• Mein Gott, die Merkel nu wieder? Halsbandsittich am FutterhausIn ihrer Neujahrsansprache, die einen Tag vor Neujahr ab ca. 19.00 auf allen Kanälen kommt, hat sie so lustig-listig immer von der Seite geblinzelt, das wär als solches ja nicht schlimm, aber was da aus ihrem Mund purzelte, war eine solche Ansammlung von Platütiden, dass es ihr sog. "Ziehvater" H. Kohl auch nicht besser hätte faseln können. Und was hatte sie da für ein Kleid an, grünlich wie aus einer Satin-Gardine geschneidert, die sich Thomas Mann für die Buddenbrooks ausgedacht hat. Den Schreibtisch immer penibel aufgeräumt und daneben Flaggen von EU und Germany, seltsam, als wenn sie sich zwischendurch als Miss World in dieselben wickeln will. - Zwischendurch konnte ich den Eindruck nicht abweisen, Zwei Liebesschlösser ineinanderdass sie den deutschen Pöbel instinktiv hasst, ebenso wie ihre Rolle, die sie zwingt, alljährlich diesen rituellen und seriellen Schwachsinn abzusondern, denn: ihre Politik erklären, motivieren, um Verständnis werben oder dgl., darüber ist sie hinaus, das ist in der Demokratur, die uns Schröder und Kohl hinterließen, offenbar nicht mehr nötig. Die Ostpolitik, die autofreien Sonntage, sowas wurde noch zumindest anscheinsweise begründet, aber schon die sog. Ver-Einigung war nicht mehr erklärungsbedürftig, ebensowenig wie die Auslandseinsätze der Bundeswehr, hier und da half noch ein Oderhochwasser (Stirnrunzeln der Kanzlerin etwas betroffener), das jetzt sogar 2x incl. Facebook-Aufruf erwähnt wurde, und wenn wir auch nur eine Kleinigkeit beitragen (z. B. ein "gefällt mir" klicken?), dann macht genau das die Stärke unseres Vaterlands aus. "Es ist also wahrlich nicht alles so, wie wir uns und erhoffen oder wünschen. Doch immer Viele in Deutschland, Junge wie Alte, sagen: ich wage es, sie gründen eine Initiative oder eine Firma. Sie nutzen ihr Talent und werden Künstler, Sportler oder Handwerker." Altern als Problem für Künstler... oder Sportler? HErr, es ist Zeit, der Schwachsinn war sehr groß, lass auf den Fluren (der Regierungszentrale)  endlich Hein, den Schnitter los... Aber gemach, wir haben ja auch Schönes erlebt, wir sind inzwischen schon auf die vierte Rheinbrücke gegangen, eine im Norden, nach Mülheim, wo wir einer an Heiligmorgen diensttuenden Apothekerin ein paar Kleinigkeiten zu Weihnachten brachten; eine sehr weit im Süden und zwei schließlich genau hier, wo wir wohnen. Kranhäuser und DomStromabwärts in Bonn sah ich mir die Silhouette an, die von Postturm, DHL, Mercedesstern auf allen Wegen geprägt ist und musste griemeln bei dem Gedanken, dass der Mauerfall all diesen palästegenerierenden Lobby-Kaiserreichen einen Strich durch die Rechnung gemacht hat: Die Herren der Wirtschaft verkündeten, "die Hauptstadt gehört uns", und zack, gab es eine Miniatur-Revolution namens "Wende", die vom neuen Hauptstadtstyling des Allzeitkanzlers gedemütigten Ossies fürchteten sich, abgehängt zu werden, und zack war das Provisorium weitergewandert nach Nordosten (wo es noch lange - vielleicht für immer - Provisorium bleiben wird) und ließ die leerbleibenden Paläste verdutzt zurück. VW-Filiale am RaderberggürtelNa gut, es galt sowieso bloß, Riesengewinne in Beton und Glas zu gießen (anstatt sie für Kultur, Bildung und Gesundheitswesen zu verplempern) und insofern war der Verlust zugleich wieder Gewinn, im ungesteuerten Chicagoboy-Kapitalismus fließt eben allesGusseisengitter an der Südbrücke in eine Richtung - nach oben. Das Licht war in den letzten Tagen seltsam und die Wolken spiegelten sich wunderlich in den Wasserflächen, selbst die Stadtsilhouetten von Köln und Bonn sahen aus gemessener Entfernung einigermaßen schön aus. Auch warf der frühlingshafte Winter lange Schatten, wir sahen Kirschen und Rosen blühen und Bäume aussschlagen und die Vögel am Haus zwitschern wie verrückt, verrückt (ein wenig) sind auch die Halsbandsittiche, dNordpfeiler der Rodenkirchener Brückeie sich in den Sonnenblumenkernvorrat vertiefen und sich beim Futterhaus nicht stören lassen. Ich habe sie auch im Verdacht, die Kastanien aufzuschnäbeln, die zumindest bei den jüngeren Eichhörnchen keine Beachtung finden, aber mag sein, dass andere Eichhörnchen auch Kastanien mögen, sie verschwinden regelmäßig vom Balkon und hinterher liegen (das scheint meine Papageientheorie zu bekräftigen) die leeren Schalen in unseren unbenutzten Blumentöpfen. Eichhörnchen nehmen Kernobst mit und verbuddeln es oder futtern es andernorts. An den Rheinbrücken in Rodenkirchen (kein Papagei, aber ein ekelhaft reichsdeutscher Adler am Ostpfeiler, der argwöhnisch gen Frankreich blickt) und selbst an der Südbrücke, einer Eisenbahn-Eisenkonstruktion, fiel mir auf, dass hier ganz wenige Liebesschlösser zu finden sind, vereinzelte schon (daran sieht man, dass niemand sie abmacht), aber kein Vergleich zu den gewaltigen Massen, die traubenförmig von der Hohenzollernbrücke herabbaumeln. Wer also Individualist bleiben und sein Liebesschloss nochmal wiederfinden und ggf. nach 3 Jahren ergänzen möchte, kann hier einen exklusiveren playground finden!

    Ich muss zugeben, dass mir dieBonner Rheinpanorama Brückenwanderungen nicht gelinde Probleme bereiten, ich habe wahnsinnige Höhenangst und halte mich immer möglichst fern vom Geländer, wo es mich magisch nach unten zieht, genauer gesagt habe ich dreifache Panik: erstens, es könne mich das schwarze dunkle Wasser da unten so verlocken, dass ich wie von Sinnen über die Reling klettere und nach unten falle, zweitens, ich könne etwas verlieren, was mir irgendwie wertvoll ist, weshalb ich beim Fotografieren geradezu manisch Schattenbild im Grasdie Schlaufe am Unterteil des Apparats ums Handgelenk schlinge - als Student habe ich für meine damalige Freundin eine nichtelektrische Reiseschreibmaschine in Bad Kreuznach gekauft, die sie sich wünschte, 50,- DM hat sie gekostet, so in der Preislage, und ich musste sie über eine ganz harmlose Nahe-Brücke tragen: schweißgebadet (und im Grunde meines Herzens auf allen Vieren kriechend!) erreichteKindertisch und Stühle ich das andere Ufer, wo mein Auto stand. Die Nahe fließt viel flacher im Tal, und die Brücken sind im Vergleich zu denen des Rheins wie leere Kinderstühlchen, die in Raderberg am Wegrand standen. Und drittens fürchte ich, jemand wolle mich hinunterstoßen, z.B. einer der wahnsinnigen Rennradler, gut getarnt durch Helm und Sonnenbrille, auf mich prallen, so dass ich unfreiwillig ins Trudeln komme und falle. Wenn ich mich dann nach "Überquerung des großen Wassers" (I-Ging-Prophezeiung!) allmählich wieder festem Land nähere, wird es zunehmend besser, auch da noch, wo ein Hinunterfallen oder -springen gar nicht gesund wäre, aber ein gewisser Blick über die Reling sagt mir, ach sieh mal an, da kann man wieder die Gräslein und Pflastersteine unterscheiden undReklame für eine Schreibschule rollt womöglich nur einen sanften Abhang herunter, da ist es dann nicht mehr so schlimm (natürlich ist das Quatsch), ich glaube eine nähere Verbindung zur Erde zu spüren und fasse wieder Mut. Eventuell suchen mich bald nach den Brückentagen, wie einst nach einer Karpartenwanderung, nächtliche Visionen heim, bei denen sich alles im Kopf dreht und ich nicht einschlafen kann vor Schwindel.

