• Adventsprintjob_2018#03

    Adventsprintjob_2018#3Zugegeben, das erste Print-Encounter war nicht ganz überzeugend, denn hinter dem Türchen 1 lauerte ein herzförmiger, aber überhart ausgebackener oder -getrockneter Doppeltcement-Lebzelter. Heute ist wieder so ein Trumm hinter der Tür, mal sehen, ob sich der "Knackpunkt" heute nachmittag, wenAnzeige mit seltsamer Silbentrennungn er rausgeholt wird, wiederholt! Gestern allerdings, an Tag 2, war es eine locker-bröselige, mit weißer Schokolade überzogene Würzteigpraline, die an Aromavielfalt, Knusperdichte und Röstnote nichts zu wünschen übrig ließ (soll wie eine Dollase-Restaurantkritik aus der Sonntags-FAZ klingen). Wer Pfefferkuchen bäckt, braucht Reklame und die erfreute sich schon im frühen 19. Jhd. beim Berliner Zeitungspublikum großer Beliebtheit. Wenn man das mit Spezereien gewürzte Backwerk schon nicht abbilden konnte - Werbegedicht des Kasimir-Nachfolgersso billig war die Reprotechnik noch nicht -, behalf man sich mit aufgeblähter Typographie und äußerst kurzatmiger Absatz-Silbentrennung. Aber das gilt hier nur für französische Importe; was im Land der Dichter und Denker zubereitet wurde, kann auch mit Lyrik beworben werden. War es doch ein besonders rühriger Pfefferkuchenbäcker, der sich (wohl als einer der ersten) regelmäßig mit frischgebackenen Versen in den Annoncen zu Wort meldete, und es damit sogar in die ehrwürdige Goedeke-Bibliographie geschafft hat. Dass "der Pfefferküchler Kasimir, bekannt durch seine lächerlichen Reimanzeigen in der Zeitung", auch mal "wegen frecher Aeußerungen gegen die Regierung" verhaftet wurde, geht aus einem Tagebuch (10.2.1824) hervor, für das ich ein Register erstelle. An sich ist dieser Kasimir gut dokumentiert, schlossen seine Gedichte doch regelmäßig mit "Klosterstraße 104" und sorgten so für Wiedererkennungswert. In seinem fleißigen Goedeke-Nachtrag in Band 16 (1984), S. 505, der auch Autodidakten verzeichnet, hat der treffliche Herbert Jacob auch schon die wesentlichen Tatsachen des Lebens über Johann Fr. "Casimir" ermittelt. Nur das Todesjahr konnte er nicht nennen und musste sich mit "nach 1844" begnügen - dem Zeitpunkt, als Kasimirs Teilhaber, ein gewisser E. F. Wagner (vielleicht der Sohn des bei Jacob genannten Carl August Wagner) die Versorgung der Berliner Bevölkerung mit Pfefferkuchen in Eigenregie übernahm. Todesmeldung des PfefferküchlersDer Nachfolger taucht auch bei Adolf Glaßbrenner (Die Berliner Gewerbe-Ausstellung. Genrebild, Bd. 2, Leipzig 1844, S. 61) auf, der wiederum auf die Zeitschrift für Conditoren, Lebküchler, Bäcker, Chocoladefabrikanten, Parfümisten, Destillateure, Fleischer, Wurstfabricanten und andere Victualien-Produzenten Jg. 1 (1846), Heft 4, S. 97-101 verweist. Der Nachfolger übernahm den Werbetrick mit den gereimten Anzeigen und ließ die Gedichte mit "Wagner, vormals Kasimir" enden. In der Vossischen Zeitung Nr. 290, 12.12.1848, 3. Beil. pries Wagner seinen "extra konstitutionellen Königskuchen" und hat sich bei Vertretern des Gottesgnadentums und der absoluten Monarchie vermutlich keine Freunde gemacht. Und wer hat herausgefunden, dass der dichtende Bäcker Johann Friedrich Kasimir, geboren 1783, im Jahre des Herrn und zwar Mitte Oktober 1860 im Friedrich-Wilhelms-Hospital das Zeitliche segnete, mithin auf ein offenbar erfolgreiches Berufsleben und ein 16jähriges Rentnerdasein zurückblicken konnte? Na, wer schon, jemand, der die verdammten schmuddeligen Zeitungsbände Blatt für Blatt liest, und dabei besonders die Familienanzeigen beachtet! 


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