Schlaflosigkeit helfen, bisher lässt die Wirkung noch auf sich warten. Falls das Kraut gegen den Basiliskenblickl hilft, haben Basilisken, die in unsere Fenster spinxen, schlechte Karten! - Als ich nach einem halben Tag Arbeit fertig hatte, fiel mir ein, dass ich den basilikumbebebuschten Blumenkasten am Gitterfenster ganz vergessen hatte. Es ist also noch viel da, möchte vielleicht jemand da draußen frisches Basilikum? - Zu alledem fehlt mir jetzt noch eine Wasserbüffelin im Hof, schlammiges Wasser findet sie genug dort, weil der Ablauf nicht so recht will (vermutlich wegen der Rheinnähe), und der selbstgemachten Mozzarella-Bruschetti wird kein Ende sein. Bei LIDL hab ich auch wieder Pflanzen mitgehen heißen, die "aufgegeben" wurden, also diesseits der Kasse auf Mitnehmer warteten, diesmal Chrysanthemen, die auch prächtig weiterblühen, wenn sie erst Wasser gekriegt haben - während die von einer Freundin neulich mitgebrachten Pflanzenstengel dahinmickern, leider auch die Himbeerstaude, das will nicht mehr recht Wurzel fassen, hab's noch nicht weggetan, vielleicht tut ja der Monsun da draußen ein Wunder. Die eigentlich schon abgeblüht erscheinende Wicke namens "Morning Glory" - heute früh mit 10 Blüten vertreten, darunter reinweiß, weiß mit pink-Streifen, weiß mit violett-Streifen, halbundhalb pink/weiß, tieflila - hat Samenkugeln produziert, die auch tatsächlich schon angegangen sind, einige haben wir verschenkt und einige für nächstes Frühjahr weggetan, und die neuen Keimlinge einfach dazugepflanzt. Dem Besuchskaninchen musste ich einen Durchschlupf im Zaun versperren, Singvögel lassen sich kaum noch blicken (die Baustelle nebenan mag schuld sein, die macht schon so früh Lärm, und das Wetter ist ja auch nicht nach öffentlichen Gesangvereins-Auftritten), Raben und Elstern (eine verlor neulich eine schillernd blaugrüne Feder, die ich einer mir bekannten Lyrikerin in Berlin sandte) teilen sich das Terrain. Und ein Idiot aus der Nachbarschaft schleppte gestern mit Sohn seinen Sperrmülltisch an, auf den ich jetzt wohl den Rest des Sommers blicken soll (mal ehrlich, ist das ein Sommer? wird er sagen). Vielleicht kommt ja auch der Sperrmüll und nimmt ihn gnädig mit, wir haben die Stadtreinigung auch bestellt, um das alte Sofa abzuholen, derzeit leben wir mit einem neuen aus Bio-Vollkorn-Stoffen und Echtholz und mit dem schwarzen kunstledernen vom TROC. Auf beiden lümmelnd, haben wir grade ausführlich bis elf gefrühstückt. Soweit die neuesten Nachrichten von meinem persönlichen Bundesgartenschaugelände!


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  • Das Fuchs-Rabe-Erlebnis lag noch keinen ganzen Tag hinter mir, da begab sich,  dass ich - zurückgekehrt nach einem Ausflug mit dem Rad - mit meiner Frau bei Kerzenschein und Waldmeistersirup-Soda auf dem Küchenbalkon saß und punkt 22.00, zur Fledermausstunde II (morgens ist I - siehe Arno Schmidt, Seelandschaft mit Pocahontas - wenn die übernächtigten Dämonen zu schwirren beginnen und dem Vampyr vor der aufgehenden Sonne graust) eine Katze zur Einfahrt hereinkam und zielstrebig den Hof überquerte, um ebenfalls durch das Loch im Brombeerzaun ganz hinten zu verschwinden. Zur Konferenz der Tiere vielleicht?

    Darauf genehmigte ich mir einen Mavrodaphne mit Eis und Zitrone...

    Und am anderen Morgen, nach einer einigermaßen durchwälzten Nacht mit allen notwendigen Wendemanövern wurde ich wach, ging einem dringenden Bedürfnis nach und öffnete das Badezimmerfenster um Punkt 5.01, wen sehe ich - wieder die Katze, die aus dem Brombeerzaun herausschlüpft und wieder zielstrebig ihrer Bahn folgend, den Garagenhof wieder verlässt, wie sie gekommen war.

    Ich kenne diese Katze, ich hab sie schon ein paarmal gesehen, einmal stand ich im Hof. Sie nimmt von nichts und niemandem Notiz, spürt auch nicht neugierig herum, und von mir ließ sie sich schon gar nicht irritieren. Sieht aus, als wäre sie wie ein zerstreuter Pendler unterwegs zum Arbeitsplatz und dächte an nichts anderes. Acht Stunden sind kein Tag, Katze! Das gilt auch für die Nachtschicht. Man kann sich doch auch mal zerstreuen, in der Umgebung umsehen, auf einen Absacker im Hof bleiben oder sich gar ein knackiges Vögelchen aufreißen. Auch Katzen sollten sich gewerkschaftlich organisieren und nur gegen Tarif und Pausenregelung auf Mäusejagd gehen.