    In Bonn waren Rheinaue mit Flussarmwir ursprünglich, um die Ausstellung "Florenz" zu besehen, aber das schöne Wetter verlockte uns, den Spaziergang in die Rheinauen und auf die Beueler Seite hinüber auszudehnen, von wo wir mit der Fähre zurück zum Augustinerkloster übersetzten. Nach  Florenz kann man gut und gerne auch an Regentagen gehen. Hier war es viel ruhiger und weniger prollig und es ging geordneter zu als an den Kölner Ufern, wo sich ein buntes Gewimmel von Joggern, Hundeleinenhaltern, RadlernBrückentage etc. tummelt, hier natürlich auch, aber gutbürgerlich auf Abstand haltend und weniger ellbogenhaft, wie mir scheint. Obwohl der Abstand der Brückenwanderer zum Beueler Autobahnverkehr viel geringer ist und nicht wie auf der Rodenkirchener Brücke in Köln durch eine transparent-schallschluckende Plastik-Schutzwand (prima Fläche für Graffiti-Wettbewerbe) abgeriegelt ist. Wer weiß, vielleicht besichtigen wir in diesen Tagen ja noch andere Brücken, aber für mich ist es trotz der oben beschriebenen Gefühle immer schön, verdammt, ich sehe gern von oben die Aussicht und würde auch vom Geländer spucken, und lasse mir natürlich auch nicht nehmen, ab und zu den Rhein zu überqueren.Ente am Rheinufer Für heute wünsche ich allen Leserinnen und Lesern, die sich hier ab und zu einfinden, ein magisch-überraschendes, energiegeladenes und kreativ-schöpferisches neues Jahr. Allen, die wie ich mit dem Schreiben zu tun haben, sei zugerufen: "Schreib! Dein! Buch!" (und wenn es was zu redigieren, überzusetzen oder korrekturzulesen gibt, dann "Ruf! Mich! An!"), aber lasst euch die Anstrengung der Bewegung nicht anmerken, so wie es Enten vermögen, ihre hektisch strampelnden Beine unter dem Bauch zu verbergen und ohne den Anschein der Mühe auf dem Wasser zu gleiten. Lasst es euch gut gehen und denkt an mein Motto, entlehnt bei Ovid: "Die Zeit gleitet fort, wir altern, während die Jahre schweigen, und die Tage ohne hemmenden Zügel entfliehn".


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  • Rotkehlchen im BalkonkastenRotkehlchen im BalkonkastenRotkehlchen im Balkonkasten

     

     

    Da ich vorzugsweise von fotogenen Eichhörnchen, eitlen Halsbandsittichen und flitzenden Meisen erzähle, kommt heute in der Bebilderung das Rotkehlchen ganz nach vorn. Das besucht neuerdings gern unseren Balkonkasten, in welchem immer noch Kerbel wächst, und zupft gern mal an demselben, wenn auch nicht ganz so frenetisch wie die Taube im Sommer, die zuerst die Salatsprossen und dann, in schierer Verzückung, das Kerbelbeet hinmähte. Ganz so gierig ist, wie gesagt, das bescheidene Rotkehlchen nicht, in der Regel pickt es nach den Bröcklein, die vom Munde der Halsbandsittiche abfallen. Zu dem Rotkehlchen in unserem Haushalt hat sich ein Blaudäumchen gesellt, welches neulich aus der fast geschlossenen Autotür herausflatterte - fast geschlossen, wohlgemerkt, denn da war ein Hindernis, das am Zuwerfen hinderte - dabei war es eigentlich komplizierter, denn der Daumen zog grade an dem Frostschutzfolienrand, um ihn in den Türspalt zu kriegen - und sich dann ziemlich eilends zurückzog bzw. seinem Besitzer folgte und ungesäumt nach Hause strebte.blauer Daumennagel Dort war dann PECH die erste Losung für das Blaudäumchen, denn nach weisen Lehren soll man "PECH" sagen, wenn einem so etwas passiert, und dann danach wie folgt handeln (therapieren):
    1. P wie "Pause"
    (d.h. ruhig stellen, Schluss mit Sport oder sonstigen Belastungen des wehtuenden Gliedes);
    2. E wie "Eiswasser";
    in die man betroffene Extremitäten tunken soll (dazu muss man allerdings mit der anderen solo-Hand die Eisstückchen aus dem Kühlschrankfach holen, die sich dann wundern, wo der Martini oder Bitterino bleibt)
    3. C wie "Compression"
    (und zwar feste, das Blaudäumchen verschwand für einen Tag in seinem gezurrten Pflaster)
    4. und H wie "Hochlegen", ist beim Daumen jetzt nicht so nötig wie beim Meniskus.
    Das alles natürlich völlig ruhig und ohne Geschrei, Gefluche und Gejammer, wenigstens hat es keiner gehört, gottlob war niemand in der Nähe, der es bezeugen könnte.

    Schön blau war dann auch der Mondhimmel über Schloß Moyland am Niederrhein (letzter Vollmond des Jahres ist erst nächste Woche), wo ich mir außer tröstlichen Moyländer Krapfen, einer niederrheinischen Bratwurst und Weihnachtslichter auf dem Burggrabendiversen preiswerten Kunstpostkarten für 2,- € ein kleines Bändchen aus der Insel-Bücherei (Nr. 219) mit Schüttelreimen erwarb. (Antiquarisch bzw. second-hand: Vorher hatte das Buch einem Hubert Lehmann gehört, der sich mit der Jahreszahl 1944 dort eingetragen hat.) Ich liebe Schüttelreime, seit meine Nenn-Urgroßmutter Tante Miezchen einen annagrammatischen auf meinen Nachnamen gemacht hat, der mir unvergesslich blieb, den ich aber hier nicht zitiere, schon weil er mir andauernd vorgesungen wurde, er ist ungefähr so gut wie der zu meinem jetzigen Pseudonym: "ledit par l'rousse."Windjammer an der belgischen Nordsee
    Benno Papentrigk allias, der die Insel-Reime wohl für seine Freunde dichtete, hieß mit bürgerlichem Namen (ebenfalls annagrammatisch geschüttelt) Anton Kippenberg und war nicht nur Chef des Verlags mit den tapezierten Büchern, sondern auch Sammler wertvoller Goetheana - auf seiner Schenkung beruht das wunderschöne Goethe-Museum in Düsseldorf, neben den zwei Weimarer und dem Frankfurter Goethe-Häusern die dritte Pilgerstätte für alle Goethefreunde. Da Goethe m. W. keine Schüttelreime hinterlassen hat, vermute ich, Kippenberg wollte in einer Dichtungsform brillieren, in der ihm das erdrückende Vorbild nicht im Weg stand: Turm von Schloß Moyland bei MondlichtEingangs finden sich unter dem Titel "Gradus ad Parnassum" allerlei Lehren und Maßregeln, natürlich in Schüttelreimform, an die sich der Dichter allerdings später selber nicht hält. Immerhin wagt er es, einige ernste Gedanken in Schüttelreime zu kleiden, was nicht ganz einfach ist bei dem Humorigen der Konsonantenverkehrung. Eine Monatskalenderfolge und ein Schüttelreim-ABC sind allerliebst gelungen, und für den Schüttelreim "Werde, was du bist: / Buddhist", von dem ich immer glaubte, er stamme aus den 1970er Jahren, wird hier S. 20 einem gewissen Wilhelm Pinder gedankt ("An manchem Kinderpult treibt man schon Pinderkult"). Auf Goethe bezieht sich wohl der Kalenderreim zu dessen Geburtsmonat: " August, sei mit rühmlichem Scheine beehrt: / In Dir ward der Erde der Eine beschert"); das bezieht sich nicht auf den Cäsar Augustus, der ja auch eine Jungfrauengeburt war wie das Jesuskund. Dem bevorstehenden Feiertag der Christenheit widmet Kippenberg einen SchKeramikvogel auf der Stangeüttelreim, der in seiner Lakonie mindestes so gelungen ist wie das obige Buddhistenmotto: "Ein Sternenfall / Im fernen Stall".

