• # 20: Rosmarin, geschnitten

    Immer wenn es noch exotischer wird als man denkt, kommt der Kalender wieder auf die Mittelmeerküche zurück. Deutsche Traditionsgewürze wie  Borretsch oder Wacholderbeeren oder Löffelkraut kommen eher nicht vor, na gut, neulich der Dill. Bin gespannt, ob die Rosen des Frühjahrsvor Weihnachten nochmal Salz zu finden ist. Wußtet ihr, dass Estragon den gleichen Vornamen hat wie Artemisia Gentileschi, die angeblich traumatisierte Malerin, die ihre eigene Vergewaltigung mit der immer gleichen, immer blutigeren Darstellung von Männerenthauptungen kompensiert hat? Das habe sich inzwischen, liest man, als Legende entpuppt. Aber mit Rosmarin kann man wenigstens was anfangen, es riecht zwar immer etwas nach Krankenhausluft, wohl weil es so heilsam ist, aber an Schweinebraten oder in Spaghettisoßen speiseeis und fritten verbotenlässt es sich trefflich verwenden. Hawaiitoast, Vanillepudding oder Kaviarbrot würde ich allerdings nicht damit würzen, das wäre wie Honig durch einen Strohhalm einsaugen - möglich ja, aber irgendwie sähe es komisch aus und man würde nicht recht ernstgenommen. In Köln ist ja alles möglich, z. B. Reibekuchen mit Lachs, oder warme Blutwurst mit Kartoffelpamps und Apfelmus ("Himmel und Äd" jenannt). - Meine Schwiegermutter pflegte rohe gehackte Zwiebel in den Krabbencocktail zu tun - und die Majonäse und den schönen krabbentypischen Geschmack vollkommen zu verderben - vielleicht dachte sie, Krabben sind so eine Art Matjes oder so zu behandeln wie Mettbrötchen. Neulich brüstete sich so ein Fernsehfiffi, er könne noch Krabben selbst puhlen, seine müssten nicht vorher nach Marokko ins Kühlzelt in die Wüste transportiert und zurück nach Norddeich gebracht werden, er könne die praktisch mit den Zähnen aus der Schale zupfen ohne sie auch nur anzufassen. Aber ich komme vom Rosmarin ab und nun wieder drauf zurück. Dabei hat das Kraut mit Rosen so gar nichts zu tun, und Rosenwasser ist ja auch allenfalls bei der Marzipanbereitung erforderlich, oder wenn man ein paar Rosenkreuzler zu Besuch erwartet und ihnen einen Willkommensdrink servieren will. Früher waren da immer so nette Anzeigen für die Rosenkreuzler in den Western- und SF-Heftchen, die ich las, Überschrift: "Haben Sie schon einmal gelebt?", Mysterium der Wiedergeburt usw. man sollte sich ein Broschürchen unter einer Postfachnummer bestellen. Seitdem weiß ich, alle Rosenkreuzler beten den Rosenkranz und kommen out of Rosenheim, und sofern sie militärisch zur See fahren, gehören sie der Rosmarine an.


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