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  • Kein Wunder, dass sich unser Besuchskaninchen schon länger nicht mehr blicken ließ. Heute war's soweit. Gut, dass ich ein Tomaten- und kein Hühnerhaus in den Garagenhof gestellt hatte! Und merkwürdigerweise bewahrheitet sich mal wieder der historische Kern, den die guten alten Fabeln doch immer bergen - hier eine deutsche und französische Version der Quelle bzw. der ("La") Fontaine. Denn wir saßen beim 6.00-Morgenkaffee am Küchenfenster, ich denk' noch, was ist denn mit den Raben los, dies Gekeife und Geschimpfe, das machen sie doch sonst nicht so früh am Morgen... Wir gucken raus und da steht er - schlank, hochbeinig, nicht ganz so groß wie ein Schäferhund (das Fell auch nicht viel anders, jedenfalls nicht zinnoberrot wie in meinen Kinderbüchern), aber doch immerhin ganz imposant - der Jungfuchs, den meine Frau schon auf dem Feld "schnüren" sah - und vor ihm breitbeinig-hartnäckig der Rabe: Verwünschungen keifend wie des Talibans Weib und in ebensolcher klerusschwarzer Ganzkörper-Burka, tanzte herum, machte allerlei Drohgebärden, kriegte sich gar nicht mehr ein. Ich tastete nach dem Fernglas, machte noch dummerweise die Balkontür auf und hastewaskannste, ist der Fuchs mit ein paar Hüpfern, den buschigen Schweif hinter sich herwedelnd, hinter dem Brombeerzaun verschwunden, während sich der Rabe triumphal in die Brust warf. La FontaineInteressant der Wagemut des Raben, ein zweiter schickte sich gerade an, heranzuflattern, während sich die Elstern, die sonst mit Robert-Mitchum-Halbstarkengang ("swaggering") über die Bliesheimerstraße patroullieren und jede Ratte und jeden toten Igel verbellen, in respektvoller Entfernung hielten. Noch interessanter, dass sich auch der Fuchs zunächst nicht stören ließ - Rabe und Fuchs im Dialog auf "Augenhöhe", möchte man wider besseres Wissen sagen, denn der Rabe war natürlich viel kleiner, (dafür lautstärker), und anders als bei La Fontaine saß er auch nicht auf einem grünen Zweig... Und ob sich der Rabe nun beklagt hat, dass ihm der Käse abhanden kam, ließ sich nicht mehr feststellen - auch nicht, um welchen Käse es ging, ob es z. B. der Brie von Melun war, wie die zuständige Confrérie mit guten Argumenten behauptet: erstens kannte La Fontaine Melun, zweitens hat der Brie von Melun im Gegensatz zu dem von Meaux (wo man die Fabel ebenfalls für den heimischen Käse reklamiert), eine wesentlich größere "Fernwirkung" und vermag, wie es im Gedicht heißt, Maître Renard durch den schieren Odeur anzulocken, außerdem ist der Brie von Meaux (1815 beim Wiener Kongreß, in einem von Talleyrand ausgerufenen Käsewettbewerb, zum "König aller Käse" deklariert) viel zu groß, um vom Raben im Schnabel gehalten zu werden. Drittens hat man bereits im 17. Jahrhundert Brie-Käse in Melun hergestellt, der - im Gegensatz etwa zum Camembert - auf eine 1000jährige Tradition zurückblicken könnte, wenn er Augen hätte. Ob der Fuchs mit Brie aus Melun oder Meaux auf das Brachfeld entschlüpft ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber hinterher beobachteten wir noch ein wenig den Buntspecht, der sich in waghalsigen akrobatischen Verrenkungen kopfüber, kopfunter durch das Gezweig der Tannen pickte, die rechts am Garagenhof beieinanderstehen und ein bißchen Waldlandschaft darstellen. Ich hab in die Lichtung übrigens noch eine Aldi-Brombeere reingepflanzt, die ich verbilligt gekriegt habe. Meine Basilikumzucht, die ich bei dem Pladderregen der letzten Tage ein wenig in den Schutz der Bäume geschoben hatte, wird wahrscheinlich doch von Schnecken verzehrt, die aber andererseits Basilikum nicht richtig mögen, denn sie lassen immer was übrig, knabbern mal die winzigen Keimlinge (dann ist da tabula rasa), mal dieses oder jene Blatt an, meist von innen ein Loch nagend... Vielleicht werden sie aber - von Amsel, Elster, Rabe oder Taube - selber verzehrt, bevor sie sich zum Rand durchbeißen oder den Teller resp. Blumentopf leermachen können? Eine schöne Portion Schnecken mit oder ohne Kräuterbutter macht ihnen der Fuchs bestimmt nicht streitig.

    Diese nette Variante der Geschichte, die ich einem französischen Diskussionsforum fand (wo man mal wieder über die Frage diskutierte, welcher Käse es gewesen sei), könnte auch in unseren Hof passen:

    Maître Corbeau sur un chêne mastard
    Tenait un from'ton dans le clapoir.
    Maître Renard reniflant qu'au balcon
    Quelque sombre zonard débouchait les flacons
    Lui dit: "Salut Corbac,
    c'est vous que je cherchais.
    A côté du costard que vous portez, mon cher,
    La robe du soir du Paon est une serpillière.
    De plus, quand vous chantez, il paraîtrait sans charre
    Que les merles du coin en ont tous des cauchemars."
    A ces mots le Corbeau plus fier que sa crémière,
    Ouvrit grand comme un four son piège à ver de terre.
    Et entonnant "Rigoletto" il laissa choir son calendo.
    Le Renard le lui pique et dit: "Apprends mon gars
    Que si tu ne veux point tomber dans la panade
    N'esgourde point celui qui te passe la pommade ..."

    Moralité:

    On doit reconnaître en tout cas
    Que grâce à Monsieur La Fontaine
    Très peu de chanteurs d'opéra
    Chantent aujourd'hui la bouche pleine.


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