    Richtig weihnachtlich ward mir aber auf dem Moyländer Glühweinparcours nicht zumute, irgendwie fehlten Stände mit Spezereien, Rauschgold, Weihrauch und Myrrhe, Dresdner Stollen oder süßeren Glocken, die klingen. 4 EUR Eintritt! dafür aber keine Gebühren für den mindestens 6 Kappesfelder umfassenden Parkplatz - zahlreiche chinesische Mondautos hätten ihn als "Traktorentanzplatz" benutzen können (das Wort ist aus einem Arno-Schmidt-Buch, dessen Taschenbuchausgabe angeboten wurde). Gleich hinterm Eingang gab es Dampfnudeln und Weihnachtsbaumdeko, da war man aber noch nicht so drauf geeicht und hinterher zu müde. - Gut, es gab ein paar Kräutergarten mit Lichterketten in Schloss MoylandGrafik- und Antiquariatsstände, wunderschöne Exlibris, die gefielen mir auch, aber sonst dominierte, was niederhheinischen Hausfrauen und Villenbesitzern Freuder macht. Jede Menge Gartendeko, edle Brennelemente aus Rostmetall, Obstschalen aus gedrechselem Olivenholz, Kristallenes und Keramik, alles nicht so mein Fall. Dafür gefiel mir die Anlage im Vollmondlicht ungemein, man glaubte, Friedrich den Großen hier lustwandeln zu sehen, auch wenn man die Fahne mit der gestürzten Schrift, die verkündete, dass man Turm und Schloß besuchen könne, ziemlich reklamehaft wirkte (sie hätten wenigstens informativ Toilettenbenutzung 40 Cent dazuschreiben sollen). Für 1 zusätzliche Eurone konnte man wohl durch die ehemals Beuys-gefüllten Säle gehen, die aber arg geplündert sind, seit man sich von der "Petersburger Hängung" verabschiedete, die ich am Tag der zeitweiligen Schließung sogar in der Lokalzeitung gelobt habe, zufällig wurden wir von einer Volontärin interviewt.

    Notausgangschild mit PfeilFahne am Turm von Schloß Moyland

     

    Von Beuys konnte man sich noch ein paar Serigraphien mit Signatur kaufen, Preise im niedrig-dreistelligen Bereich, oder auch die Schallplatte, die er mal mit Klaus Heuser (id est  "Major Healey", lange Zeit bei BAP Leuchtende Deko-Kugel für den Gartenfür die Musik zuständig, Schwebender Kubus von Moyland mit Mondlichtvon der Niedecken bekanntlich nichts versteht)  und Wolf Maahn besungen hat: "Sonne! statt! Rägen!", brüllte er damals ein ums andere Mal ins Mikro, und genoß es richtig hörbar, ein Popstar geworden zu sein, um dessen Gunst die jungen GRÜNEN buhlten. Außerdem gab es den Filzanzug im Miniaturformat, ziemlich blödsinnige Replik, da Josef Beuys doch ein so großer Lulatsch war. - Die damals ebenfalls verbreiteten Plastiktüten, die mit Beuys' kompliziertem utopischem Gesellschaftsmodell bedruckt sind, wurden übrigens in Köln von einem sozial prekär lebenden Menschen mit behindertem Sohn, der eine Kölner Galerie vielleicht ererbt hatte, vom Künstler signiert an einen Antiquar abgeben, den ich kenne, für Stücker 10 DM damals, wenn ich mich recht entsinne und für 50-100 verkauft oder auch nicht, vielleicht im Hinblick auf Wertseteigerung gesammelt. Aber die Wertsteigerung hat ihre Grenzen, das sah man an den Preisen für Arno Schmidt, Zettels Traum in der "Studienausgabe" (Hefte im Schuuber" kostete 130 EUR, die Schallplatte im Holzkasten "Vorläufiges zu Zettels Traum" nur 30 EUR, allerdings könnte sein, dass im Beiheft oder in den Heften des Romans mit Kuli herumgemalt worden war, was der Vorbesitzer zu lieben schien. Ich notiere ja immer mit Bleistift, unterstrich aber als Student, wie schon neulich erwähnt, schlechthin alles.

    Am Ende von dem Weihnachtswunder-Moyland-Parcours gab es dann für die Damen noch einen Glühwein unter dem magischen Kubus, der sich unter dem Wolken-Mondlicht-Mix ziemlich sürrealistisch ausnahm. Und dann fuhren wir in verschiedene Richtungen nach Hause.


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  • Feuerwerker auf dem HofDas Jahr 2013 warf an Sylvester lange, eindrucksvolle Schatten voraus (oder war die Minute nach 24.00 vom alten 2012 überschattet?), aber bei genauerem Hinsehen gehörten die Schatten den Gästen unserer Hausnachbarn, die auf dem Hof ein Feuerwerksspektakel entfachten. Das fiel aber verglichen mit dem sonstigen, diesmal über 40-minütigen Geballer und Geleuchte und Geblitze und Gefunkel geradezu bescheiden aus.Schild an einer Raderberger Pizzeria Da DIESE speziellen Nachbarn keine Prolls sind, haben sie ihre Sektpullen mit den langstieligen Holzlafetten schließlich auch wieder reingeholt, im Lauf des Neujahrstages, nach dem Ausschlafen.
    Aber ehrlich gestanden, Freunde, unter den bisherigen elenden Erdenjahren kann mir 2012 ganz besonders gestohlen bleiben. Ein lieber Verwandter ist mir weggestorben und zwar ganz absichtlich - wenn auch ohne Hand an sich zu legen - und bei vollem Bewusstsein (ich wusste gar nicht, dass das so mir nichts, dir nichts geht, wahrscheinlich gehört eiserne Willenskraft dazu), wobei er sich von allen abwandte, die ihm noch viel näher standen und ihn noch mehr liebten. Nachbarschaftsärger, der, wie schon angedeutet, bei mir zum Blick in die Hausordnung und zum Dienst nach Vorschrift führte, und dazu, dass man noch ein bisschen vorsichtiger wird in dem, worüber und mit wem man spricht, dummstolze Lügen, die überall herumschwirren bis hin zum Briefträger, dazu halt- und grundlose Verleumdungen übler und merkwürdigster Art von Leuten, denen man nur Gutes getan zu haben vermeinte. Mobbing, Missgunst und Feuerwerk in RaderthalFeindseligkeit unter Kollegen, denen ich vertraut und teils in ähnlicher Mobbing-Bedrängnis beigestanden hatte, denen ich vielfach Tipps gegeben und geholfen hatte (zweien, die sich besonders übel benahmen, hatte ich die Wikipedia-Artikel geschrieben!), das Scheitern eines mit viel Fleiß begonnenen Projekts, Verhunzung der von mir geklauten Ideen, Aussteigen aus diversen kollegialen Zusammenhängen, auf die ich mich arglos eingelassen hatte. Dann der Unfall der Liebsten mit nachfolgender langwieriger Genesung. Von der mißglückten Tomaten- und Basilikumernte will ich gar nicht anfangen, das ist ja eh nur zum Spaß. Gut, dem stehen auch einige positive Buchungen gegenüber: ein schöner Urlaub, gelungene Veranstaltungen, einige interessante Funde auf diversen Forschungsgebieten und ein wenigstens beruflich-finanziell - nach vielen mageren Jahrenendlich wieder - erfolgreiches Geschäftsjahr, mit zwei größeren Aufträgen, die eine liebe Freundin mit mir teilte, und in denen ich zumindest teilweise die von mir erlernten Fertigkeiten anwenden konnte... Klaus der GeigerAber alles in allem: nä, das neue Jahr muss sich wesentlich besser aufführen, wenn es meinen Beifall finden soll. Die ersten Wochen haben sich ruhig angelassen, immerhin habe ich, das war schon ein Lichtblick in der Trübnis, vorgestern (am Samstag, 19. Januar) Klaus den Geiger wiedergesehen, der schon mehrfach behauptet hatte, nicht mehr aufTomatenernte 2012 der Straße auftreten zu wollen, er habe davon jetzt endgültig die Nase voll, jetzt, wo eine neue CD draußen ist, er werde nun endgültig kommerziell etc. Nun sang er in schniegelschicker Ledderhose mit zwei anderen alten Herren das Lied Goldwatch Blues, das ich schon aus frühester Jugend von Donovan her kannte, in einer kölschklausgeigerschen Version - ich glaube, ich habe mich daran auch mal versucht, jedenfalls im englischen Original gespielt, ich kann's auch noch, seht euch vor!

    I went up for my interview on the 4th day of july
    the personnel man he questioned me, until i nearly cried
    made me fill in forms, until i shook with fear
    about the colour of my toilet roll and if my cousin's queer.

