• ...allerlei Getier im Allgäu

    Nun hat uns der Regen wieder eingeholt, aber zwischen seinen schweren Atemzügen war es doch trocken genug, um weitere Spazierwege rund um Bad Grönenbach zu erkunden. So haben wir gestern noch einmal die Illerschleife besucht, sind aber bis zur Iller heruntergewandert, wo man allerdings nicht viel vom fast unzugänglichen Fluss hat. Ein Stauwehr, das tosenden Lärm verbreitet, war als elektrophysikalisches Sperrgebiet unzugänglich, und zwischen Wegen und Fluss bilden Schilf, Schlamm und Dickicht einen Abwehrzaun. Später haben wir die hinter dem Zaun an der Rossaue das Gras mampfenden Kühe mit ein paar Flötentönen unterhalten. Danach sind wir über den üppig begärtnerten Weiler Rothmoos zurückgekehrt und fanden auch noch ein paar grüne, unbekannte Seitenwege durch die Wälder.

    Kühe stehen überall in Bad Grönenbach herum, auf teilweise haarsträubend steilen Hängen, und verbreiten vor allem an der Kneipp-Tretanlage meditatives Glockengeklimper. Damit sie sich nicht so langweilen, spiele ich ihnen gern ein paar irische Weisen auf der tin whistle vor. mon blog retrouvé...Manche stehen ehrfurchtsvoll auf oder kommen von weit her herangestakst, um sich das unterhaltsame Konzert nicht entgehen zu lassen, andere mampfen kuhselig weiter oder wenden höchstens mal im Liegen halb den Kopf hin. Die typischen Allgäuer Kühe sind nach Kornelias Meinung nicht die rotbunten oder schwarzweiß-gefleckten, sondern die eher grauen oder graubraunen, die so fluffig aussehen, weil ihr Fell längere Haare hat (sie tragen auch so merkwürdige Kopfwuschel zwischen den Hörnern und haben lange Wimpern). Diese Kühe sehen nicht nur so aus, sie heißen alle "Knutschie", so stand es in der Memminger Zeitung. Einen individuellen Namen erhalten sie erst, wenn sie gekalbt haben. Dann nennt sie der Bauer gerne "Boxenluder", "Mafalda" oder "Apple iPod" - in Haushalten, wo mehr Söhne sind, werden angeblich technische Bezeichnungen oder Automarken bevorzugt. Stand alles im Memminger Anzeiger.

    Was gibt es sonst noch an Getier in und rings um unseren Urlaubsort? Zwei- bis dreimal haben wir Rehe gesehen, Kornelia sogar einen veritablen Junghirschen, die stürzen natürlich gern eilends davon, wenn man mit Walking Sticks auf sie zumarschiert. An Katzen ist im Ort kein Mangel, sie sitzen gern dekorativ im Vorgarten und spielen "Statue", wenn Wanderer vorüberkommen, oder sie tapern auf den Wiesen herum und suchen nach Feldmäusen oder anderen feindlichen Erscheinungen. Eine, die wir gestern auf der 4fCircle-Sportanlage beobachteten, war noch recht jung und übte das Jagen mehr als es wirklich zu tun, raste unvermittelt auf einen Grashalm zu und flitzte eine Baumbefestigung und anschließend das Bäumchen hoch, um sich da festzuhalten und am Strick zu kauen, mit dem das Bäumchen festgemacht war - Vorsicht, Katerchen, so sägt man leicht den Ast ab, auf dem man sitzt! Wir hatten den Eindruck, das verspielte Tier wolle uns vorführen, wie gelenkig es im Gegensatz zu uns ist. Ein anderes, helllbraunes Katzentier sprang gestern, als ich vorbeijoggte, mit viel Getöse von einem Dach auf das darunter geparkte Auto. Auf der Motorhaube unseres Wagens sind auch schon verdächtige Kratzspuren. Jedenfalls wirken die Katzen recht gepflegt, wenn auch unbehaust, vermutlich werden sie gefüttert und haben ihren Aufenthalt weniger im Familienheim als in den Stallungen oder Geräteschuppen. Hunde sind viel seltener, gelegentlich haben Spaziergänger welche mit. Übrigens sahen wir vor einiger Zeit ein Schild (selbstgemalt, wie viele Schilder hier), auf dem sich der Besitzer eines öko-Ackers das Betreten und Vollscheißen durch Hunde verbat.

