• Barbershop im Kyffhäuser eröffnen?

    Plötzlich Prinzessin - diese Parallele kann man sich gedanklich nicht verkneifen, wenn man die Karriere des katholischen, glatzstirnigen Friseurstudio-Inhabers aus Aachen betrachtet, der seine im Osten aufgekaufte Haarstylingkette mit Erfolg an die Börse shampooniert, äh, katapultiert hat. Was die Mädels in seinen Läden wohl verdienen? oder sind das klandestine Barbershops mit cowboystiefeltragenden Schermesser-Salafisten?

    Oder auch: "Habemus Papam", kann das Parlament in Erfurt jetzt sagen, und ob nun die oder jene das Weihrauchfaß schwenkten, der ölige Gestank nach Grillfleisch dringt doch durch die Ritzen - der Rauch will einfach nicht weiß werden.Kein Trabbi vor der Wartburg

    Man kann sich natürlich auch mal fragen, wieso die kleinste Fraktion von gradezu 5 Männeken den Ministerpräsidenten stellen will. Da wedelt doch der Flügel mit der Ente, äh, der Schwanz mit dem Hund, oder? Und der Regierungschef will angeblich keine Unterstützung der 22köpfigen Rechtsaußen und der 24köpfigen Linksaußenfraktion haben, und wäre (wie es in einer ersten Erklärung hieß) gönnerhaft bereit, auch "SPD-Minister" zu akzeptieren. Die winkten aber gleich ab, die dargebotenen Fleischtöpfe waren auch schon stinkend geworden. Und FDP? Hat nicht schon der wohlwollende Papa Heuss das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ mitunterschrieben, das dann jede weitere dumme Debatte, wer das Land regiert, überflüssig machte? eine Regierung mit 5 Ministern (innen, Verkehr, Finanzen, Umwelt) reicht doch, unbürokratisch, weniger Staat, alles neoliberaliter durchwinken, und sparsamer wär's auch. Bequeme wechselnde Mehrheiten!

    Dass er sich seinen Hauptwählern so ganz undankbar gegenüber äußert, ist ein bißchen gemein, schließlich konnten die nichts dafür, daß ihm der Blumenstrauß der Landtagspräsidentin vor die Füße flog, und am Ende kriegte er von denen doch Blumen, ätsch, deshalb durfte ihm Mahnmal-Bernd auch treuherzig die Flosse schütteln.Ente im Weimarer Schloss Thomas und Bernd haben übrigens beide in Bonn studiert, 1989 der MP und 1992 der Flügelmann. Und den andern Stammtisch- und Stubenhöckes ist sowieso egal, wer unter ihnen Ministerpräsident oder Minister ist. Hauptsache,  sie haben für die Richtlinien der Politik gesorgt, und das werden sie auch weiterhin tun. Die sechs Zauberworte "ich nehme das Amt nicht an" hat er nicht über die Lippen gebracht, als die Stimmen ausgezählt waren, was nun? Tritt er zurück und "macht den Weg frei für Neuwahlen", wie diejenigen Parteien fordern, die sich von Luthers SchreibstubeNeuwahlen ein paar Mandate mehr erhoffen? (Die Ente im Weimarer Schloss, links, trägt auch schon AfD-Farben...)

    Was macht man eigentlich, wenn man per Zufall und angeblich völlig überraschend "einenTag Ministerpräsident" ist? Die eigene Steuererklärung abnicken? Die Wartburg zum Regierungssitz ausbauen und melancholisch auf Luthers immer wieder erneuerten Tintenfleck starren? Genehmigung für ein neues Haarstylingcenter im Kyffhäuser (Barbarossa kann, by the way, mal eine Vollrasur gebrauchen, dann läßt sich der Tisch auch wieder benutzen! An dem kann dann der Flügel sein nächstes Treffen abhalten.)

    Was wäre wohl die Folge? Erdrutschsieg für die NSDAFD - oder, wie gemunkelt wird, eine Stärkung der Linken, weil die Ossies rein stimmungsbarometermäßig immer für den grade regierenden Obermotz sind? Wäre dann nicht die FDP erst recht an der Reihe? Wie man ja auch im ersten Schreck Herrn Kubicki und Herrn Lindner Worte wie "Fundamentalopposition" zischeln hörte, als CDU und SPD nicht so recht mit dem Zuspruch für ihren gewählten Mann in Erfurt herausrücken wollten.