    Here's your gold watch and the shackles for your chains
    and your piece of paper, to say you left here sane
    and if you've a son who wants a good career
    just get him to sign on the dotted line and work for 50 years

    He asked me how many jobs i'd had before
    he nearly had a heart attack when i answered four
    four jobs of 20 years or more, this can never be
    we only take on men, who work on until they die

    Here's your gold watch and the shackles for your chains
    and your piece of paper, to say you left here sane
    and if you've a son who wants a good career
    just get him to sign on the dotted line and work for 50 years

    He took me outside to where the gravestones stand in line
    this is where we bury them, in quickstone and in lime
    and if you're going to work for us, this you must agree
    that if you're going to die, please do it during tea – breakKlaus der Geiger am Chlodwigplatz

    Here's your gold watch and the shackles for your chains
    and your piece of paper, to say you left here sane
    and if you've a son who wants a good career
    just get him to sign on the dotted line and work for 50 years

    This story that you've hear, you may think rather queer
    but it is the truth you'll be surprised to hear
    i did not want no job up on the board
    I just wanted to take a broom and sweep the bloody floor.


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  • Neue Milchbar


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  • "Bessere Nachbarn als diese finden wir überall", schrieb ich vor einiger Zeit, als wir noch woanders wohnten, weil sich die damaligen bspw. standhaft weigerten, ihren (eigentlich öffentlichen) Dauerparkplatz wenigstens für die 2-3 Stunden unseres Umzugs freizuräumen. Dafür wohnen hier herum die schreibfreudigsten. In der neuen Umgebung gerieten wir damals in den schneereichsten Winter seit Jahren und säumten der Räumpflicht nicht, erfüllten diese vielmehr freudig vor Tag und vor allem vor Tau (denn man tau), was weißdergeier nicht jeder hier macht, und zwar mehr oder minder allein, denn im Haus sind von 7 Mietparteien 5 eher älteren Semestern zuzurechnen, drei Ehemänner waren damals gebrechlich usw. Damals habe ich auch den Hof gekehrt, entlaubt, die Rose unten beschnitten, Bank und Tisch gesäubert und mein Tomatenhaus in den Hof gestellt.Zettel (nicht an mich) aus der Südstadt Als das Ehepaar über uns auszog und zwecks Renovierung jede Menge Bauleute aus- und eingingen, vor allem durch den Keller, gewöhnte ich mir auch noch an, die Kellertür nachts abzuschließen. Das aber erregte bei zwei Mietparteien hier im Haus Unmut (obwohl es so und nicht anders in der Hausordnung steht, und von der Eingangstür nicht mal die Rede ist, die 24 Std. offen ist und theoretisch von 19.00-7.00 zugeschlossen gehört.

    Ich wurde von den beiden Betreffenden, die in dieser Sache kooperieren, aber nicht persönlich angesprochen, sondern erst hinterrücks denunziert, dann über Dritte (Hausverwaltungsangestellter) einer UnterscNawattdenn, kehren oder nicht oder was oder wannhlagung bezichtigt und schließlich genötigt (wozu ich laut Mietervereinsberatung verpflichtet war, sonst hätte ich's nicht gemacht), unseren (Wasch-)kellerschlüssel der besitzenden Genossenschaft abzugeben, sonst, so drohte man, hätten wir den Austausch von Zylinderschlössern bezahlen müssen. Aberwitzig! Mitleidige andere Mietparteien, die das irgendwie mitbekommen haben müssen - es muss lebhafte Kommunikation im Haus funktionieren, nur nicht mit uns, und jetzt erst recht nicht mehr - legten uns daraufhin zweimal Kopien, die sie offenbar seit 1965 (die Mehrheit der Leute wohnt seitdem hier) besitzen, in den Briefkasten, aber weil die Sache nunmehr ja amtsbekannt war, gaben wir diese Duplikate selbstverständlichSchreibfreudige Nachbarn pflichtschuldigst auch ab. Schade um die Liebesmüh der Heinzelmännchen. Das wäre alles uninteressant und ist längst Geschichte - meine Tomatenplantage habe ich inzwischen teils upside-down auf Balkon bzw. Terrasse verlegt, den Laubbesen rühre ich nicht mehr an, betrete den Hof (in welchem ja auch 12 Garagenbesitzer mal das Laub wegmachen könnten, wenn sie's denn täten) nur noch zum Fahrrad-Herausholen,  und wenn dieser Winter wieder so kalt wird, werde ich nach dem Schippen 7 verwunschene Schneetage warten, damit die lieben Nachbarn auch mal Gelegenheit bekommen, ihren Eifer, der sich in wahrer Schreibwut äußern, anders abzureagieren wie ich, der ich noch nie als Leser einer schriftlichen Wandzeitung geantwortet habe (ich hab auch, ehrlich gestanden, meistens die Lesebrille nicht greifbar). Inzwischen sind aber neue Leute hier über uns eingezogen, und seitdem tobt eine regelrechte "Zettelschlacht". Aus irgendeinem Grund drückt hier kein Mensch den Klingelknopf, wenn er was auf dem Herzen hat (nur die Neuen Nachbarn befragten uns mal, just als ihr Kindlein auf die Welt kam, dessen Gequäke könne uns doch mitunter womöglich zu laut werden, barmte die junge Frau, was wir gestikulierend-beschwichtigend abwehrten), lieber schreibt man eWinterdienst an der langgestreckten Kurveinen öffentlichen Zettel, und ich hätte gute Lust, eine Wandzeitung im Treppenhaus einzurichten, mit Korktafel und Stecknadel und der Überschrift "unabhängig - überparteilich". Leider habe ich die schönsten Zettel nicht abfotografiert, weil ich nicht dran gedacht habe, dass sie ja an die Öffentlichkeit richten und daher hier durchaus annonciert werden dürfen - mit getilgten Namen, versteht sich. Das handschriftliche Gekrakel eines sonst gutwilligen Mitbewohners, der immer die Mülleimer vor die Tür stellt (gern auch anderthalb Tage vor dem kalendermäßigen Abholtermin), beschwerte sich beispielsweise, dass die Mülltonnen nicht wieder hereingestellt würden, wobei er namentlich die männlichen Bewohner, die morgens das Haus verlassen, ansprach. Vielleicht sollte das der Belehrung des frischgebackenen Vaters im 2. Stock dienen? Mich kann er nicht  gemeint haben, denn ich bin bekanntlich Heimarbeiter. Obwohl die Leute hier vermutlich immer noch darüber rätseln, womit ich mein Geld verdiene - Drogenhandel? Telefonsex? Warentermingeschäfte? Ein anderer Zettel beklagte schon vor ca. anderthalb Jahren, die Schreibfreudige Nachbarn Türe im Hof bliebe neuerdings offen stehen (da waren wir grade neu hier, damals schloss ich sie noch nicht ab, das kam erst später). Diese Tür vom Keller zum Hof hat allerdings die Neigung, wieder aufzuspringen, wenn man sie nicht mit Schmackes ins Schloss wirft, und eine andere hat ein Schloss aus den 1930er Jahren, die ist nie abgeschlossen. Das war damals, als man uns auch den Fahradkeller verwehren wollte, wir hätten doch einen großen Keller, wir blieben aber eisern, der Fahrradkeller und der Trockenspeicher sind mitgemietet. - Wer immer damals die Genossen alarmierte, hat sich allerdings dann auch mündlich bei meiner Frau beklagt wegen der offen stehenden Tür, die ich damals noch gar nicht so ernst nahm, schließlich geht sie fast nie und ich nur selten durch. Es besteht bei dieser bewussten Person offenbar erhebliche Panik, es könnten Kleinnager oder Insekten in die geschützte Hülle des Treppenhauses eindringen. Dabei gäbe es für diese Viecher so viele andere mögliche Zugänge, deshalb ist die Sorge, sie könnten die offenen Kellertüren zum Hof einrennen, vorgeschoben oder meinswegen der Paranoia der Trümmerkindergeneration geschuldet. Dann war da noch die Sache mit dem Tropckenspeicher. In dem lagern die lieben Nachbarn seit Jahren jede Menge Sperrmüll, was feuerpolizeilich streng verboten ist. Das ging raus und rein, vor allem interimsweise, als das ältere Ehepaar auszog. Nicht, dass uns jemand vorgewarnt hätte, so dass wir vielleicht unsere nasse  Wäsche hätten abhängen können, bevor irgendwelche Sofatrumms, altfränkische Gastronomie-Eckbänke oder sonstiges Gelsenkirchener Barock unter den Hosen, Hemden, Tischtüchern und Socken durchgeschoben wurde. Mittlerweile ist es wieder etwas leerer, doch steht immer noch genug herum, die ganz oben wohnende Partei hat hier eine probate Wohnraumerweiterung. Auch alte Herrenjacketts wurden oben wochenlang ausgelüftet, und zwar je zwei auf einer Leine. Als ich mal einen größeren Bettbezug aufhängen musste, erlaubte ich mir, alle ca. 12 Jacketts zusammen auf eine andere Schnur zu hängen. Die Person, die ihre Wäsche sonst über diese spezielle Schnur zu hängen pflegt, war darob erbost und machte schriftlich bekannt, das Menschenrecht, den Trockenspeicher zu nutzen, gelte schließlich für alle, da dürfe ich nichts "weghängen". Aber nichts anderes habe ich doch getan! Ich habe auch nutzen wollen und bin für meine Nutzung nicht weniger tatkräftig eingetreten.Gut, wenn man Sachen wochenlang droben lässt, aber ich sammle ja nach drei Tagen alles wieder ein. Diese Mietpartei unterschrieb ihre Computerbriefe bisher übrigens immer mit "Gez", als wäre das der Vorname. Schade, früher klebte "Gez" mir nette gelbe Notizzettel Inschrift an Hausfassademit selbstgekritzeltem Kugelschreiber-Smiley an die Tür, weil ich immer die Paketsendungen irgendwelcher Internet-Klamottenversender annehme, jetzt kriege ich in meinem nicht mehr beschulungsfähigen Alter Handlungsanweisungen für das Kehren des Trockenspeichers. - Jedenfalls bin ich erst spät auf die Idee gekommen, eine Sammlung anzufangen und diese lustigen Zettelchen hier aufzuheben. Mal sehen, was noch alles kommt. Das letzte war, auf hochoffiziellem genossenschaftlichem Briefbogen, die Aufforderung, die Tür vom Keller zum Hof nun doch zu (ver-??? sie drücken sich nicht ganz präzise aus bzw. etwas drumherum!) schließen, und am Morgen des Tages, als dieser Zettel auftauchte, war diese Tür wahrhaftig mit 2x umdrehen verschlossen. Diese Tür blieb, seit ich mich nicht mehr darum kümmere, tagein, tagaus unverschlossenen. Drum dürfen sie sich künftig selber kümmern - und was das Hofkehren betrifft, das sollen mal schön die erledigen, die alle nötigen Schlüssel auch vom Waschkeller zum Hof haben, wir können da ja nicht mal mehr den Gartenschlauch benützen, um die Vogelbadewannen aufzufüllen. Jedenfalls bin ich fast sicher, es bleibt nicht der letzte Zettel seiner Art und ich werde noch manche Fortsetzung hier unterbringen...