    Eine reichhaltige Welt von gefiederten Freunden findet sich im Wald, vom Rotkehlchen über allerlei Amseln bis zu Habichten und Bussarden haben wir schon alles aufflattern gesehen. Ein Ökoprogramm hier am Ort sieht nicht nur die Besamung der Feldraine mit bunten Blumen vor, damit die Bienen etwas zu bestäuben vorfinden, sondern auch den Bau von Insektennestern und -kästchen, die überall im Ort aufgehängt sind. Nicht alle diese geflügelten Würmer - Schmetterlinge von leuchtend orangener, zitronengelber oder schlichtweißer Farbe gehören auch dazu - sind angenehmer Natur. mon blog retrouvé...Von den Schäfchen zur Rechten und zur Linken ("Freude tut winken") hab ich jetzt noch gar nichts erzählt, von den Maultieren, die  man allenthalben eingepfercht sieht und von den zahllosen Schnecken, die einem mit und ohne Haus begegnen (nach Arno Schmidt soll man die Hausbesitzer mit "Guten Tag, Herr Schneck" begrüßen, die anderen mit "Na, Schneck?"). Bremsen und Mücken ärgern nicht nur die Kühe, die wirklich viel Gymnastik unternehmen müssen, um sich zu wehren, sie haben uns auch schon verschiedentlich erwischt. Die Forellen hätte ich fast vergessen, die sportlich aus ihren Zuchtteichen hervorschießen und nach Mücken schnappen. Mich lieben einige Fliegen so, dass sie mich morgens freudig begrüßen und gar nicht mehr loskommen von mir, ähnlich die Wespe neulich im Badeteich, da konnte ich drei bis viermal untertauchen, sie kam immer wieder an. Frösche haben wir an der Iller reichlich springen gesehen, zwei stattliche wimmelnde Ameisenhaufen konnten wir beobachten und auf dem Rückweg habe ich noch eine Ringelnatter fotografiert, die vergeblich versuchte, auf einer der Stufen zum Hohen Schloss ein nachdenkliches Fragezeichen zu bilden.


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  • Commentaires

    1
    hdorn
    Samedi 14 Août 2010 à 22:33

    Du schaffst es immer wieder, meine Lesefreude zu befriedigen, allerdings werde ich in naher Zukunft noch keine Ferien im Allgäu verbringen ... auch wenn du das alles so lebendig im Détail beschreibst

    Hier in der Provence sind die Temperaturen arg gesunken, das Wasser der Sorgie war soundso a...kalt, wo nur noch die Enten unermüdlich paddeln,  aber das bereitet denn auch das Gemüt auf die Rückkehr in den Norden vor, gell?

     

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    2
    Petit Larousse Profil de Petit Larousse
    Dimanche 15 Août 2010 à 09:51

    Ach, und was könnte ich für Tiergeschichten aus der Provence erzählen! Diese überdimensionalen Hummeln, Käfer, Gottesanbeterinnen und das ewige Sumsum der Zikaden, dass man ganz nervös wird, wenn sie nicht mehr sägen... Das Grundstück, das wir uns da mieteten, grenzte außerdem an ein Pferdegestüt, und wenn Pferde niesen,tun sie's noch lauter als meine Frau und einst ihr verstorbener Großvater. Morgens im Zelt weckte uns dann gern ein Fauchen, wie von Großwild ganz in der Nähe, aber es war nicht Löwe noch Panther noch Tiger, sondern der Gasbrenner irgendwelcher landender oder startender Luftballons auf dem Acker.

    3
    Kornelia
    Mardi 17 Août 2010 à 11:18

    Diese Allgäu Erlebnisse sind wirklich süß und anschaulich geschildert. Ich hoffe ich halte jetzt den stärkenden Kräuterduft für lange Wochen in der Nase.



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