    Ich könnte mir vorstellen, dass das auf Anhieb erstmal so probat wirkende Hausmittelchen "Neuwahlen" nicht ganz so schnell verabreicht werden kann wie Glaubersalz - runterschlucken, dann Beeilung und schwupps, sind die bösen Säfte raus aus dem Körper. Wenn er erst mal Platz genommen hat im Hohen Haus, tendiert der Abgeordnete dazu, sitzenzubleiben und sich außer vom Wahlvolk von niemandem rausmobben zu lassen. Denkt an England, wo Boris Johnson erst vor wenigen Wochen die Ferien verlängert hat, und was macht das undankbare Parlamentarierpack? Meckert und klagt, bis der höchste Gerichtshof die frühere Wiedereinberufung erzwingt. "Quatschbude auseinanderjagen", so nannte man das in reaktionären Kreisen in Deutschland, egal ob die Bude nun in Frankfurt, Berlin, Bonn oder Weimar stand - ging auch nicht so einfach. Außerdem ersitzt man sich ja Diäten und mit der Zeit noch Altersversorgung. Also bleiben sie in Erfurt beisammen, und wählen am besten im 72-Stunden-Rhythmus so oft, bis es paßt? Oder ermitteln den besten Regierungschef durch Dritten abschlagen, Schnick-Schnack-Schnuck oder Flaschendrehen? Wie es auch sein mag, irgendwann kommt er, der, der da kommen soll, blond und blauäugig mit treudoofem Hundeblick, und führt uns vor, was man mit Parlamenten macht, die man nicht mehr braucht - in Ruhe weiterlabern lassen. Parla- Parla- Parlament, schließlich gab es  nach dem Reichstagsbrand noch bis 1942 eine Krolloper. Also auf, ihr Erfurter Volksvertreter, lasst euch nichts sagen von den Berlinern, immer schön fest zusammenhalten, dann wird das was mit der Revolution, dann sausen bald wieder die Klingen von der Guillotine runter -  siehe die Schilderung vom 23. Juni 1789 unten!

    Die drei Stände befinden sich, doch von einander abgesondert im Saal: der König sitzt auf dem Throne, und hält eine kurze Rede, worin er sich über die bisherige Unthätigkeit der Stände beklagt. Hierauf läßt er zwei Declarationen ablesen. Die erste Declaration hebt die Beschlüsse des dritten Standes vom 17ten als gesetz- und constitutionswidrig auf, schreibt die Beibehaltung der Deliberation nach Ständen vor, bemächtigt und ermuntert zwar die Stände sich über Angelegenheiten, welche das allgemeine Beste interessiren zur gemeinschaftlichen Berathschlagung zu vereinigen, schließt aber ausdrücklich von dieser Classe die constitutionellen Gerechtsame der verschiednen Stände, die Form und Constitution der künftigen Reichstage, die Prärogativen des Adels und der Geistlichkeit, die Herrschafts-Rechte der Gutsbesitzer aus; giebt verschiedne Regeln, nach welchen in den Fällen, wo die gemeinschaftliche Deliberation obwalten wird, verfahren werden soll, und verbietet endlich allen, welche nicht Deputirte sind, aufs nachdrücklichste, den Sitzungen beizuwohnen. Die zweite Declaration kündigt die wohlthätigen Absichten an, die der König durch die Operationen der Ständeversammlung realisirt zu sehen hoffe: eine neue Ordnung im Finanz-System, die Zuziehung der Repräsentanten der Nation zu jeder Errichtung oder Verlängerung einer Abgabe, die Einschränkung der Ausgaben, selbst derer, welche das Königliche Haus betreffen, die Abschaffung der Exemtionen von Auflagen der Taille, des Lehngeldes, der Frohndienste beym Straßen-Bau, der Geheimen Verhafts-Briefe, die Einführung der Provinzial-Versammlungen, die Erleichterung der Salz- und Consumtions-Steuer, die Verbesserung der Civil- und Criminal-Gesetze u. s. f.

    Hahn im Freiluftmuseum bei SchleusingenNach Verlesung dieser Declarationen befiehlt der König den sämmtlichen Deputirten, sogleich aus einander zu gehen, und sich den folgenden Tag in ihren abgesonderten Zimmern wieder zu versammeln. Die Deputirten des Adels und der Geistlichkeit folgen dem Könige, da er den Saal verläßt: die Deputirten des dritten Standes bleiben unbeweglich auf ihren Sitzen. Als der Ceremonienmeister des Hofes sie nochmals auf das Verlangen des Königes aufmerksam macht, antwortet ihm Mirabeau "nichts als die Gewalt des Bayonets werde die Repräsentanten von ihren Plätzen vertreiben" Sieyes fragt seine Collegen: "ob sie nicht heute noch sind, was sie gestern waren". Auf die Anträge von Camüs und Barnave erklärt die Versammlung, "daß sie von ihren vorhergehenden Beschlüssen nicht ablassen könne", und auf Mirabeau's Vorschlag wird die Unverletzlichkeit der Deputirten in den kühnsten und drohendsten Ausdrücken verkündigt.

     Diese unglückliche Session war die Losung zum offnen Kriege gegen die Königliche Macht, und der erste Schritt zu ihrem Untergange. Der König befand sich in einer Lage, worin er nichts wagen durfte. Sobald es nur als möglich angesehen werden konnte, daß die Deputirten des dritten Standes den Gehorsam verweigerten, mußte man eher alles in der Welt thun, als sie auf die Probe stellen. Es gab nur noch ein einziges Mittel wodurch der König sich selbst und die höhern Stände retten konnte: die mäßige, die beliebte, die siegreiche Partey zu ergreifen, und Adel und Geistlichkeit zur gemeinschaftlichen Deliberation hinüber zu ziehen. Das letzte that er drei Tage nachher: die Session vom 23ten hatte sich aber zu tief in die Gemüther geprägt um nichts weiter als fruchtlos zu sein.


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