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  • Seit einigen Tagen schon blüht der Baum, und hier in der Gegend kommen die schönsten Farben zum Vorschein.Frühlingsfarben Leider sind für viele schwermütige Menschen die Frühlingstage nicht immer das Wahre, nicht dass ich mir kalten, regennassen Wind und düsteren Herbst herbeiwünsche, und ich weiß es durchaus zu schätzen, wenn die äußere Natur keimen, sprossen und blühen will, aber den Betrachter selbst zieht es dann immer tiefer ins Innere zurück und er beargwöhnt skeptisch, was da kommen mag. "Schwarzer Frühling", dieser Titel eines Buchs von Henry Miller kommt mir in den Sinn. Und der Schnitter, der sie allesamt sensalabims hinmähen wird, wenn die Zeit gekommen ist, die schön Hyazinth', die türklische Bind... Währenddessen kleidet sich die Stadt in die bunten Pop-Farben, dFritz-Encke-Maerchenpilzie gegenwärtig wieder en vogue sind. Man kommt sich ja wie in den Siebzigern vor! Da findet im Mai ein Freak-Festival statt, das ganz an die Plakatkunst jener Jahre erinnert. Am Märchenpilz im Fritz-Encke-Volkspark steht ein maisgelb restaurierter Trommlerjunge, der erinnert an einen schnauzigen, großmäuligen und nur von sich überzeugten Nobelpreisträger, der jetzt allen leid tut, weil er nicht nach Israel einreisen darf, wo er zuletzt vor über vierzig Jahren war. Da gibt es einen neuen Eisverkäufer, der sich "yogout" nennt und sein Softeis auf demselben Weg an den Mann oder die Frau oder das Kind bringt, wie wir es von dieser Salatbastei vor dem Bonner Hauptbahnhof kennen: Man häuft sich selber auf, ohne vorher einschätzen zu können, was es kosten wird, und wiegt hinterher ab, und wehe, einer versucht das Softeis wieder in die Röhre zu drücken, wenn die Barschaft nicht reicht! Außerdem kann man sich jede Menge "Extras" auf das Eis toppen, Blumen auf der Wieseals da wären Schokokrümel, bunten Zucker, Marshmallos oder anderen Schnickschnack, wiegt natürlich auch schwerer und kostet den gleichen Grammpreis wie das Eis. Egal, der Laden ist poppig bunt und immer voll, man sitzt auf den - allerdings wenigen - viereckigen Sitzkissen oder steht an Stehtheken und löffelt sich das Zuckerzeug in die Birne.

    neuer Eisladen an der Bonnerstraßeneue Eis-Geschäftsidee yogoutPlakat für ein Freak Valley Festivalpoppige Strümpfe im Schaufenster


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  • Kalscheurer Weiher im Eis

    Was man hier oben sieht, ist kein Beispiel von "Abstraktem Expressionismus", eher Aktionskunst und objet trouvé in einem - so sah nämlich der Kalscheurer Weiher vorgestern nachmittag aus, als wir drauf herumspaziert sind. Gar nicht so einfach, sich zwischen Eishockeystürmern und Schlidderstunts den Weg zu bahnen. Allerdings haben wir jedesmal, wenn es vernehmlich "knack" unter unseren Schuhen machte, das rettende Ufer gesucht und uns gefreut, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.Eislaufen Links ein Bild von dem Tümpel. Nach Breughels berühmter Schlittschuhparty sieht es zwar nicht aus - wahrscheinlichVogel-Wasserloch waren der Decksteiner Weiher oder der Teich im Volksgarten viel bevölkerter. Aber wir haben einen echten Kiosk, betrieben von der rührigen Bürgerinitiative, in dem man Kaffee und Kakau für einen EUR serviert bekommt. In milderen Monaten kann man da auch Ruderbötchen mieten, darf aber nicht so nah an die Vogelinsel mitten auf der Wasserfläche ran wie jetzt zu Fuß (Verbotsschilder hindern dran). Wir waren mal kurz hinspaziert, denn die Wasservögel waren von mildtätigen Parkschützern und Vogelwarten zwischenzeitlich ausquartiert worden, da nicht mal das Wasserloch mehr geöffnet war. Aber die Vogelinsel ist nicht wirklich interessant, von Gestrüpp überwuchert und erweckt den Eindruck, dass man hier nicht nur in Vogelkacke treten kann, wenn man die Böschung erklimmt. Unser südstädtisches "Alstervergnügen" hielt sich aber insgesamt in Grenzen, auch wenn es immer ein paar Leute am Büdchen (rechts im Bild) gibt, die sich Kuchen, Kaffee oder ein ordinäres Bier bestellen.  Immerhin hat keiner auf der Eisfläche Kastanien auf Öltonnenfeuer gebraten, wie ich das mal auf dem Sund in Stockholm gesehen habe, im Winter Büdchen am Kalscheurer Weiher1999/2000 war das, glaub ich, als ich mit einem Stipendium der Nobelpreisakademie einen Vortrag am slawistischen Institut hielt, für eine Appel & Ei-Miete bei Quäkern wohnte und in müßigen Nebenstunden in Uppsala Briefchen aus dem 19. Jahrhundert las...

    Welche Nachrichten man auch einschalten wollte in den letzten Wochen, "die Kälte" oder wahlweise "der Winter" hatte uns "fest im Griff". Wenn die Kälte Hände hat, hat sie mir vielleicht den einen Handschuh geklaut, den ich seit einer Fahrt nach Bonn und seit dem Bedienen eines Briefmarkenautomaten vermissen musste. Vielleicht zog ich den Handschuh aus, um das eiskalte Geld aus der Tasche zu holen und in den Automaten zu stecken. Einstieg am RheinkaiNatürlich bin ich dreimal zu dem  blöden Briefmarkenautomaten zurückgekehrt, aber nichts zu finden, es war auch schon ein-zwei Tage später. Wir waren auch am Rhein, die Treppenstufen am Kai waren ebenfalls ziemlich zugefroren, der Rhein selber aber fließt normal weiter, weil er vom heruntergespülten Kühlturmwasser unserer lieben stromerzeugenden Kraftwerke genug aufgeheizt wird. HundeschuleNur von älteren Anrheinern oder aus historischen Dokumentationen erfährt man gelegentlich was von treibenden Eisschollen auf dem Fluß, wie wir sie mal vor Jahren in Frankfurt auf der Oder gesehen haben. Da kommen bestimmt auch, von Scholle zu Scholle, blutgierige Wölfe herüber - von Osten, versteht sich! Vor Wölfen muss man sich allerdings im Grüngürtel nicht in Acht nehmen, hier laufen einem höchstens Gebrauchshunde über den Weg, die an drei Tagen in der Woche von einer in der Nähe gelegenen Hundeschule ausgebildet und wahlweise blindentreu oder mannscharf gemacht werden. Vielleicht sollte ich mir einen treuen Bernhardiner aus dem Abiturjahrgang abholen, der mir zur Not den verlorenen Handschuh apportiert. Gegen ein Fäßchen am Halsband mit irgendeiner stärkenden Flüssigkeit drin und entsprechendem Zapfhahn dran hätte ich natürlich auch nichts einzuwenden.

    Auf unseren Spaziergängen sind wir sonntags immer gern auf der Pirsch nach was Süßem, normalerweise liefert das Café Metternich den zweitbesten Käsekuchen, aber neulich wollte ich mal in Bayenthal nachsehen, das ist die Gegend hinter dem Nobelhaufendorf Marienburg mit vielen Jugenddstil-ErbvillenArchitektenhaus in Bayenthal und den noch immer hier ansässigen Konsulaten. Bayenthal ist mehr stadteinwärts gelegen. Hier finden sich viele Architektenbüros, Anwaltskollektive, "Stiftungen" und "Institute" und "Academys" mit formschönen Messingschildern am Portal. Hier sind die seniorengerechten Eigentumswohnungen für den immer noch prallen, aber bescheideneren Geldbeutel. Da muss es doch jede Menge Omis und Opis geben, die Geld genug haben, es in ein Traditionscafé zu tragen. und tatsächlich - von dem Architektenbüro mit dem seltsam in den Altbau hineinplatzierten roten Würfel an liefen uns lauter Menschen mit lila eingeschlagenen Kuchenpaketen entgeTannenbaum mit Styroporschneegen, die aus einem  Café Hirsch in der Goltsteinstraße kamen. Wir gingen in das Café und fanden wirklich einen freien Platz. Kuchen war auch nicht übel, vielleicht nicht ganz so überragend wie der im Metternich, aber ganz passabel. Und es war die Hölle los, vermutlich, weil es in der ganzen Südstadt kein Traditionscafé in dieser Art mehr gibt, in der Severinsstraße sind höchstens noch Bistros, Kölschkneipen, Tapas-Bars und Dönertheken zu finden und allenfalls noch die mit leicht gammeligem Charme und antikem Schulklasseninventar möblierten Alternativschuppen der Grün-Ökos mit Namen wie "Pauls Schwester". Pauls Schwester heißt übrigens nach meinen bisherigen Recherchen Ruth, weshalb sie aber nicht ihren Namen ins Ladenschild setzt, weiß ich nicht, vielleicht hat Paul die Anschubfinanzierung übernommen oder war der Vorbesitzer - und man könnte wirklich mal einen dieser vanilleparfümierten Kaffees oder Aufgüsse mit frischem Ingwer bei Pauls Schwester bestellen, wenn man einen Platz fände oder auch nur drankäme, denn sie unterhält sich wahnsinnig lang über der Kaffeebereitung mit jedem Besucher und ist offenbar erst nach Ablieferung des Gewünschten (nur für Selbstabholer, an der Theke) offen für neue Bestellungen. Kuchentheke Café HirschAber im Café Hirsch, übrigens der einzige mir bekannte Konditor mit angeschlossenem Torten-Taxi (Lieferung innerhalb einer Stunde!) und selbsternannter "Spezialist, wenn es um frische Geburtstagstorte in Herzform" geht, findet man auch nicht leicht einen freien Platz, weshalb sich hier viele den Kuchen von der Theke nach Hause mitnehmen. Aber man wird auch bei Spitzenverkehrszeiten pünktlich bedient. Und was man beim Hirsch noch findet, im Schaufenster nämlich und das offenbar noch seit Weihnachten: einenTannenbaum, der sich von selber von oben bis unten einschneit, zwar nicht mit richtigem Schnee, aber mit Styroporkügelchen, die aus dem Stamm in der Mitte nach oben hervorsprudeln und den Baum wieder und wieder mit Weiß bedecken, wobei die Kügelchen in eine Auffangschale (umgedrehter Schirm) herabperlen, um von dort wohl angesaugt, hydraulisch nach oben befördert und wieder ausgespuckt zu werden. Tauet, Himmel, den Gerechten, Wolken, regnet ihn herab! Sehr originell, besonders um diese Jahreszeit, wo man sowieso dauernd mit spontanem Schneefall mit anschließendem Räumkommando auf dem Viertelkilometer Bürgersteig vor dem Haus rechnet, und bald auch mit Styroporkügelchen, Luftballons und Bonbonpapieren, denn Ende der Woche beginnt das Karnevalstreiben in unserem Städtchen...


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  • Am Neujahrtag, wie hier berichtet, erregte ich mich über den Sylvestermüll am Rheinufer, und siehe da, schon am DreikRheinufer bei Hochwasserönigstag war alles weggespült worden, allerdings nicht von den Kehrmännchen, sondern von Vater Rhein, der soeben zu ungeahnten Möven am RheinMassen aufschwillt. Der Ort, wo wir gemütlich spazierengegangen sind, liegt jetzt schon einige Meter tief unter Wasser, und von den Baumkronen ragen gerade mal ein paar Zweige empor. Wir nutzten die letzten einigermaßen schönen freien Tage nochmal für einen Spaziergang durch die Südstadt und endeten am Rheinufer, wo wir viele, viele Möwen sahen. Eine Fütterungsaktion eines älteren Herrn bot uns die Chance, ein paar von den Tieren fotographisch zu verewigen. Wirklich hübsch, wie sie da auf der Stange saßen und erwarteten, dass es noch ewig so weitergeht mit dem Aus-der-Hand-Fressen (natürlich verstreute er auch Brotreste in der Luft, aber die geschicktesten pickten ihm die Streifen im Vorbeifliegen zwischen den Fingern weg). Mövenfüttern am RheinuferMöve am RheinuferEin bisschen wie am Meer wohnt man hier als "Anrheiner". Die Breite des Stroms erweckt wirklich diesen Eindruck.Möve auf dem Ufergeländer Auch dass er so schnell fließt, grau und bleiern, wie er von weitem aussieht, gibt mir manchmal ein Möven am Rheinuferunbehagliches Gefühl. Am Sylvesterabend wollte ich nicht gern hineinschauen in diesen schwarzen Mahlstrom, in den wer weiß was für Sauereien des Alten Jahres  versenkt werden von den Sündern. Aber mit Emmerich, wo der Fluß fast unüberbrückbar breit wird,Möven am Rheinufer lässt sich das hier natürlich nicht vergleichen. An der Stelle, wo man wirklich nicht mehr weiterkam (der obere Radweg an der Rheinuferstraße wird wohl bis 2030 durch die U-Bahn-Baustelle versperrrt bleiben), fand sich noch eine lustige Botschaft der Tiere an die Menschen.Tauben auf dem Rheinufer-GeländerMöven am RheinuferSchweinchen-GraffittiFlood on the tracksDas Leben am Fluss hat etwas Meditatives, kann aber auch unbehaglich stimmen, denn das Wasser ist eine meist unterschätzte Gewalt. Der Rhein ist ja immer ziemlich gewaltig, aber wie aus einem winzigen Bächlein in Südeuropa ein tückisches, Unmengen von Schlamm und Geröll transportierendes Lawinenungeheuer werden kann, wer das mal erlebt hat, kampiert im Frühjahr in den Pyrenäen nicht mehr in Hanglage. - Als vor Jahren mal dieser Campingplatz dort überflutete und die Leute in ihren Wohnmobilen ertrunken sind, habe ich mir geschworen, überhaupt nur noch zu zelten, weil man der Gefahr dann akustisch und sinnlich viel näher ist und schneller die Beine in die Hand nimmt. Überhaupt wird man sich im Moment der Gefahr von allem Besitz verabschieden müssen. Wer ein dickes Wohnmobil sein eigen nennt, ist sich dessen vielleicht weniger bewusst, weil er glaubt, zwischen ihm und der Naturgewalt seien noch vier schützende Wände. Über Karl Philipp Moritz berichtet Varnhagen in seinen vermischten Schriften (die erwähnte Freundin ist natürlich Rahel gewesen): "Zuweilen war er in seltsame Träume versunken, und lebte mit wunderlichem Eigensinn ganz in seinen Bildern. Die erwähnte Freundin fand ihn einmal in der Berlin auf einer Brücke am Geländer stehen, und übergelehnt unverwandt in das Wasser blicken. Sie redete ihn an, und hegte einige Besorgniß, ihn seinem Tiefsinne zu überlassen zu sehen; er aber grüßte sie freundlich, und sagte, auf das Wasser zeigend: 'Da unten sind viele Gesichter, und eins, das mir ganz besonders gefällt, sieht mich immer liebreich an, und wenn's mir noch lange so gefällt, so muß ich zu ihm.' - Solcherlei war in ihm der tiefste Ernst, und seine Freundin mußte ihn, trotz aller Bemühungen ihn mitzunehmen, allein auf der Brücke zurücklassen."

    Möven auf dem Geländer am Rheinauhafen


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  • Über die Weihnachtstage kam mir endlich nach langer Durststrecke ein Auftrag ins Haus, passend zum Thema "Salonkultur", passend auch zum Scherenschnitt-Wesen,Shampoowerbungdas mich in Form von Vereinssatzungen auch die ganzen Feiertage über beschäftigte (telefonisch, schriftlich). Im einen Fall war es ein Vorstand, der nie gültig gewählt wurde und außerdem keine Beschlüsse fassen kann, da er die Mindestkopfzahl nicht erreicht, im anderen eine Shampoo-Traditionsfirma, die seit Jahren mit dunklen Gestalten wirbt. Inzwischen zeigt sie in ihren Prospekten lieber schlanke blonde Lichtgestalten mit allerneuester Mode,Türkisches Sylvester u. a. inspiriert von einer Typenlehre, wie sie anachronistischer nicht sein könnte. Aber nichts da mit Pyknisch-leptosom-athletisch, wie ich das noch gelernt hatte, sondern dunkle Engel, kühle Jäger, wohlhabende Hippies und Menschen, die süchtig nach Leibesübungen sind, so könnte man die Namen dieser vier Gruppen übersetzen, die derzeit stilprägend für die Mode sind (nur 2011, für 2012 gibt's bestimmt wieder was neues). Aber wozu Übersetzen? Übersetzer werden gar nicht mehr gebraucht, heute können alle Denglisch. Die Überschriften bleiben original, der Text wird den Schopfkosmetikern eh deutsch und englisch geboten. Und deshalb bSchilder in Bayenthaleschränkte sich das Auftragsvolumen auch aufs Korrekturlesen, was natürlich bei weitem nicht so gut bezahlt wird, dass man sich, wie typisch für meinen Modetyp (weder Jäger noch Engel noch sportief), einen hippen und trotzdem opulenten Lebensstil leisten könnte. Also saß ich für eine vergleichsweise bescheidene Überweisung, die glücklich noch im alten Jahre versteuert werden kann, über einen Text gebeugt, der in vielen schönen Worten ungefähr das aufgriff, was Doc Doxey, dieser Quacksalber auf den Wildwest-Märkten in "Lucky Luke" verspricht. Eine Statistik immerhin war interessant, sie besagt, dass nur ein Drittel der Besucher eines Koaförs (so und nicht anders die Ortographie des türkische Salons "Flash" an der Bonner Straße) blond sind, aber 60 % des Umsatzes mit Blondprodukten gemacht wird. Natürlich ging ich die Korrekturarbeit ruhig an, am Heiligmorgen wurde erstmal Wäsche gewaschen, wie heute, am 2. Januar auch wieder (zwischen Weihnachten und Neujahr soll man bekanntlich keine aufhängen - und zwar entweder, weil sich sonst garantiert jemand erhängt, wenn die Leine gespannt wird, oder, weil sonst der Weiße Reiter kommt und Unglück über das Haus bringt, da hilft auch kein Weißer Riese mit Riesenwaschkraft). Daher beschäftigte ich mich am 1. Weihnachtstag erst mal mit Ausdrucken (neuer Drucker, dann, weil ich den noch nicht richtig bedienen kann, auf den alten umgewechselt), druckte nur die Textseiten aus, die ich mir dann auch noch hochkopieren musste, weil sie viel zu klein waren, das wird ein stattliches Vierfarbprodukt mit Zeitschriften-Anmutung, mit vielen leichtbekleideten Miezen und Muskelmännern drin. - Den Heiligabend verbrachte ich indessen bei meinen Schwiegereltern, auf einer traditionell-familiären deutschen Weihnachtsfeier, Übergabe der Geschenkewo nicht weniger als 18 Personen ihre beschrifteten Pakete unter den Baum legten - die Kleinsten hatten auf dem Weihnachtsmarkt Ente und Gans an die Krippe gebracht, wo auch Schäflein, Ochs und Esel das Wunder der Menschwerdung Jesu bestaunen. Weihnachtsgaben unter dem BaumEbenfalls wie durch ein Wunder waren die Geschenke im Handumdrehen an die richtigen Empfänger verteilt, das war, obwohl es auch die Kleinsten erledigten, eine Sache von Sekunden. Na, und wenn sich jemand über ein Geschenk gefreut hat, war es mein Schwiegervater, dessen Tochter von der Pferdemetzgerei drei Häuser neben dem Koaför Flash (das sh wird übrigens türkisch, mit so einem diakritischen Punkt unter dem s geschrieben) eine Dose Sauerbraten mitgebracht hatte. Dieser nette, aber nicht leicht zu beeindruckende Mann, der sich eigentlich nie was wünscht, setzte sein sonnigstes Lächeln auf und stieß fast unhörbar (nur von mir wahrgenommen, der ich ihn durch die kreischende, geschenkeauswickelndeWeihnachtskrippe Kinderschar hindurch beobachtete) einen recht von Herzen kommenden kölschen Seufzer der Genugtuung hervor, der nach Heinrich Böll in der Öffentlichkeit mitunter zu Mißverständnissen einlädt. Als aber die gesamte, teils von weither angereiste Familie, zu der gefühlte vier Generationen hier versammelt waren, dazu einige Gäste, Freunde, ein Austauschschüler aus Martinique und so weiter, am Wohnzimmertisch Platz nahm, um eine gewaltige Fondue anzuleiern, irgendeiner hat immer noch keinen Stuhl, verabschiedeten wir uns freundlich, obwohl für alles und alle im Überfluss gesorgt war, wie immer wieder beteuert wurde. Trotzdem war der Trubel bei 18 Personen natürlich viel zu groß, und wir hatten schon unsere ebenfalls traditionelle Fondue für zuhause eingekauft. -Sylvesterfeuerwerk Die nächsten Tage vergingen relativ untätig, ich wollte eigentlich Jahresendgrüße auf den Weg bringen, was mir zu mühsam war, außerdem hielt mich der Scherenschnittverein in Beschlag und auch die als "dschipacks" zu Dutzenden an meinen Auftraggeber versandten Korrekturen hielten mich noch in Atem, weil die Bilder durch das Internet teils schadhaft auf der anderen Seite ankamen - so unzuverlässig ist auch die elektronische Post, der ich aber dann trotzdem unseren Meeresglückwunsch anvertraute. Zwischendurch Spaziergänge durch das trübe Jahresendgrau, bei ungewohnt warmen Temperaturen, teils im Grünen, teils in der Stadt, wo wir bereits verbilligte Abreißkalender (Großvaters Grüne Gartentipps, jetzt täglich!), auf Halde schimmelnde Terminplaner und gratis-Apothekertaschentücher besorgten, dazu Tischfeuerwerk mit GoldnussschokoladeNordseekrabben, türkische Vorspeisen und allerlei für Sylvester: Beim Discounter wurden Eier mit Haltbarkeitsdatum zum 8. Januar verschenkt, weil schon die Lieferung mit denen angekommen war, die erst zum 15. Januar ihre Mindesthaltbarkeitsfrist erreicht haben! Wenn das kein Glückszeichen ist, dann ist es der Groschen (auf deutsch gesagt, das 10-Pfennig-Stück), den ich an Heiligabend vor einer geschlossenen Glühweinbude gefunden hatte. Genauer gesagt, die Bude war nicht von der Weihnachtsaufsicht geschlossen worden, sondern hatte nie aufgemacht, in der Südstadt stellen sie jetzt schon prophylaktisch Buden hin und schreiben eine Telefonnummer dran, dort kann sie mieten, wer sich am Weihnachtsgeschäft mit der Ausgabe von Weihnachtsbenzin beteiligen will, sowas nennt man "Stadtmöblierung"! Sylvestermüll am RheinuferWahrscheinlich hätte ich damit besser verdient als mit meinen Korrekturen. Die Kölner haben ein merkwürdiges Verhältnis zu ihren Plätzen - ich würde es mit "horror vacui" beschreiben - , kaum ist mal einer freigeschlagen, wird er mit Würstchenbuden, Bierzelten, Eislaufflächen, Straßengastronomie nebst Heizpilzen, Saison- und Flohmärkten vollgemüllt. Und wo sonst nichts ist, nämlich am Rheinufer, hinterlassen die Betrachter des Sylvesterfeuerwerks eine solche Unmenge an HundekottütenspenderFlaschen, Plastik-Sektkelchen, Raketenplastik, Kracherpapier und sonstigen festiven Überresten, dass man sich richtig heimisch fühlt als Bewohner des Schweinestalls, als die sich die Bewohner meiner Heimatstadt gern zeigen. Gegen die Hinterlassenschaften ihrer Köter kann man wenigstens Müllsäckchen kostenlos beziehen (wenn mir auch das Wort Hundekottüten, an zahlreichen Stellen im Stadtbild prägnant gepostet, wenig angenehm auffällt, die Wiener "Trümmerlsackerl" klingen wenigstens harmloser). Aber auf die naheliegende Idee, zu Sylvester auch den Haltern der vierbeinigen Freunde welche auszugeben, damit sie ihren Dreck selber mitnehmen und zuhause oder meinetwegen in öffentlichen Mülleimern entsorgen, kommt die Stadtreinigungsbehörde nicht. - 'Aber zurück zu Sylvester, wir verbrannten dann noch ein wächsernes Glücksschwein, das uns ein Gast beim großen Muschelessen vom 29. 12. mitgebracht hatte, und verzehrten wahnsinnig kalorienhaltige Nußschokolade aus Italien,Maternuskirche in Köln, Rückseite ebenfalls ein Gastgeschenk aus gleichem Anlass. Die Knallerei hielt sich in unserer Gegend in Grenzen, wenn es auch sehr laut war je eine halbe Stunde vor und nach dem Jahreswechsel. Das Kabarettprogramm war abscheulich, die ganze Ohnmacht der dummen Auguste, die nur noch herumschimpfen, wurde quälend deutlich. Eine so korrupte und biedermeierliche Regierung wie die unsere müsste frontal angegriffen werden, nicht mit hautfreundlichem Priol pelzig-weichgespült werden (verdammt, welchen Haarfestiger benutzt der nun wieder?), Eisentür am HindenburgparkSt. Maternus in Kölnwährend der sogenannte Kult-Kabarettist mit dem nuhralgischen Pokerface sich vor einer riesigen transparenten Kulisse, die seinen Namen und die Zahl 11 trug (kommt bestimmt als 12 am nächsten Jahresende wieder), von einer vollbesetzten Halle goebbelsschen Ausmaßes dermaßen bejubeln ließ, noch bevor er auch nur den ersten Witz aussprechen konnte (wir wissen aus eigener Erfahrung, dass bei Live-Übertragungen entsprechende Signale zum KLATSCHEN auffordern, wahrscheinlich auch zum Lachen oder Gemüsewerfen), dass wir vor Ekel ausgeschaltet haben. So beendeten wir das Jahr mit Radio (warum wird eigentlich jeden 31. 12. im Klassikprogramm kurz vor 12 die schöne blaue Donau aufgelegt? wahrscheinlich kann man die gut zugunsten des Zeitzeichens ausblenden, wenn's pressiert) und schliefen bis 10 durch. Der Spaziergang durch das Neujahr führte uns dann zum Rheinufer und endete unter der Südbrücke vor einer sonderbaren, rostigen Tür, die wohl noch vor Jahrhunderten in einen spätmittelalterlichen Kerker geführt haben mag, und den man der dann einem dieser herzigen Motoristenklubs überlassen hat, die ihre Mitgliedsbeiträge im Drogengeschäft und im horizontalen Milieu erwirtschaften lassen. Im Hindenburgpark trafen wir bei feinem Nieselregen unbeirrte Boule-Spieler, die sich hier jeden Sonntag verabreden. An den Art-déco-stilisierten Fassaden der Südstadthäuser findet man die merkwürdigsten auskragenden Gargoyles, darunter eine Eingang Notkirche St. MaternusWindsbraut, die für Rückenwind sorgt, die soll ein Symbol für das Neujahr sein. Und ganz am Ende besahen wir noch die Maternuskirche, wo der Vater von Heinrich Böll die Kirchenbänke getischlert haben soll - aber es war geschlossen und wir konnten trotz Sonntags nicht hinein! Einst war dies eine stattliche heilige Versammlungshalle für die rheinischen Arbeitermassen, die hier sonntäglich die Messe hörten - 1914 war der Bau vollendet, gerade rechtzeitig, bevor der Krieg ausbrach und die Waffen gesegnet wurden. Die Moderne kam, und mit ihr die fortschreitende Säkularisierung, nach dem zweiten Weltkrieg (vermutlich), als alles in Trümmern lag, wurde hier eine "Notkirche" eingerichtet,  inzwischen müssen Maternus- und Severinsgemeinde zusammengelegt werden, um das Kirchenwesen überhaupt noch zu unterhalten, und den rückwärtigen Teil, vielleicht früher mal Hospiz oder Klosteranlage, hat man als ganz normale Apartmentwohnungen vermietet. Und damit kamen wir so wieder auf die Bonner Straße zurück, wo der Koaför ist und die Pferdemetzgerei, und wo der Bus hält, der uns Richtung Zollstock (beim Nachdenken über die richtige Schreibung von Hundekottüten fiel mir allerdings ein, dass der Name dieses Stadtteils, rückwärts gelesen, Kotzlotz lauten müsste) nach Hause brachte. Diesmal entwertete ich noch keine der kostbaren, am 31. 12. auf Vorrat gekauften Fahrscheine, und genoß den Neujahrsluxus des Schwarzfahrens  auf dieser cityfernen Strecke erst recht, denn der Tarif ist über Nacht um 3,5 % geklettert, da lohnt es sich richtig.

    Art-déco-Fassadenelement in der Südstadt


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  • Allen meinen Lesern wünsche ich ein paar frohe, müßige und angenehme Feiertage!

    Express-SchlagzeileMittel No. 1: Weniger spachteln?

    Mittel No. 2-49: Augen auf bei der Menüplanung!

    Soll der Weihnachts-Engelsbraten
    tafelfestlich wohl geraten,
    nimm das Freiland-Mastgeflügel
    vom Parnaß, dem Himmelshügel!
    Ausgenommen, gut gerupft
    und mit Knoblauchöl betupft,
    Pfeffern, salzen und im Bräter
    angebräunt, im Backrohr später
    übergießend gar gesotten
    mit Nelke, Lorbeer und Schalotten.
    Beide Flügel, rechts und links,
    mariniert für "angel wings".
    Wer im Backrohr Umluft hat,
    stellt auf hundertfünfzig Grad.
    Nach Geschmack und Neigung kann
    auch ein Quäntchen Beifuß dran.
    Wer die Haut schön knusprig will,
    legt das Englein auf den Grill
    kurz, bevor man es tranchiert
    und mit Apfelmus serviert.
    Dazu Klöße, einen milden
    Rotwein aus Provence-Gefilden.
    Dann fragst du dein Leckermäule:
    ob es Brust will? oder Keule?

     

    Mittel No. 50: Salbeitee oder Fernet-Branca


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